Pirmasens „Wir sind Kümmerer für die ohne Lobby“

Läuft alles nach Plan, macht künftig ein Paar im Stadtrat linke Politik in Pirmasens. Der bisherige Fraktionsvorsitzende der Linken, Frank Eschrich, kandidiert auf Platz eins der Liste, seine Lebensgefährtin Brigitte Freihold auf Platz zwei. „Wir haben uns in der Politik kennen und lieben gelernt“, sagt Eschrich zur Erklärung. Und führt an, dass er das mit dem Familienunternehmen nicht so eng sieht. „Wir rechnen schließlich damit, dass die Linke diesmal drei Sitze holt.“

Die erste Legislaturperiode sei für seine Fraktion im Stadtrat sehr erfolgreich gewesen, bilanziert Eschrich: „Themen, die vorher nie eine Rolle gespielt haben, beispielsweise Kinderarmut oder Bürgerhaushalt, wurden von uns angepackt.“ Die Umrüstung der Straßenbeleuchtung auf LED-Lampen sei erst durch die Hartnäckigkeit der Linken in Gang gesetzt worden. Die Initiative, im Vorfeld der Stadtgalerie-Entscheidung einen Bürgerentscheid zu platzieren, sei ebenfalls von der Linken gekommen, erinnert der 50-Jährige, der sich als „Vollblutpolitiker“ bezeichnet und in Kaiserslautern das Wahlkreisbüro des Linken-Bundestagsabgeordneten Alexander Ulrich leitet. Ein Bürgerentscheid wäre der richtige Weg gewesen, meint Eschrich: „Man hätte die Leute fragen sollen, was wollt ihr wirklich.“ An den Plänen für die Stadtgalerie in der Fußgängerzone lässt er kaum ein gutes Haar. „Ich sehe einfach nicht, dass so ein Einkaufszentrum zu einer positiven Entwicklung führt. Wir haben in Pirmasens einfach nicht den Markt und die Kaufkraft.“ Deshalb befürchte er auch, dass „das Ding in ein paar Jahren schleichend untergeht“. Es sei viel zu wenig über die Folgekosten gesprochen worden. „Wenn die Schäferstraße ausgebaut wird, muss das der Steuerzahler mittragen.“ Unter dem Motto „100 Prozent sozial, auch kommunal“ fordert Eschrich für die Zukunft sichere Beschäftigungsmöglichkeiten für Langzeitarbeitslose, will dem Jobcenter auf den Zahn fühlen, wie er es ausdrückt. „Im Moment wird ein Großteil unserer Gesellschaft einfach ausgeschlossen, weil es keine aktive Arbeitsmarktpolitik gibt“, so Eschrich. Die Linke wolle sich mit dem System Hartz IV nicht abfinden. Pirmasens brauche einen dritten Arbeitsmarkt, Projekte wie Bürgerarbeit oder Kommunal-Kombi könne die Kommune anstoßen. „Es macht keinen Sinn, die Leute nur zu Almosenempfängern zu machen“, schimpft Eschrich. Einsatzmöglichkeiten sieht er für solche Jobs in Altersheimen oder der Landschaftspflege. Was Eschrich für unumstößlich hält: Dass der Mietzuschuss für Hartz-IV-Empfänger endlich angepasst wird. „Der ist seit 15 Jahren bei 3,58 Euro pro Quadratmeter. Aber für den Preis findet man in der Stadt nur richtige Löcher.“ Eine Anpassung an die tatsächlichen Verhältnisse würde schließlich der städtischen Wohnungsbaugesellschaft Bauhilfe zugute kommen, die in der Konsequenz mehr in Wohnraum investieren könnte. Die Situation der armen Menschen in der Stadt konkret verändern, das will der Windsberger. Sozialtarife im ÖPNV und für Energie schweben ihm vor, beantragen will er im Rat auch den Sozialpass, der jenen zugute kommen soll, die nichts haben und der Vergünstigungen gewährt beispielsweise beim Eintritt zu städtischen Veranstaltungen oder ins Plub. „Wir sind die Kümmererpartei, wollen Sprachrohr all jener sein, die keine Lobby haben“, sagt Eschrich. Auch die Aufklärungsarbeit des Jobcenters müsse besser werden, ebenso der Umgang mit Langzeitarbeitslosen. „Ich habe manchmal das Gefühl, dass dort bewusst Infos zurückgehalten werden“, so Eschrich. Deshalb biete er auch an, Betroffene in die Schachenstraße zu begleiten. Was die wirtschaftliche Entwicklung von Pirmasens angeht, fände der Linke Investitionen in das Thema erneuerbare Energien wichtig. „Wir könnten Modellregion werden, sollten da eine Vorreiterrolle einnehmen, bevor es andere tun.“ Denkbar sei, dass die Stadtwerke vor Ort einen Windpark einrichten. „Immer nur das Pferd Schuhindustrie zu reiten“ bringe nichts. (cla)

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