Pirmasens „Lachen im Angesicht der Realität“

Pirmasens war schon immer ein gutes Pflaster für Kabarettisten und Comedians: Dieter Nuhr war da, Urban Priol, „Mundstuhl“ und Dieter Hildebrandt ebenso. Und bevor im März Hagen Rether am Horeb seine Keule schwingt, kommt bereits am Freitag, 27. Februar, Frederic Hormuth mit seinem Programm „Mensch ärgere dich“. Er tritt ab 19 Uhr im Veranstaltungsraum der VR-Bank auf. Mit dem Kabarettisten, der auf vielen großen Bühnen des Genres aufgetreten ist, vom Mainzer Unterhaus bis zu „Ottis Schlachthof“ in München, sprach unser Redakteur Christian Hanelt

Sie kommen mit dem Programm „Mensch ärgere dich“ nach Pirmasens. Worüber ärgern Sie sich?

Über rücksichtslose Menschen, intellektuell den Radar unterfliegende Politiker und die Tatsache, dass man eher beim Papst einen Termin bekommt, als beim Augenarzt. Ihr Kollege Gernot Hassknecht fordert dazu auf, Wut und Ärger freien Lauf zu lassen. Sind Sie in Anlehnung an die Wut-Bürger Wut-Kabarettisten? Ohne Wut gäbe es kein Kabarett, das einen auch mal da hinlachen lässt, wo es weh tut. Und wie beim klassischen Wut-Bürger in Stuttgart regen wir uns gerne über Sachen auf, die einfach unterirdisch sind. Also, worum geht es in Ihrem Programm wirklich? Darum, dass Ärger ein hervorragender Energielieferant ist, der Dinge in Bewegung bringen kann. Und dass unterdrückter Ärger keinem was bringt. Wie lange sind Sie mit diesem Programm schon unterwegs und hat sich das Programm in dieser Zeit verändert? Premiere war im Herbst 2013, damals stand das Programm noch ganz im Zeichen des Bundestagswahlkampfes, in dem es ja immer wieder hieß: „Regt euch nicht auf, es geht uns doch gut!“. Heute stehen von Pegida bis Mahnwache wieder mehr wütende Bürger auf der Straße. Das wirft ein anderes Licht auf das Programm, das sich dementsprechend ständig ändert. Ich versuche, die Entwicklung positiv zu sehen. Das Gute am Erstarken der ganzen Radikalen ist ja auch, dass man dabei wenigstens – pardon – die Arschlöcher deutlicher sehen kann. Wie viel entsteht dabei spontan auf der Bühne? Spontan ist die Interaktion mit dem Publikum. Das Programm an sich wird nicht zusammenimprovisiert, denn die Leute haben ja dafür bezahlt, dass ich mir vorher ordentlich was überlegt habe. Kann man Sie auf der Bühne aus dem Konzept bringen? Das passiert selten. Von Zeit zu Zeit gibt es besonders ausgefallene Lacher im Publikum – das kann sehr ansteckend sein. Eigentlich freu ich mich über besondere Vorkommnisse während der Show, ich bin ja ein echter Mensch und kein Fernsehprogramm – das heißt: Ich sehe die Zuschauer. Nicht vergessen! Manchen ist das offensichtlich nicht bewusst… Sie schreiben auch für Kollegen. Wie selektieren Sie, was für wen ist oder schreiben Sie gezielt für einen anderen? Normalerweise gibt es gezielte Anfragen nach dem Motto: „Hey Fredi, kannste mir nicht mal ’ne Nummer zum Thema Campingurlaub schreiben?“. Und wenn der Kollege da schon ein paar Anfangsideen mitbringt, dann bin ich inspiriert und versuche aufzutrumpfen. Manchmal schreibe ich auch Sachen für die Schublade, bei denen ich nicht weiß, wie ich die in meinen eigenen Programmen unterbringen sollte. Und plötzlich kommt ein Kollege, bei dem es passt. Fällt es Ihnen dann schwer, eine gute Nummer nicht selbst zu verwenden? Meistens merke ich erst zu spät, wie gut die Nummer geworden ist, die ich da gerade außer Haus verkauft habe. Das größere Problem ist aber, für mich selbst zum selben Thema später noch mal was zu machen, weil die ersten Ideen oft die besten sind. Das ist dann wie bei Filmfortsetzungen – das wird immer anstrengender. Wie schreiben Sie – stehen Sie in der Nacht mit einer guten Idee auf, haben Sie ständig ein Diktiergerät dabei oder können Sie sich hinsetzen und sagen „jetzt schreib ich einen Gag“? Ich habe ein Diktiergerät und ein Notizbuch – alles im Handy. Mit den Ideen ist es so wie früher in der Jogurette-Werbung: „Manchmal steh ich sogar nachts auf und gönn mir eine!“. Und wenn man die dann nicht festhält, kann man nicht mehr schlafen. Wie viel ist beim Gag-Schreiben Eingebung und wie viel ist erlernbares Handwerk? 80 Prozent sind Handwerk und Übung. Der Rest sind die 20 Prozent Inspiration und Spaß, die es braucht, damit das Ganze auch lebendig wird. Was kann man erlernen? Lernen kann man, die Schere im Kopf auszuschalten und sich für Ideen zu öffnen. Lernen kann man auch, Dinge schnell in eine knackige Form zu bringen. Was man aber nie lernt, ist auf Anhieb zu 100 Prozent sicher zu wissen, was auch für andere Menschen komisch ist. Testen Sie eine neue Nummer bevor Sie damit auf die Bühne gehen – und wer ist Ihr Testpublikum, die Familie? Einzelne Gedanken und Gags teste ich beispielsweise „undercover“ zu Hause bei meiner Frau. So locker und unauffällig ins Gespräch eingewoben, dass sie nur noch minimal die Augen verdreht, wenn sie natürlich merkt, was ich vorhabe. Wenn sie dann aber gegen ihren Willen doch etwas grinsen muss, ist das ein sehr gutes Zeichen. Wie würden Sie Ihre Art des Kabaretts beschreiben? Politisches Kabarett. Maximal unterhaltsames Nachdenken über die brennenden Probleme der Zeit. Oder anders gesagt: Lachen im Angesicht der Realität. Sie arbeiten mit einem Regisseur zusammen. Was ist dessen Aufgabe? Der arbeitet mit mir überwiegend am Textbuch. Hilft mir, zu entscheiden, welche Schlagrichtung das Programm haben soll, welche Ideen die besseren sind, an welchen Stellen ich mutiger sein kann, oder an welchen Stellen ich mal einen Gang rausnehmen sollte. Außerdem bezahle ich ihn dafür, dass er während der Proben kontinuierlich kichert. Worüber lachen Sie? Aktuell zum Beispiel über die TV-Serie „Modern Family“. Was ist für Sie Erfolg? Sein Hobby zum Beruf zu machen und damit so viele Menschen zu begeistern, dass man davon leben kann. Bitte nennen Sie drei Gründe, in die Vorstellung zu kommen. Erstens: Ich komm ja auch extra. Zweitens: Damit Sie „Ich kannte den schon vor dem Fernsehen!“ sagen können. Und Drittens: Weil es doch immer was Besonderes ist, mal zum Lachen in eine Bank zu gehen.

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