Pirmasens „Jetzt bin ich Sängerin und mache, was ich will“

Am Freitag, 26. September, werden Evi Niessner und Rainer Leupold alias „Evi & das Tier“ mit ihrer Show „Let’s Burlesque Edition“ zu einem Kabarett-Show-Konzert im Rahmen des Festivals Euroclassic ab 20 Uhr in den Kuppelsaal der Alten Post nach Pirmasens kommen. Evi Niessner ist dem Pirmasenser Publikum bereits durch ihr Programm „Evi chante Piaf“, mit dem sie im September letzten Jahres die Alte Post eröffnet hatte, in bester Erinnerung. Unser Mitarbeiter Fred G. Schütz unterhielt sich mit Evi Niessner über Erotik, Show und die Freuden der Musik.

Frau Niessner, wie lange gibt es „Evi & das Tier“?

Seit dem 2. März 1996. Da erinnern Sie sich aber noch genau dran …? Ich erinnere mich so genau, weil das der Geburtstag meiner Mutter war, an dem wir damals unsere Premiere in Wiesbaden gefeiert haben. Das Pariser Hoftheater, das heute gar nicht mehr existiert, hatte da seine ersten Nacht-Shows. Das hieß dann in Wiesbaden, huu, es gibt jetzt auch Nacht-Shows. Wo liegt Ihr künstlerisches Herkommen, eher von der Musik, vom Theater …? Wir beide (sie und ihr Partner Rainer Leupold als Mister Leu, die Red.) kommen absolut von der musikalischen Seite. Ich bin studierte Opernsängerin, hoher Koloratur-Sopran. Ich habe das Gesangsstudium gemacht, damit ich sagen kann, so jetzt bin ich Sängerin, und jetzt mache ich, was ich will. Ich komme zwar von der Opernausbildung, habe mich aber schon immer für die Musik der 20er Jahre interessiert, aber auch Rock’n’Roll und Jazz waren immer meine großen Leidenschaften. Bei der Gelegenheit habe ich dann eines Tages „Mister Leu“ auf der Bühne gesehen, und das war für mich auch eine Offenbarung, dass jemand so Klavier spielen und singen kann. Der wollte dann nachher sogar noch Gesangsunterricht von mir haben. Ich hab’ mich ein bisschen gewundert, aber darüber sind wir dann schlussendlich doch zusammengekommen. Es hat dann noch zwei Jahre gedauert, bis wir auch privat und musikalisch zusammengekommen sind. Wir hatten mit dem Programm damals am 2. März Premiere und zwei Wochen später waren wir dann auch privat zusammen. Also der Liebe wegen …? Ja, die Musik hat uns wirklich zusammengebracht. Die Bedeutung des Begleiters am Klavier wird ja oft unterschätzt. Ich denke da zum Beispiel an den wunderbaren Rüdiger Mühleisen, den Pianisten von Tim Fischer, der ja weit mehr leistet als „nur“ Begleitung. Ist das bei Ihnen ähnlich? Ich kenne Tim Fischer sowohl auf der Bühne als auch privat recht gut und finde auch, dass er einen grandiosen Pianisten hat. Bei uns ist es aber noch mal anders gelagert. Bei uns ist es die totale Symbiose, weil der Mister Leu auch singt und zwar im selben Maße wie ich, und ich behaupte mal, auch in derselben Qualität wie ich. Wir singen auch sehr viele Duette. Bei Evi & das Tier ließ sich das zudem nicht vermeiden, dass das extrem in Comedy und Darstellung ausartet. Es ist ein extrem lustiges und freies Programm. Wir sprengen alle Genre-Grenzen, da steht Edith Piaf neben Tom Waits, wir machen Rock′n′ Roll und 20er Jahre durcheinander, also die Musik, die unsere Musik ist. Das ist mittlerweile so verschmolzen, dass eigentlich ein neuer Stil draus entstanden ist. Das läuft nicht nach dem Schema, Lied/Moderation, Lied/Moderation, das geht optisch und komödiantisch ineinander über. Ich möchte es nicht Schauspiel nennen, aber