Pirmasens Hommage an Loriot

Sie wissen sich zu inszenieren, die Herren vom Rennquintett: musikalisch virtuos und witzig in der Moderation.
Sie wissen sich zu inszenieren, die Herren vom Rennquintett: musikalisch virtuos und witzig in der Moderation.

In der Johanneskirche gibt es seit 15 Jahren eine ganz besondere Tradition: Es ist der dritte Weihnachtsfeiertag, wenn das Rennquintett spielt. Die fünf Blechbläser locken dieses Mal fast 500 Konzertbesucher in den Kirchensaal und präsentieren einen alpenländischen Gast in ihrer Mitte. Mit Robert Neumair wurde ihr Auftritt am Donnerstag zum Crossover voller Überraschungen: weihnachtlich, alpenländisch, international.

Peter Leiner kann es nicht lassen. Pünktlich zum 30-jährigen Bestehen der Formation will er den Pirmasensern das Jodeln beibringen. Mit Djo, djiri, djo schafft er es sogar, dass die Pfälzer in der Johanneskirche fröhlich losjodeln. Mit diesem Streich gelingt den fünf Blechbläsern Uwe Zaiser, Peter Leiner (Trompeten), Jochen Scheerer (Posaune), Uwe Tessmann (Horn) und Ralf Rudolph (Tuba) etwas Großes: eine Hommage an Loriot und sein Jodeldiplom. Und damit haben sie ihr Publikum am Wickel. Es stellt sich schnell heraus, dass der komplette Abend voller musikalischer Überraschungen steckt und dies auf höchstem Niveau: ein Vierteljahrhundert Dreiviertler auf der Steirischen Harmonika von Robert Neumair, Südtiroler Weihnachtsweisen, ein Doppelkonzert von Vivaldi und eine improvisierte Fantasie des musikalischen Gastes zu „Oh du Fröhliche“, das einen durch ausgelassene Polkaklänge für einen Moment vergessen lässt, dass es sich um ein Weihnachtslied handelt. Ausgesprochen einfühlsam ist das Adventslied „Maria durch ein Dornwald ging“, arrangiert von Robert Neumair. Die Blechbläser geben das Thema vor – bis Robert Neumair zu singen beginnt. Darauf folgt ein Solo des aus St. Georgen bei Bruneck in Südtirol stammenden Musikers, der das Lied voller Temperament vorträgt, bevor er auf der Steirischen Harmonika, die er schon im zarten Alter von drei Jahren spielen lernte, das Lied aufpeitscht. Mit Tempi-Wechseln wirbelt er die bis zu diesem Punkt getragene Stimmung durcheinander. Herausragend ist auch das Medley zu „Jingle Bells“, das zu einem internationalen Vergnügen von Latin, Waltz und Swing bis hin zu Klezmer gerät, von Rio de Janeiro ins verträumte Paris der Musette über Chicago und Tel Aviv zurück in die Alpen zu einer Oberkrainer Version. Und natürlich durfte auch Bezirkskantor Maurice Antoine Croissant nicht fehlen: Er bietet mit dem Präludium C-Dur eine leidenschaftliche Interpretation von Felix Mendelssohn-Bartholdys Stück, bereichert aber auch die Choralfantasie Neumairs zu „Oh du Fröhliche“ und die Jingle-Bells-Reise, wenn es in die USA geht. Unterbrochen wird das musikalische Programm durch die philosophischen Exkurse von Peter Leiner, der mal heiter, mal besinnlich das Publikum auf Gedankenreise schickt. Wenn die stille Zeit vorbei ist, wird es wieder ruhiger, zitiert er Karl Valentin. Mit den Worten Nietzsches mahnt er, nicht wie die Verrückten den Berg zu erklimmen, sondern auch zu bemerken, dass es schöne Aussichten gibt. Fehlen darf auch nicht Konfuzius mit seiner Weisheit: Der Weg ist das Ziel. Aber besonders berührend und passend zu einem Weihnachts- und fast Neujahrskonzert sind die Verse aus dem Talmud über die Gedanken, die zu Worten und letztendlich Taten werden und den Charakter bestimmen, der Schicksal eines jeden Menschen sei. Einer der absoluten Höhepunkte ist ein Paganini-Stück auf alpenländisch, die Caprice Nummer 24, die der italienische Komponist und Geigenvirtuose 1817 als ein Solo für Geige komponiert hat. Das Besondere an dem Konzert ist genau das, mit dem man nicht rechnet. So gefällt dem Publikum die „Oh Tannenbaum“-Version, bei dem das Quintett mit seinen Instrumenten das lichtergeschmückte Exemplar der Kirche anschmachtet und das Lied schließlich zur Rap-Nummer umschlägt, sowie die Neumair’sche Sting-Version von „Every little thing she does is magic“, A Capella gesungen von Robert Neumair. Nach gut zwei Stunden endet ein Konzert mit herrlich kreativen Cross-Overs, ungewöhnlichen Arrangements für Blechbläser aus der Feder von Robert Neumair und so manchem gedanklichem Diskurs. Dramaturgische Klammer ist letztendlich der Andachtsjodler, der das Konzert eröffnet und zum Finale bei gedämpftem, feierlichen Licht wieder aufgenommen wird. Auch ein Alphorn darf zum Schluss nicht fehlen. Ja, sie wissen sich zu inszenieren, die Herren vom Rennquintett: musikalisch virtuos und witzig in der Moderation. Eins steht fest: Das „kleine 15-jährige Konzertjubiläum“, wie Leiner es nennt, war noch nicht alles. Die Fünf haben ihr treues Publikum und eine Einladung in die Johanneskirche für 2018. Damit sie wieder festliche Stimmung in den Kirchenraum zaubern. Dann treten sie mit dem Frauenchor Ex-semble aus Münchweiler auf.

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