Pirmasens Der Kapitän geht, der Gärtner kommt

Markus Zwick spricht zu 400 Vertretern aus Politik, Wirtschaft und Gesellschaft.
Markus Zwick spricht zu 400 Vertretern aus Politik, Wirtschaft und Gesellschaft.

Rund 400 Gäste sind erschienen, die jüngsten dürften wohl die beiden Kinder von Markus Zwick sein, der älteste Zuhörer ist Alois Strubel mit stolzen 104 Jahren. Die Festhalle bietet gestern Abend den Rahmen für eine nicht alltägliche Sitzung des Stadtrates. Noch-Oberbürgermeister Bernhard Matheis wird verabschiedet, sein Nachfolger Markus Zwick wird vereidigt und darf sich ab morgen als Oberbürgermeister von Pirmasens bezeichnen. Die beiden Politiker kennen sich lange, Matheis hat Zwick in Position gebracht, da wundert es wenig, dass der neue Mann an der Stadtspitze an die Erfolge des Freundes und Mentors anknüpfen will. Zwick wählt für seine 30-minütige Rede das Bild des Blütemonats Mai. Er will – getreu seinem Wahlmotto –, dass „Pirmasens wieder aufblüht“. Er sagt, dass die Stadt zwar einen harten Winter überstanden habe, aber noch einen weiten Weg vor sich habe, bis „Pirmasens aufblüht wie die Natur im Mai“. Der Gärtner Zwick will vor allem die Felder Wirtschaftsförderung und Stadtentwicklung sowie Soziales und Bildung beackern. Außerdem will er das Image der Stadt verbessern. Um seine wirtschaftspolitischen Vorstellungen zu beschreiben, wählt er fast wortgleiche Formulierungen wie Bernhard Matheis, beispielsweise, wenn es um das Gewerbegebiet „Eichfeld“ geht. Unisono ist da von einem „Filetstück“ die Rede. Zwick setzt genau wie sein Vorgänger große Hoffnung auf das Projekt Schuhstadt und will die Innenstadt beleben. Während Matheis mit dem Pakt für Pirmasens vor allem die Kinder in den Blick genommen hat, lenkt Zwick das Augenmerk auf die Senioren. Er will ein mit dem Pakt vergleichbares Netzwerk für Senioren anstoßen. Außerdem will er Perspektiven und Chancen für Erwachsene aufzeigen, die schon lange ohne Arbeit sind. „Hartz IV als Lebensentwurf vererbt von Generation zu Generation“ dürfe nicht einfach hingenommen werden. Das belaste das Sozialsystem und wirke sich negativ auf die Perspektiven der Kinder und Familien aus. Die Stadt hat seiner Ansicht nach ein Image-Problem – sowohl von innen als auch von außen. Das will er ändern. Dabei setzt er jedoch auf tatkräftige Unterstützung der Pirmasenser: „Dass uns mitunter ein düsteres und trostloses Bild nachhängt, liegt zum Teil auch an uns Pirmasensern selbst – und daran, wie wir über unsere Stadt sprechen.“ Wer die zarten Blüten der aufstrebenden Stadt sehen wolle, könne sie auch erkennen, sagt Zwick und kündigt an, dass die Stadt neue Informations- und Marketingwege beschreiten müsse. Er selbst wolle mit Bürgergesprächen für mehr Transparenz sorgen. Die CDU-Landesvorsitzende und Bundeslandwirtschaftsministerin Julia Klöckner mahnt Zwick, dass er sich an dieser Regierungserklärung messen lassen müsse, bevor sie mit sehr persönlich gehaltenen Worten das Wirken von Matheis würdigt. Sie bescheinigt ihm, dass es wahrlich keine einfache Aufgabe sei, Oberbürgermeister von Pirmasens zu sein – angesichts der Herausforderungen in der Stadt. Der Grüne Hermann Schulze spricht – auf Wunsch von Bernhard Matheis – stellvertretend für die Stadtratsfraktionen. Er ist der einzige, der an diesem Abend (leise) kritische Töne anstimmt. Die Verkehrspolitik kann er so nicht akzeptieren und den von Matheis forcierten vierspurigen Ausbau der B 10 hinterfragt er. Aber sonst findet auch er viele nette Worte für den scheidenden OB. Bernhard Matheis selbst wählt für seinen letzten offiziellen Auftritt als Stadtoberhaupt das Bild eines Schiffes. Pirmasens vergleicht er mit einem Passagierdampfer, der vor einiger Zeit in schwere See geraten sei und dabei „nicht unerheblich beschädigt“ wurde. Er lässt keinen Zweifel aufkommen, dass er der Kapitän ist, der in dieser Zeit auf dem Deck steht. Allerdings lobt er auch die Mannschaft im Maschinenraum. Bei der „Generalüberholung der MS Pirmasens“ habe es auch tatkräftiger Unterstützung von außen bedurft. Matheis erinnert an Funksprüche nach Mainz und Berlin. Der CDU-Politiker, der in wenigen Tagen 64 wird, ist überzeugt, dass das Schiff auf dem richtigen Kurs ist, dennoch führe die MS Pirmasens noch viel Ballast mit sich: „Die Lecks wurden mit großer Anstrengung gestopft. Aber es ist noch jede Menge Wasser im Rumpf.“ Zum Schluss sagt Matheis: „Es war mir eine Ehre, Oberbürgermeister von Pirmasens gewesen zu sein.“ Der Kapitän geht von Bord. Markus Zwick übernimmt das Ruder.

x