Pirmasens Eine beglückende Einheit

Julian Steckel macht dieses Konzert in der Johanneskirche dem Pirmasenser Hospiz Haus Magdalena zum Geschenk.
Julian Steckel macht dieses Konzert in der Johanneskirche dem Pirmasenser Hospiz Haus Magdalena zum Geschenk.

Das Konzert, das die Zuhörer in der gut besetzten Johanneskirche in Pirmasens hören durften, war in vielerlei Hinsicht ein ganz Besonderes. Ein besonders anspruchsvolles Programm vorgetragen von Julian Steckel, einem außergewöhnlichen Solisten – und das alles zu einem guten Zweck, denn der Erlös kam dem Pirmasenser Hospiz Haus Magdalena zugute. Da der Bedarf an stationärer Palliativmedizin das derzeitige Angebot von sechs Betten deutlich übersteigt, setzt sich der Förderverein unter dem Vorsitzenden Carsten Henn für einen Neubau mit zwölf Betten ein.

Der aus Pirmasens stammende Julian Steckel machte diesen Abend dem Hospiz zum Geschenk. Für den Rest des Jahres ist der Professor an der Hochschule für Musik und Theater in München noch in London, Dresden, Istanbul, Brüssel, Antwerpen, Jerusalem und Moskau zu hören. Steckel vollbrachte die Meisterleistung, alle sechs Suiten für Solo-Cello von Johann Sebastian Bach hintereinander – und wohlgemerkt allesamt auswendig – vorzutragen. Das hört man selten, stellen die Werke doch extrem hohe Anforderungen an den Solisten. Sowohl das Einbetten je einer Moll-Suite in zwei Dur-Tonarten, als auch das Einfügen von je zwei gleichen Tanzsätzen in Folge lässt vermuten, dass die sechs Suiten von Bach von Anfang an als Zyklus gedacht waren. Die Suite entwickelte sich in der Barockzeit aus den beliebten Tänzen des Volkes. Auch im Adel wurde die feste Abfolge der deutschen „Allemande“, der französischen „Courante“, der spanischen „Sarabande“ und der englischen „Gigue“ zunächst getanzt, bis sie zunehmend stilisiert nur noch zum instrumentalen Vortrag dienten. Bach hat seine Suiten für Violoncello Solo um je ein Prélude erweitert und in den Suiten eins und zwei zwei Menuette, in drei und vier zwei Bourées und in den Suite fünf und sechs je zwei Gavotten eingefügt. Allen Suiten hatte Bach ein Prélude vorangestellt. Die Suite Nr. 1 G-Dur ist das wohl bekannteste Stück in diesem Zyklus. Bereits bei den ersten Sechzehntel-Arpeggien war klar: Hier verschmelzen ein besonderer Solist und ein gleichwertiges Instrument zu einer beglückenden Einheit, die vom erstaunlichen Resonanzboden und der bekanntermaßen hervorragenden Akustik der Johanneskirche noch unterstützt werden. Die erste Suite in G-Dur, BWV 1007, klang beschwingt und ließ keinen Zweifel daran, dass es sich hier um eine Abfolge von Tänzen handelt, die vor Bachs Zeit immer abwechselnd langsam und schnell getanzt wurden. Die Suite BWV 1008 in d-Moll zeigte hingegen, dass die ursprünglichen Tänze im Hochbarock stilisiert und nicht mehr zum Tanzen gedacht waren. Lange, von Steckel wunderschön zum Klingen gebrachte Kantilenen prägten diese Suite und auch virtuose Läufe konnten den schwermütigen Charakter nicht verändern. Das farbigste Stück des Abends, die Suite in C-Dur, BWV 1009, erklang vor der Pause. Bach wollte hier durch eine besonders angelegte Mehrstimmigkeit den Eindruck erwecken, dass ein ganzes Orchester, nicht nur ein einzelnes Instrument spielt. Der technisch perfekte Julian Steckel erweckte dieses imaginäre Orchester auf geniale Weise zum Leben. Es folgte eine einstündige Pause, in der es ein italienisches Buffet gab, das wunderbar zu diesem sommerlichen Abend passte. Den zweiten Teil des Konzerts eröffnete die Suite in Es-Dur, BWV 1010, die von extremen Kontrasten in Tempo und Ausdruck geprägt ist, die von Julian Steckel Dank seiner brillianten Technik auch ausgereizt werden konnten. Die folgende Suite in c-Moll, BWV 1011, weicht von den anderen etwas ab. Sie wurde von Johann Sebastian Bach wohl ursprünglich für die Laute komponiert. Auf dieser nicht erhaltenen Urfassung basiert auch eine Suite für Laute in g-Moll, BWV 995. Aus diesem Grund muss der Cellist für dieses Stück die a-Saite um einen ganzen Ton tiefer stimmen. Noch mehr als die fünfte unterscheidet sich die sechste Suite von den anderen. Für dieses Werk braucht der Cellist ein fünfsaitiges Cello mit einer zusätzlichen hohen e-Saite. In der Sarabande ist hier der Höhepunkt der Mehrstimmigkeit im gesamten Zyklus erreicht. Beglückend wie spielend sauber Steckel die mehrstimmigen Passagen hier, wie im ganzen Konzert präsentierte. Und das Publikum, das sehr wohl gespürt hat, dass es hier einen Weltklasse-Solisten erlebte, jubelte Julian Steckel euphorisch zu.

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