Über den Kirchturm hinaus Woher kommt die Beliebtheit des Lieds „Layla“?

Bernhard Braun
Bernhard Braun

Das Frauenbild, das das Lied „Layla“ vermittelt, ist sexistisch, obszön und geschmacklos, sagt Pfarrer Bernhard Braun.

Ein Lied macht seit geraumer Zeit Schlagzeilen. Layla. In dessen Text berichtet der Erzähler von einem Mann, der ein Bordell besitzt. Er schwärmt von seiner Puffmutter namens Layla, die „schöner, jünger, geiler“ sei. Er stellt sie dem Erzähler vor, und tatsächlich findet auch dieser die Frau wunderschön. Deutsche Dichter haben schon sehr anspruchsvolle, berührende und kostbare Werke der Poesie verfasst. Dieses Lied ist jedoch nicht die leuchtendste Kerze im Kronleuchter deutscher Dichtkunst. Trotzdem erstürmt das Lied die Charts und schlägt alle Verkaufsrekorde.

Zum Teil haben dazu die öffentliche Kritik und Aufführungsverbote beigetragen. Diese bewirken ja, wie schon so oft zu beobachten, gerade das Gegenteil. Ich selbst hätte dieses Lied wahrscheinlich nie bewusst wahrgenommen, wäre es nicht unbeabsichtigt so beworben worden.

Mit knallvoller Rübe mitgrölen

Wie gesagt: der Text ist, um es mal positiv auszudrücken: sehr einfach gestrickt. Die Melodie eine eingängige Abfolge von Noten. Das macht es natürlich äußerst geeignet, das Lied auch mit knallvoller Rübe am Ballermann und auf Volksfesten noch mitgrölen zu können.

Die Kritik an dem Lied entzündet sich jedoch nicht an dem anspruchslosen Text und der Melodie, sondern am Inhalt. Das Frauenbild, das Layla hier vermittelt, ist sexistisch, obszön und geschmacklos.

Viele Menschen verunsichert

Also stellt sich nochmals die Frage: Wie kommt ein solches Machwerk zu solcher Beliebtheit? Für mich habe ich eine eigene Theorie: Es ist eine Antwort der schweigenden Mehrheit auf eine Entwicklung unserer Zeit, die als „Cancel Culture“ bekannt ist. Die Vertreter dieser Denkweise, die Rassismus, Frauenfeindlichkeit, Homophobie, Kriegsverherrlichung et cetera berechtigterweise kritisieren, aber dann den sozialen Ausschluss der Kritisierten fordern. Sie haben sich allzu sehr selbst als die Gutmenschen dargestellt, die moralisch erhabener und tugendhafter sind als andere. Viele Menschen sind dadurch verunsichert: Was darf ich noch sagen und was nicht? Die politisch korrekte Antwort ist ebenfalls einem ständigen Wechsel unterworfen. Auch die Genderdiskussion unserer Zeit ist so gekennzeichnet. Das macht eine sachliche Diskussion faktisch unmöglich.

Und nun dieses Lied! Kann es nicht sein, dass das die Rache derer ist, die sich moralisch herabgesetzt sehen? Dass sie nun übertreiben und provozieren? Und irgendwie scheint es auch zu funktionieren.

Der Autor

Bernhard Braun, katholischer Pfarrer in Deidesheim

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