Pirmasens Besucher aus der Zukunft des Jazz

Das international renommierte Jazz-Festival „Au grès du Jazz“ im elsässischen La Petite Pierre geht in seiner zwölften Auflage neue Wege. Nach großen Publikumserfolgen mit Stars wie Goran Bregovic, Youn Sun Nah oder Taj Mahal wollen sich die Organisatoren in diesem Jahr auf ihre Wurzeln besinnen und „Nachwuchsstars voller Esprit“ präsentieren. Das Festival soll zum Forum für Neuentdeckungen werden, wobei Jazz-Veteranen im Programm nicht fehlen und von den jungen Talenten viele schon mit arrivierten Stars gearbeitet haben.

Start ist am Donnerstag, 7. August, mit dem sardischen Trompeter Paolo Fresu, dem nachgesagt wird, er spiele wie Miles Davis in den 50er Jahren. Fresu kommt mit dem kubanischen Pianisten Omar Sosa auf die Bühne im Innenhof des Schlosses von La Petite Pierre. Sosas Musik kann als Ausdruck seiner Spiritualität gewertet werden, die er als Anhänger der kubanischen Religion Santeria lebt. Sosa und Fresu spielen bereits seit 2007 bereits zusammen und haben zuletzt mit Jaques Morelenbaum vor zwei Jahren das Album „Alma“ veröffentlicht. Am folgenden Freitag kommt mit Roberto Fanseca ein weiterer kubanischer Pianist zu dem Festival in den Vogesen. Fanseca hat oft den legendären Rubén Gonzales bei Konzerten des Buena Vista Social Club vertreten und wird als kommender Weltstar gehandelt. Der 1975 geborene Pianist hat auch optisch etwas zu bieten und arbeitet nebenher als Model für eine französische Modemarke. Das Konzert in La Petite Pierre bestreitet er zusammen mit der jungen und hübschen Gitarristin Fatoumata Diawara, die bereits mit Größen wie Herbie Hancock zusammen gearbeitet hat. Der Samstag, 9. August, bietet bei „Au grès du Jazz“ immer zwei Konzerte. Um 17 Uhr ist der Schlosshof Bühne für den argentinischen Tango von Daniel Melingo. Der 1957 geborene Sänger kam über den Rock zum Tango. Seine Musik wird von seiner tiefen, rauen Stimme und seiner Klarinette bestimmt. In La Petite Pierre wird er begleitet von einem Gitarristen. Gegen 21 Uhr folgt der Nigerianer Keziah Jones mit seiner Musik, die er selbst als „Blufunk“ bezeichnet. Sein perkussives Gitarrenspiel ist vom Rhythmus geprägt und soll nach eigener Aussage von Jimi Hendrix beeinflusst sein. Der Festivalsonntag, 10. August, bringt zwei große Neuentdeckungen in den Schlosshof der historischen Burganlage von La Petite Pierre. Gegen 17 Uhr spielt der Franzose Piers Faccini seine Mischung aus US-amerikanischem Blues mit malischen Melodien und Songs britischer Größen wie Nick Drake. Der 1970 in London als Kind britisch-italienischer Eltern geborene Musiker kann als Referenz bereits auf eine Kooperation mit dem libanesischen Trompeter Ibrahim Maalouf verweisen. Spannend wird der Sonntagabend, wenn gegen 21 Uhr die Gruppe „Moriarty“ und die Sängerin Christine Salem auftreten. „Moriarty“ ist ein Musikprojekt von Franzosen, die für ihre Musik Anleihen beim Kabarett und Bert Brecht nehmen. Ungewöhnliche Instrumente wie Harmonika und Xylofon prägen die Musik von „Moriarty“, die in La Petite Pierre zusammen mit der kreolischen Sängerin Salem auftreten. Die aus La Réunion stammende Salem ist im Jazz eine feste Größe und bringt die kreolische Musik ihrer Heimat, das einst verbotene Maloya, mit auf die europäischen Bühnen. Die Konzerte am Dienstag und Mittwoch, 12. und 13. August, zeigen weitere junge Talente mit dem „Roy Hargrove Quintett“ am Dienstag, das sich um den US-Trompeter Hargrove gruppiert oder am Folgetag der Auftritt von Thomas Dutronc, der als Gitarrist sich aus dem Schatten des sehr bekannten Musikers und Schauspielers Jacques Dutronc zu spielen versucht. Neben dem Jazz hat Thomas Dutronc auch mit Popsängern wie der Chanteuse Zaz gearbeitet. Ein Nachfolger der Jazzlegende Django Reinhardt wurde für den Donnerstag, 14. August, in La Petite Pierre erwartet. Bireli Lagrene war mit seinem Quartett bereits bei früheren Ausgaben des Festivals zu hören. Der 1966 im elsässischen Soufflenheim geborene Lagrene kommt aus einer musikalischen Familie und kann auf Auftritte mit Größen wie Al di Meola oder John McLaughlin verweisen. Ein experimentierfreudiger Kontrabassist wird mit Renaud Garcia-Fons am folgenden Freitag erwartet und anschließend tritt mit „The Cookers“ eine Gruppe von Jazz-Veteranen auf, die Standards spielen werden, die bei einem Festival wie La Petite Pierre auch nicht fehlen dürfen. In der sechsköpfigen US-Band sind so bekannte Namen wie David Weiss an der Trompete oder Billy Harper am Saxofon vertreten. Interessante Kombinationen pflegt der französische Pianist Michel Portal, der am Samstag, 16. August, gegen 17 Uhr im Schlosshof spielen wird. Der 1935 geborene Musiker ist sowohl im Jazz als auch sinfonisch als Interpret Neuer Musik unterwegs. Unter anderem ist Portal als Interpret von Pierre Boulez oder Karlheinz Stockhausen bekannt, schaffte es aber auch als Begleiter von Edith Piaf zu arbeiten. In La Petite Pierre spielt er zusammen mit dem 34-jährigen Akkordeonisten Vincent Peirani. Ein weiteres Multitalent am Samstag folgt gegen 21 Uhr mit dem Israeli Avishai Cohen. Der 1970 geborene Bassist mischt musikalische Traditionen des Nahen Ostens mit hebräischer Musik und Jazz. Neben Kooperationen mit Chick Corea machte Cohen auch Ausflüge in die Pop-Musik und arbeitete mit Stars wie Alicia Keys zusammen. Den Schlusspunkt setzt ein Bluessänger mit einer Baritonstimme, die ihresgleichen sucht. Der Kalifornier Gregory Porter mischt Elemente des Gospel mit Blues und pflegt eher die leiseren Töne. Ein Kritiker der „New York Times“ schrieb über ihn: „Gregory Porter besitzt das meiste von dem, was man sich bei einem Jazzsänger wünscht, und vielleicht noch ein paar Dinge, von denen man gar nicht wusste, dass man sie sich wünscht.“ (kka)

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