Pirmasens „Corona kann auch eine Chance sein“

Johannes Meyerhöfer bei seinem Konzert im August im Rahmen des Pirmasenser Sommerintermezzos vor der Alten Post.
Johannes Meyerhöfer bei seinem Konzert im August im Rahmen des Pirmasenser Sommerintermezzos vor der Alten Post.

Als Pianist ist der Rodalber Johannes Meyerhöfer vielen Menschen in der Region bekannt. Daneben arbeitet er seit Jahren auch als Persönlichkeits-Coach. Beim Coaching geht es darum, eine seelische und körperliche Balance sowie konstruktive Lösungen für die Herausforderungen des Lebens zu finden. Und was hat das mit Corona zu tun?

Durch das Corona-Virus befinden wir uns momentan alle in einer besonderen Situation. Auch wenn die aktuelle Krise viele Herausforderungen für uns bereithält, bin ich mir sicher, dass wir sie auch als Chance sehen und sie positiv nutzen können.

Manchmal wirkt es vielleicht so, als ob wir als Individuen auf das Geschehen in unserer Gesellschaft und in der Welt keinen wirklichen Einfluss hätten. Doch die Pandemie führt uns direkt vor Augen, wie das Verhalten jedes Einzelnen miteinander zusammenhängt und sich zu einer gemeinsamen Realität zusammenfügt: Ein Virus wird von Person zu Person, also in einem äußerst kleinen Rahmen, übertragen. Unter bestimmten Bedingungen kann es sich exponentiell weiterverbreiten, dabei kulturelle und nationale Grenzen überschreiten und schließlich sogar global wirksam werden.

Wie mit Gefühlen umgehen?

Ich frage: Kann eine solche Dynamik nicht auch durch einen kreativen Impuls, eine positive Emotion oder eine inspirierende Idee in vergleichbarer Art und Weise angestoßen werden? Im ersten Lockdown habe ich dazu ein Projekt gestartet mit dem Namen „Pandemic of the Arts“ (#pandemicofthearts), bei dem künstlerische Beiträge in sozialen Netzwerken gepostet werden können. Es soll die Eigendynamik einer Pandemie widerspiegeln, sichtbar, fühlbar und erlebbar machen – jedoch auf eine kreative, schöne und inspirierende Weise. Diesen positiven Transfer zu machen und in die öffentliche Wahrnehmung zu bringen, halte ich – egal in welcher Form – für sehr wertvoll.

Die Corona-Pandemie stellt uns gerade vor die Frage, wie wir unsere körperliche Gesundheit sicherstellen können. Doch auch unser psychisches Wohlbefinden spielt eine große Rolle. Bei vielen Menschen kommen gerade starke Emotionen wie Angst, Frustration und Wut hoch, die in Zusammenhang mit der aktuellen Lage stehen oder von ihr getriggert werden. Das ist in einer solchen Ausnahmesituation kein Zufall. Die entscheidende Frage für mich ist jedoch, wie wir mit diesen Gefühlen umgehen können. Was können wir tun, um für unser emotionales Gleichgewicht zu sorgen?

Im Kontakt mit sich selbst

Entscheidend ist dabei aus meiner Sicht der Umgang mit sich selbst. Auf äußere Faktoren haben wir nicht immer Einfluss. Doch unser inneres Erleben, die Art und Weise, wie wir auf Geschehnisse reagieren und wie wir Situationen beurteilen, können wir beeinflussen. Wenn wir lernen, unsere Gefühle klarer wahrzunehmen und unseren Körper gut zu spüren, können wir uns in Stress-Situationen leichter in Balance bringen, auch in chaotischen Umständen einen klaren Kopf bewahren und uns konstruktiv miteinander austauschen. Ähnlich wie das Spielen eines Musikinstruments lässt sich auch das mit Hilfe unterschiedlicher Methoden, Techniken und Übungen trainieren. Es ist leichter, als man denkt. Damit ist es sogar möglich, positiv auf unsere gesundheitliche Grundverfassung einzuwirken, wie ich aus eigener Erfahrung bestätigen kann.

Unser Verhalten und unsere Entscheidungen sind nicht unabhängig von unseren Emotionen, sondern oft wesentlich davon beeinflusst. Macht es da nicht Sinn, Fertigkeiten für einen bewussteren und natürlicheren Umgang damit zu entwickeln? Emotionen sind aus meiner Sicht, wie auch der Verstand, gewissermaßen ein hochintelligentes Messinstrument. Ich glaube, wenn wir es schaffen, eine Brücke zwischen Verstand und Gefühl, zwischen Kopf und Körper zu bauen, können wir unser individuelles und gesellschaftliches Potenzial viel umfassender und gezielter nutzen.

Auch Kreativität kann ein Schlüssel zu mehr Kontakt mit sich selbst sein. Vom aktuell wirtschaftlich so erschütterten Kulturbetrieb können wir als Gesellschaft viel lernen. Künstlerischer Ausdruck in seiner ganzen Vielfalt ist nämlich nicht nur ein nettes Extra, sondern entspringt meiner Ansicht nach einem tieferen Grundbedürfnis. Musik und Kunst faszinieren uns gerade deshalb so, weil sie tiefere Dimensionen in uns und im Leben eröffnen und erfahrbar machen.

Was wir wirklich wollen

Es geht dabei nicht um reine Funktionalität, sondern um etwas, das darüber hinausgeht. Etwas, das frei von Bewertung ist, das berührt und Freude macht. Durch die Emotionen, die dabei ausgelöst werden, können wir uns selbst spüren. Wir können hörend, sehend und fühlend genießen und damit einen körperlich-sensorischen Ausgleich zu unserem häufig kopflastigen Alltag schaffen. Könnte eine kreativere Herangehensweise vielleicht auch für andere Bereiche unseres Lebens eine Bereicherung darstellen?

Die Corona-Zeit zeigt doch, dass jeder von uns ganz individuelle Bedürfnisse, Sorgen und Wünsche hat und dass wir letztendlich alle aufeinander angewiesen sind. Ich glaube, die aktuellen Herausforderungen durch die Pandemie sind eine große Chance für uns. Sie können uns dabei helfen, wieder einen frischen Blick auf uns und die Welt um uns herum zu gewinnen. Wenn sich gewohnte Abläufe ändern und Sicherheiten wegfallen, kann uns das die Freiheit eröffnen, wieder neu zu entscheiden, was wir wirklich wollen, und dafür kreative Lösungen zu entwickeln. Wir können die Zeit jetzt nutzen, um mehr mit uns selbst in Kontakt zu kommen und Prozesse in Gang setzen, die unser Leben erleichtern, es bereichern und ein schönes Miteinander ermöglichen. Eines, das funktioniert und sich gut anfühlt.

x