Pirmasens Privatkrieg mit Knödel-Kanone

Einst wurden hier die ersten Signale der Mondlandung empfangen: Die Husterhöhe blickt auf eine bewegte Geschichte zurück. Am Samstag traf sich ein Dutzend Pirmasenser, um mehr über das Konversionsprojekt zu erfahren.

Gästeführerin Ingrid Walter, die selbst über vierzig Jahre lang bei den Amerikanern beschäftigt war, beginnt ihre Führung vor dem „GriPs“-Gebäude. „Ab 1945 belegten die Amerikaner die Wehrmachtskaserne entlang der Rodalber Straße“, erklärt sie. Da das umliegende Gelände überwiegend unerschlossenes Brachland war, wurde zunächst die benötigte Infrastruktur geschaffen. Ende der sechziger Jahre errichtete die US-Armee einen Funkturm und eine Nachrichtenzentrale, über welche die Signale der ersten Mondlandung empfangen wurden. „Von Pirmasens aus wurden diese Signale dann nach Houston, Texas, weitergeleitet“, berichtet Ingrid Walter den erstaunten Teilnehmern. Neben einem Hubschrauberstützpunkt, Werkstätten, Wohnanlagen, einer Grundschule, Kirche und Feuerwehr gab es auch zahlreiche Geschäfte, die zunächst nur importierte Lebensmittel aus den Vereinigten Staaten führten. Kurz gesagt, entwickelte sich die Husterhöhe innerhalb weniger Jahre zu einer autarken, amerikanischen Kleinstadt, die von der „Community“ verwaltet wurde und für Pirmasens einen großen Wirtschaftsfaktor bedeutete. Doch nicht alle Einwohner konnten sich mit der militärischen Nutzung der Husterhöhe anfreunden: Ein Anwohner vom Sommerwald soll sich eines Tages eine Vorrichtung gebastelt haben, mit deren Hilfe er die tieffliegenden Hubschrauber der US-Armee mit Knödeln beschoss. „Daran kann ich mich noch erinnern“, meint eine Teilnehmerin der Führung, „der Mann beschwerte sich immer über den Krach“. Nach dem Ende des Kalten Krieges wurde die Zahl der US-Militärs in Deutschland von 600.000 auf 150.000 gesenkt, für Pirmasens und die umliegenden Standorte wie Münchweiler oder Dahn bedeutete dies für die deutschen Mitarbeiter den Verlust von mehreren tausend Arbeitsplätzen. Im Jahr 1997, nach dem fast vollständigen Abzug der Amerikaner, wurde der vordere Bereich der Husterhöhe an den Bund übergeben, das hintere Areal wird weiterhin von der US-Army und der Bundeswehr genutzt. Im Rahmen des Konversionsprojekts wurden 74 Hektar erschlossen und in einen Gewerbepark umgewandelt, die Kosten betrugen 31 Millionen Euro. „Es hat sich praktisch ein neuer Stadtteil entwickelt“, so Ingrid Walter, „der heutige Technologie- und Gründerpark“. Während es hier 1998 gerade einmal 56 Arbeitsplätze gab, stieg die Zahl bis 2013 auf rund 2200 Arbeitsplätze und 108 Unternehmen. Nach dem Vortrag zeigt Ingrid Walter den Teilnehmern die Umnutzung der Husterhöhe an konkreten Beispielen. Die Busrundfahrt beginnt am Gründerinnenzentrum. Es geht vorbei am Banana-Building in der Delaware Avenue, einer ehemaligen Kaserne der Wehrmacht und später der Amerikaner. „Als Hommage an die amerikanischen Streitkräfte wurden die ursprünglichen Straßennamen beibehalten“, erklärt Ingrid Walter. Die Fahrt geht weiter zur Firma Convar, auf deren Gelände ehemals eine Niederlassung der Maryland University stand. Hier konnten sich Mitglieder der Armee weiterbilden und einen universitären Abschluss erlangen. „Dahinter war der frühere Hubschrauberlandeplatz“, sagt Ingrid Walter, „und nun kommen wir auf das Gelände, das heute noch militärisch genutzt wird.“ Einige Gebäude wurden zwischenzeitlich auch abgerissen, wie die Kirche nahe des „Quasimodo“, oder die amerikanische Grundschule, an deren Stelle nun die Fachhochschule steht. „In der Mississippi Avenue wurden ehemalige Offiziershäuser in Eigentumswohnungen umgewandelt“, berichtet Ingrid Walter, bevor die Fahrt wieder am „GriPs“-Gebäude endet. (jagg)

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