Pirmasens Seit Corona landet immer mehr Müll im Stadtwald
Immer wieder wundern sich Spaziergänger über die unzähligen Papiertaschentücher im Wald. Wie eine weiß verblühte Blütenpracht tauchen sie auf Wanderwegen auf. Oft umrunden sie besonders dicke Bäume, hinter denen sich der gemeine Spaziergänger verstecken kann, um seine Notdurft zu verrichten. Auch die hiesige Forstbehörde nimmt wahr, dass sich immer mehr Zeug im Wald findet, das dort nicht hingehört. Nicht nur Papiertaschentücher. Illegale Müllablagerungen im Wald in und rund um Pirmasens hätten seit der Coronazeit extrem zugenommen, berichtet Florian Kemkes, Leiter des Forstamts Westrich in Erlenbrunn, den dieses Thema leider wöchentlich beschäftige.
Papiertaschentücher gehören nicht in den Wald, erklärt die Schutzgemeinschaft Deutscher Wald (SDW). Bis zu fünf Jahren brauche es, bis der Zellstoff dort verrotte. Anderer Müll sei noch schlimmer, etwa die Kaumasse eines Kaugummis, die oft in der heimischen Fauna zu finden ist und Erdölderivat, Weichmacher und Farbstoffe beinhalte. Taschentücher gehören laut Bußgeldkatalog Rheinland-Pfalz zu den eher unbedeutenden Produkten, deren ordnungswidrige Entsorgung nur mit zehn bis 25 Euro Bußgeld geahndet werden – wie Pappgeschirr, Zigarettenschachteln und Kippen sowie Bananenschalen. Bei letzteren dauert es bis zu drei Jahre, bis die Mikroorganismen im Wald sie zersetzen können, besonders wenn kalte Temperaturen herrschen und es eben nicht so schön warm ist wie in der tropischen Heimat der gelben Frucht.
Jahrhundertelange Belastung
Förster Kemkes ärgert sich besonders über illegale Müllablagerungen im Wald. Altreifen zum Beispiel, deren illegale Entsorgung bereits mit einem Bußgeld von bis zu 205 Euro geahndet werden, würden das Ökosystem Wald 2000 Jahre lang belasten, weiß die SDW. Die Natur benötigt lange, um wild entsorgten Müll vollständig abzubauen. Bei einer Getränkedose vergehen 500 Jahre, bis sie aus dem Landschaftsbild verschwunden ist. Da verrotte ein Apfelgrutzen mit zwei Monaten vergleichsweise schnell. Umweltverschmutzer par excellence seien allerdings Styropor und Glas. Ersteres braucht laut SDW 6000 Jahre, um zu verrotten, Glas sogar 50.000 Jahre. Prinzipiell gelte, alles wieder mit aus dem Wald mitzunehmen und im regulären Hausmüll zu entsorgen, betont Kemkes.
Eine Gefahr für die heimische Fauna gehe laut Schutzgemeinschaft Deutscher Wald von Zigaretten aus, die zum toxischen Sondermüll gehören. Wie gefährlich Zigarettenkippen in der Natur sind, würden Versuche mit Forellen zeigen. Nur wenige Sekunden, nachdem sie mit Nikotin vermischtem Wasser ausgesetzt waren, erlitten die Fische einen Nervenschock, sanken bäuchlings zu Boden, die Hälfte der Fische starb. Über 4000 Chemikalien wie Blei, Kupfer oder Kadmium würden durch den Regen aus den Kippen gewaschen und in Boden und Wasser gelangen, informiert die SDW. Genauso schlimm sei, dass sich diese Stoffe in Fischen anreichern würden und so in die Nahrungskette gelangen. Eine Kippe könne laut Verband 200 Liter Grundwasser verunreinigen.
Giftstoffe gelangen in Nahrungskette
Die größte Gefahr für Waldböden und Grundwasser gehe aber immer noch von Bauschutt, Batterien, Elektrogeräten und lackiertem Altholz aus, warnt die SDW. Sie beinhalten chemische Bestandteile oder Giftstoffe wie Asbest, Blei, Öle oder Kühlmittel und könnten durch Regen in den Waldboden und anschließend bis in das Grundwasser eindringen – eine Bedrohung für Pflanzen, Tiere und Menschen gleichermaßen.