Pirmasens Derbe Schenkelklopfer und Wortakrobatik

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Sein Metier ist nicht die große Weltpolitik, es sind eher die kleinen Anekdoten aus dem Alltag: Mit seinem aktuellen Programm „Kannegieser packt aus“ gastierte der pfälzische Kabarettist Gerd Kannegieser am Samstag bei den Skat- und Schafkopffreunden Thaleischweiler-Fröschen und Umgebung. Mit im Gepäck: allerlei eigene Erfahrungen und Geschichten aus dem Urlaub, aus der modernen Welt und – ganz klar – aus dem zwischenmenschlichen Bereich.

Der Vorsitzende der Skat- und Schafkopffreunde, Walter Schwab, hätte vor der Veranstaltung nicht zu beklagen brauchen, dass „nur“ um die 70 Zuschauer den Weg ins Vereinsheim der Schwarzbachtaler Blasmusik gefunden hatten – der Auftritt des hemdsärmeligen Deutschlehrers aus Hinzweiler zeigte vielmehr, dass es kein großes Publikum braucht, um eine große Stimmung zu erzeugen. Lacher und Applaus gab es schon zu Anfang, als der „Vorzeigepfälzer“ in Urlaubsmontur und mit einer zerknautschten Plastiktüte als Urlaubskoffer hinter dem Vorhang hervortrat und gleich eine ganze Salve seiner Stammtisch-Philosophien auf das Publikum losließ. Im Zentrum: Er selbst als Pedant. Im Westpfälzer Dialekt wurde da erst einmal die Smartphone-Generation aufs Korn genommen, die das Gesicht auch beim Laufen nicht vom Display wegbringt, sich Modeschmuck ins Gesicht „tackern“ lässt und ein „Wie bitte? Ich habe sie nicht verstanden, können Sie das nochmal wiederholen“ einfach durch ein kurzes „Hä?“ ersetzt. Zu Genüge habe er „diese Sorte“ im Urlaub gesehen. Kannegieser packt aus, regt sich auf, redet sich spitzzüngig in Rage, wird hin und wieder derb und trifft damit auf satirischer Ebene ins Schwarze, indem er dem „kleinen Spießbürger in uns“ aus dem frustrierten Herzen spricht. Die Jugend kommt nicht gut weg und schon gar nicht die technischen Auswüchse der modernen Zeit. Da sind die Gegenspieler nicht nur Smartphones und Computer, sondern sogar allerorts übliche Leergutautomaten, die schnell zum Hindernis werden und scheinbar ihr ganz eigenes Spiel treiben, bis eine Siebenjährige vorbei kommt und dem „Opa“ zeigt, wie man Leergut richtig in den Automaten einführt. Das eigene Auto „wie früher“ selbst reparieren kann man heute auch nicht mehr. Jetzt heißt es: „Wer die Technik beherrscht, schreibt dir die Rechnung“. Aber auch vor den Merkwürdigkeiten früherer Tage und dem Alter in all seinem Starrsinn wird nicht Halt gemacht. Da werden Senioren an- und vorgeführt, die – der Klassiker schlechthin – auch im Ruhestand „keine Zeit“ haben und sich mit einem Pfund Kaffee an der Supermarktkasse vordrängeln. Mit fremden Kulturen hat es der „Pfälzer Philosoph der Neuzeit“ ebenfalls nicht, schon gar nicht mit Esskulturen. Ins Fettnäpfchen tappt er damit allemal. Ob Döner, indisches Curry oder Gerichte aus dem Wok – wenn seine Frau mit ihm in Urlaub fahren will, packt Kannegieser zur Freude seiner Zuschauer das Grausen. Generell wird mit allem und jedem gehadert: Mit dem emanzipierten weiblichen Geschlecht, mit dem „besten“ Stammtisch-Kumpel oder auch mit der Homöopathin von nebenan. Indem es vordergründig „immer die Anderen“ sind, die etwas falsch machen, lässt Kannegieser die eigenen Fehler erkennen und treibt diese regelmäßig auf die Spitze. Vor dem Publikum schreckt er dabei auch nicht zurück, sondern zieht es schonungslos in seine Frivolitäten mit ein und versucht, ihm das eigene Motto als Charaktereigenschaft unterzujubeln: „Was der Bauer nicht kennt, frisst er nicht“. In seinen 25 Jahren als „Beobachter alltäglicher Absurditäten“ hat sich bei Kannegieser so einiges aufgestaut, was auch beim Auftritt in Thaleischweiler-Fröschen mittels verworrener Pointen, derben Schenkelklopfern oder auch absonderlicher Wortakrobatik raus musste und vom Publikum dankbar aufgenommen wurde.

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