Saarbrücken Simple Minds in der Saarlandhalle: Live auf der Höhe der Zeit

„Als wir unsere Tournee ursprünglich geplant hatten, habe ich noch Haare gehabt“, scherzt Simple-Minds-Sänger Jim Kerr angesicht
»Als wir unsere Tournee ursprünglich geplant hatten, habe ich noch Haare gehabt«, scherzt Simple-Minds-Sänger Jim Kerr angesichts der zweimaligen Verschiebung als Folge der Corona-Pandemie.

Es fällt schwer, sich zu erinnern, wann die Simple Minds das letzte Mal in der Region waren. Es muss schon lange her sein. Am Montag stand die Band um Sänger Jim Kerr in der Saarbrücker Saarlandhalle auf der Bühne – endlich, denn das Konzert war zuvor schon zweimal verlegt worden. Doch auch wenn wenig Neues im Angebot war, hat sich das Warten gelohnt.

„Wir sind bereit für die nächsten Jahre – wir kommen wieder“, kündigt Jim Kerr an. Neben Gitarrist Charlie Burchill ist er das letzte verbliebene Gründungsmitglied der schottischen Formation. Bei manchen altvorderen Bands, denen die Zeit und damit der Musikgeschmack davongelaufen sind, mag das wie eine Drohung klingen – bei den Simple Minds weckt es Hoffnung.

Nachdem Kerr und Burchill die Band einer Frischzellenkur unterworfen haben, mit der Drummerin Cherisse Osei und der Keyboarderin Berenice Scott, dem Gitarristen Gordy Goudie und der Backgroundsängerin Sarah Brown neues Personal gewonnen haben, ist wieder Leben auf der Bühne. Es scheint gerade so, als habe Sänger Kerr neue Impulse bekommen, angetrieben von einer Band, die auch die ältesten Gassenhauer wie „Promised You a Miracle“ und „Someone Somewhere in Summertime“ aus dem Jahr 1982 oder die 1983er Nummer „Waterfront“ entstaubt und mit neuen Akzenten ins Hier und Heute überträgt. Da könnte sich das Warten auf ein Album mit neuen Songs durchaus lohnen.

Ein Mann großer Gesten

Jim Kerr bleibt sich treu. Er ist ein Mann großer Gesten – die zuweilen ein wenig zu groß geraten. Doch er ist im besten Sinn unterhaltend, humorvoll und mit exzellenter Stimme gesegnet. Vor schlichter Bühnenkulisse wird also eine perfekte Rock-Inszenierung gegeben mit einem Best-of-Programm, das diesen Namen auch tatsächlich verdient. Sicher: Vom Keyboard wird der sattsam bekannte Klangteppich ausgerollt, auf dem sich die Gitarre von Charlie Burchill in meist kurzen, mehrfach wiederholenden Melodielinien räkeln darf. Und immer wieder tauchen die typischen Akkordzerlegungen auf, wie man sie auch von U2 seit vielen Jahren kennt. Jim Kerrs kräftiges und dabei leicht unterkühlt klingendes Organ lässt abwechselnd an Bono denken und dann wieder an einen Soulsänger in der Aufwärmphase vor einem Konzert.

Die Simple Minds anno 2022 verstehen es aber, das vorhandene Material geschickt zu variieren und das zu vermeiden, was viele ihrer Platten etwas eintönig und die Stücke oft austauschbar macht. „See The Lights“ wird ein schmissiger Schlager zum Mitklatschen, „Belfast Child“, der bislang größte Erfolg der Band, wird von Kerr mit der größten Inbrunst ins Publikum geknödelt, während so manch andere Nummer beinahe mit der Kraft eines Heavy-Metal-Stücks daherkommt.

Schon 44 Jahre unterwegs

44 Jahre ist die Band aus Glasgow nun schon unterwegs – feiert aber, bedingt durch den Lockdown und die vielen Corona-Beschränkungen, immer noch ihre „40 Years Of Hits Tour“, auch wenn diese zuletzt etwas spärlich geworden sind. Und ob sich „Act in Love“, Opener des Konzerts und aktuelle Single aus diesem Jahr, in die Reihe von Hits wie „Don’t You (Forget About Me)“, „Belfast Child“ oder „Let There Be Love“ einreihen kann? Wohl kaum. Für die internationalen Charts läuft diese Musik am angesagten Mainstream vorbei – und allein mit den Fans der frühen Tage, aus denen sich auch das Konzertpublikum rekrutiert, lassen sich heute keine Charts mehr erobern.

Live ist die Band dagegen längst auf der Höhe der Zeit. Es fehlen nur die vielen neuen Songs, auf die die Fans so sehnsüchtig warten.

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