Panorama Mafia-Verdacht: Mitglieder einer Großfamilie im Raum Koblenz festgenommen
In einer großangelegten Razzia in mehreren europäischen Ländern ist Ermittlern am Mittwoch ein Schlag gegen die italienische Mafia gelungen. Alleine auf Antrag der Staatsanwaltschaft Koblenz sind zehn Beschuldigte im Alter zwischen 25 und 46 festgenommen worden. Im Zentrum steht nach Angaben der Strafverfolger eine italienische Großfamilie kalabresischen Ursprungs, deren Mitglieder sich unter anderem im Raum Mayen und Koblenz niedergelassen haben. Das teilten das rheinland-pfälzische Landeskriminalamt und die Staatsanwaltschaft Koblenz am Mittwochmittag in einer gemeinsamen Mitteilung mit.
Sie sollen Mitglieder der berüchtigten italienischen Mafia “Ndrangheta sein. Ihnen wird zur Last gelegt, als Bande gewerbsmäßig Betrugsstraftaten begangen zu haben. Den Beschuldigten wird unter anderem Geldwäsche, bandenmäßige Steuerhinterziehung, gewerbsmäßiger Bandenbetrug sowie Rauschgiftschmuggel vorgeworfen. Den Erkenntnissen nach haben sie in Deutschland, namentlich auch in Rheinland-Pfalz, ein Geflecht aus Schein- und Briefkastenfirmen, eine Logistik bestehend aus Lagerhallen und Transportunternehmen sowie eine personelle Arbeitsstruktur aufgebaut. Diese Strukturen wurden nach dem Ergebnis der Ermittlungen auch genutzt, um Straftaten zu begehen.
Zwei Jahre ermittelt
Zwei Jahre dauerten den Angaben nach die Ermittlungen, die mit vielen Strafverfolgungsbehörden im In- und Ausland eng abgestimmt waren. Beteiligt daran waren Europol und Eurojust. 500 Einsatzkräfte der rheinland-pfälzischen Polizei haben eine Vielzahl von Wohnungen und Gewerbeimmobilien in Mayen, Koblenz, im Landkreis Mayen-Koblenz, im Westerwaldkreis, in Bonn, Wuppertal, Dortmund, im Kreis Kelheim (Bayern) und in Baden-Baden durchsucht. 57 Objekte wurden durchsucht. Sechs Beschuldigte wurden in Deutschland festgenommen, vier Festnahmen erfolgten zeitgleich in Italien. Derzeit laufen die gerichtlichen Vorführungen der in Deutschland Festgenommenen beim Amtsgericht Koblenz, das nunmehr über die Anordnung der Untersuchungshaft zu entscheiden hat. Die in Italien festgenommen Beschuldigten sollen nach Deutschland überstellt werden.
„Deutschland darf sich nicht zu einem Rückzugsgebiet für mafiose Strukturen entwickeln. Der vorliegende Fall zeigt, dass internationale, organisierte Kriminalität nur durch grenzüberschreitende, enge Zusammenarbeit der Strafverfolgungsbehörden erfolgreich bekämpft werden kann.“, sagt Mario Mannweiler, Leitender Oberstaatsanwalt der Staatsanwaltschaft Koblenz.
Wer ist die 'Ndrangheta?
Der Begriff 'Ndrangheta stammt aus dem Griechischen und bedeutet etwa Mut oder Treue. Die Mafia-Organisation soll sich in den 1860er Jahren gegründet haben, als eine Gruppe Sizilianer von der italienischen Regierung von der Insel verbannt wurde.
Die 'Ndrangheta hat auch in Deutschland ein festes Standbein. Clans der Organisation waren etwa für die Mafia-Morde von Duisburg verantwortlich, bei denen 2007 sechs Menschen vor einer Pizzeria erschossen wurden.
Sie dominiert den internationalen Drogenhandel, verdient ihr Geld aber auch mit Waffenhandel, Geldwäsche und durch Korruption. Ihren Umsatz schätzen manche Experten auf mehr als 100 Milliarden Euro. Es gibt rund 160 Clans in Kalabrien mit schätzungsweise 6000 Mitgliedern.