sehr stark visuelle Comedy mit viel Slapstick. Auf Ihrem Repertoire-Zettel stehen Sachen von Friedrich Hollaender, Cole Porter, Tom Waits, viel von der Piaf, aber auch eigene Kompositionen … Ja, wir haben auch angefangen, eigene Sachen zu schreiben. Das Tolle ist, dass die Leute nicht merken, was die eigenen Sachen sind, und das ist ja eigentlich ein Kompliment. Wir haben uns lange nicht herangewagt, eigene Sachen zu schreiben, weil wir einen so großen Respekt vor diesen Meistern haben, die noch so richtige Musik geschrieben haben. Was man heute im Radio hört kommt ja in den seltensten Fällen auch nur irgendwie da dran, was Duke Ellington oder Cole Porter geschrieben haben. Und wir haben uns gesagt, bleiben wir dabei, dass wir Interpreten, Sänger und Bühnenmenschen sind. Aber jetzt haben wir über die Jahre für verschiedene Showproduktionen oft mit einem konkreten Auftrag Lieder geschrieben, so dass wir gemerkt haben: Wir können das ja vielleicht doch. Ihr Programm hat ja den Zusatz „Burlesque“, da denkt das unschuldige Journalisten-Hirn schon mal an Striptease …? Genau, das ist ein Sonderprogramm, das wir nur zu speziellen Anlässen spielen, nämlich die Burlesque Edition. Wir haben zum einen eine große Burlesque-Show mit sieben Leuten und einer Band und mehreren Tänzerinnen und zum anderen die Burlesque Edition, was bedeutet, dass wir als „Evi & das Tier“ im Duo auftreten und eine Burlesque-Tänzerin als Gast dabei haben. Die zieht sich auch wirklich aus. Auf die Burlesque-Sache sind wir 2008 gekommen. Das war am Friedrichsbau-Varieté in Stuttgart und das erste Mal, dass so ein renommiertes Varieté gesagt hat, wir verbinden jetzt Burlesque mit einer Artistik-Varieté-Show. Wir waren die Gastgeber des Abends und haben dabei gemerkt, dass Burlesque ganz viel mit uns zu tun hat. Das ist ja mehr, als dass sich nur schöne Damen ausziehen. Das hat ganz viel mit so einem Vintage-Lifestyle zu tun, mit der Musik, die wir schon immer gespielt haben. Zudem haben wir ja schon immer in unserer Show diesen augenzwinkernden, fast parodierenden Umgang mit Erotik im Showbusiness drin. Und dieses Augenzwinkernde ist auch das Wesen von Burlesque. Nach Pirmasens kommen der Leu und ich und „Honey Lulu“ als Tänzerin. Was tun Sie künstlerisch, wenn Sie nicht „Evi & das Tier“ sind? Wir haben noch sechs weitere Programme, der Mister Leu hat ein eigenes Solo-Programm, dann spielt er mit einem Schlagzeuger „Waiting For Waits“, ich hab das Piaf-Programm, das ich letztes Jahr auch in Pirmasens in der Alten Post gegeben habe, und dann haben wir noch die große Burlesque-Show für größere Säle. Das ist ein Ensemble, das wir selbst gegründet haben. Wir haben uns die Leute zusammengesucht, mit denen wir spielen, haben die aber nicht gecastet, sondern bei verschiedenen Produktionen kennengelernt. Das hat sich ergeben, weil es immer gut gepasst hat. Wir haben menschlich einen sehr starken Zusammenhalt, was man uns auch anmerkt. Sagen Sie mir bitte drei Gründe, warum das Publikum zur Show kommen sollte. Weil das eine Show, wie Sie sie so garantiert nirgendwo anders sehen können, es gibt nichts Vergleichbares. Es ist ein Abend, bei dem alle Emotionen aufs Wildeste und Intensivste angesprochen werden. Man kann sich total gehen und fallenlassen und sich amüsieren. Und weil es ein ganz toller Abend wird.

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