Pirmasens „Ich lebe meinen Traum“

Angefangen hat alles, als Jakel Bossert drei Jahre alt war und der Zirkus Althoff auf dem Pirmasenser Messplatz gastierte. Einmal Zirkusluft geschnuppert – und er war infiziert. Hat daheim die Bilderbücher zum Manegenrund aufgestellt, Stoffelefant und Sandmännchen durften Männchen machen. Um die Traumwelt zu erschaffen, mussten später Nachbarskinder in Niedersimten die Artisten mimen, aus Baumstämmen und Militärplanen baute er eine Manege nach. In den 1990er Jahren ging er mit dem Chinesischen Nationalcircus auf Tournee, seinen Kindheitstraum verwirklichte er im Jahr 2002 mit dem Landauer Weihnachtscircus, der seitdem pro Saison im Schnitt mit 30 Vorstellungen auf über 30.000 Besucher kommt. „Wir sind mittlerweile die Nummer zwei nach dem Stuttgarter Zirkus“, wobei es immer mehr Nachahmer gebe. Sein Vorteil: Er habe einen so guten Namen in der Branche, dass er Stars wie den berühmten Clown Oleg Popov vom russischen Staatszirkus an die Queich verpflichten könne. Und der hat ihm nicht nur einen großen russischen Fernsehsender ins Zelt navigiert, sondern gibt ihm im Vorübergehen den Tipp: „Beim Finale mehr lächeln und an jeden Star eine Blume verteilen.“ Bossert gelobt Lernbereitschaft und erinnert an seine Anfänge als Zirkusdirektor: „Ich wollte ein Angebot schaffen für die Tage, wenn die Geschenke gekauft sind, die Leute Lust auf Vergnügen haben.“ Das habe funktioniert, zumal zum Jahresende leichter Artisten zu kriegen seien, weil die großen Zirkusse Winterpause machen. „So komme ich an die Stars von Knie, Krone und Ringling. Nach 13 Jahren kennt man sich, die Zirkuswelt ist ein Dorf. Und mein Geschäft wird immer schöner und größer.“ Stolz führt Bossert zu seinen nostalgischen Zirkuswagen, die unter der Kuppel um die Manege stehen. „So sieht es nur bei mir aus.“ Da stehen der alte Kassenwagen von Carl Althoff, der Raubtierkäfig aus der Sendung „Salto Mortale“, ein antiker Kaffeewagen. Das ist Bosserts Ding: „Auch wenn die Leute in Schalensitzen Platz nehmen, will ich Zirkus zeigen, wie er früher war, ohne Wildtiere.“ Zirkus sei das ehrlichste Geschäft der Showbranche. „Da muss man etwas können, da reicht kein Playback.“ Die Familie sei längst angefixt. Tochter Ann-Katrin (21) hat ihre eigene Ponynummer, Ehefrau Gabi macht die Kasse und die Deko. „Wir haben hier 15 Tage lange eine riesige Weihnachtsfeier, vermissen nichts. Und Christbäume haben wir auch, über 60 sogar.“ Die Nächte im Zirkuswagen - neun auf 2,50 Meter – machten ihm nichts aus. „Man schläft nur nicht so ruhig, muss bei Sturm öfter raus um zu überprüfen, ob die 240 Anker das 45-Meter-Zelt noch halten.“ „Im Zirkus muss man alles können“, sagt Bossert, dessen Vater Abbruchunternehmer war. Von Niedersimten aus hat er 140 Tonnen Material mit Tiefladern nach Landau gekarrt, für den Aufbau hatte er nur vier Leute. „Man kann sein Geld leichter verdienen, hat dann aber weniger Spaß. Ich lebe meinen Traum, will mein Sammelsurium um mich haben, auch wenn ich schon viel Lehrgeld bezahlen musste.“ Er könne Tribünen zusammenschrauben, sei der Mann für den Ton, die Technik und das Licht, baue mit den Artisten die Luftnummern auf. Dummerweise fehlten ihm Autoschlosserkenntnisse. „Im Fuhrpark ist ständig etwas kaputt.“ Wie es sich vom Zirkus leben lässt? Da will sich der 52-Jährige nicht in die Karten schauen lassen. „Ich lebe in erster Linie dafür, nicht davon, auch wenn ich mittlerweile die besten Clowns der Welt habe, es immer besser läuft.“ Manchmal verdiene er mehr mit dem Zeltverleih – 45 Zelte, vom Partyzelt bis zum Zehnmaster -, auch die Musik, beispielsweise mit der Band BBKusch, bringe Geld in die Kasse, ebenso private Zirkusgalas, die er für große Firmen wie SAP oder Jungheinrich organisiert. Lieber als über sein eigenes Geld will er über jenes reden, das der Zirkus in Landau lasse. 20.000 Euro für den Platz, 10.000 für Energie, in der Summe bestimmt um die 100.000 Euro. Der Zirkus als Wirtschaftsfaktor. Anfangs gab es auch mal die Idee, das Projekt in Pirmasens zu realisieren. Mittlerweile sei er froh über den Standort in der Südpfalz. „Das Umland gibt mehr Besucher her.“ Doch noch ein Weihnachtswunsch? Bossert zögert. Sagt dann aber: Einen Ponyhof in Niedersimten à la Immenhof, vielleicht mit einer Probemanege, die auch Touristen anlockt, würde er gerne realisieren. Und einmal den ganzen Zirkustross auf die Eisenbahn verladen. So wie die Artisten das früher gemacht haben. Mit Ziel Moskau oder so.

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