Pirmasens Das Wirbeln des Windes

91-89973818.jpg

Die kleine Kirche St. Martin mit ihren romanischen Rundbögen und den malerischen Bildern im Altarraum war der ideale Rahmen für ein faszinierend intimes Kammerkonzert: Das Duo Flores gastierte beim Euroclassic-Festival am Samstag in der bis auf den letzten Platz besetzten Kirche.

Flötistin Christiane Meininger, die aus Herrschweiler-Pettersheim bei Kusel stammt, und die ungarische Harfenistin Zsofia Orlishausen verbindet das Interesse an unbekannten Werken. „Wir wollen das machen, was nicht alle machen“, sagt Meininger. Die Vielfalt ihrer Interessen spiegelt sich dabei eindrucksvoll in ihrem Konzertprogramm, das höfische Tänze des französischen Barockkomponisten Jean Philippe Rameau (1683-1764) ebenso umfasst wie Werke von Gabriel Fauré (1845-1924), Claude Debussy (1862-1918), Enrique Granados (1867-1916) und Georges Bizet (1838-1875). Viele Stücke sind ursprünglich für andere Besetzungen geschrieben, die beiden Musikerinnen haben sie neu arrangiert. Zu den Entdeckungen des Abends gehörte die Nocturne op. 20.2 von Henri Brod (1801-1838). Der französische Komponist der Frühromantik, Instrumentenbauer und Oboist verfasst sie für sein Instrument. In der Version von Meininger und Orlishausen entspannen sich bereits am Anfang fesselnde Dialoge zwischen den beiden instrumentalen Hauptdarstellern. Parallel setzten beide mit dem Thema ein, dann übernahm die Querflöte in einem geschmeidig gleitenden, flutenden Spiel mit sehr präziser und doch weicher Intonation das Thema. Die Harfe griff die Flötenmotive in einem echoähnlichen Nachhall auf, als ob der Wind die Melodie nachmurmelt. Dann initiierte die Harfe das nächste Thema. Die helle und doch warm überhauchte Querflöte fiel bei einzelnen Tönen Akzente setzend ein, bevor sie die Melodie übernahm. In diesem Wechselspiel von Querflöte und Harfe entstand eine bezaubernde Plauderei. Dann schlug das Duo einen neckisch-herausfordernden Ton an. Doch das nächtliche Natur- und Stimmungspanorama verfügte über weitere Aspekte: Schwungvoll-markante Themen ebbten immer wieder ab, um in eine zärtlich-melodische Variante einzumünden und sich wie ein ersterbendes Flüstern ins Dunkel zu verlieren. Die Geschichte, die Brods „Nocturne“ erzählt, erhielt eine neue Facette, als das Duo durch seine sorgfältige und nuancenreiche Artikulation Spannungsmomente wie in einem tönenden Relief plastisch hervortreten ließ wie eine menschliche Stimme. Den Farbenreichtum ihrer Flöte entfaltete Meininger in der Elégie für Flöte und Harfe von Johannes Donjon (1839-1912). In der Melodie wurden die im Wind treibenden fallenden Herbstblätter lebendig: Schnelle, fast flirrende Töne standen für das Wirbeln im Wind. Fallende Blätter und sich kräuselnde Wellen – die „Tänze der Natur“ sind das Thema der „Arabesque“ von Debussy, deren kunstvolle Linien Orlishausen in ihrer Harfenversion des für Klavier geschriebene Werks mit der ganzen Klangvielfalt ihres Instrumentes nachzeichnete. Absolute Stilsicherheit zeigten die Musikerinnen im Spagat zwischen kammermusikalischer Intimität und höfischem Zeremoniell bei der Interpretation der Tänze von Rameau, den aparten Harmonien von Gabriel Fauré in seinem Wiegenlied „Sicilienne“, den „Spanischen Tänzen“ von Enrique Granados und in ihrer Bearbeitung der bekannten Séguidille aus Georges Bizets Welthit „Carmen“.

x