Neustadt Wo der geistliche Herr in Familie machte

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St. Martin. Malerische Fachwerkhäuser und rebenberankte Torbögen aus Renaissance und Barock finden sich zahlreich in St. Martin. Einer der beeindruckendsten Bauten steht in der Maikammerer Straße 5/7 und gehört seit Mitte des 19. Jahrhunderts der Familie Schneider. Doch seine Geschichte reicht bis in die Renaissancezeit zurück.

Eigentlich bilden Nummer 5 und 7 ein Gesamtanwesen, das jedoch später durch Einbauten verändert und von den Schneiders in verschiedene Weingüter aufgeteilt wurde. Das Anwesen „Altes Schlösschen in Nr. 7 präsentiert sich dabei von der Straßenseite her eindrucksvoll geschmückt, crémefarben-elegant mit rötlichem Sandstein-Rundbogen über einem Holztor und Gauben. 1587 prangt als Entstehungsjahr am Torbogen. Überliefert ist, dass sich 1581 Johann Christoph Hundt von Saulheim, als Domherr zu Mainz und Speyer eigentlich geistlichen Standes, als „Fürstbischöflich-Speyerer Oberamtmann“ wieder dem weltlichen Leben zugewandt und Christina von Dienheim geheiratet hatte. Er erbaute das Alte Schlösschen auf ehemaligen Besitz des Klosters Eußerthal und brachte an der Fassade sein Familienwappen an, drei Halbmonde und Stern derer, dazu den Löwen derer von Dienheim sowie das Wappen einer späteren Ehefrau aus der Familie Partenheim. Einige der Hauswappen stammen eigentlich von einem Erker, der heute nur noch am Sockelprofil zu erkennen ist. Rechteckige Fenster werden im Obergeschoss stichbogig durch Stein umrahmt und malerisch mit alten Holzklappläden verschlossen. Die überbaute Zufahrt von 5 und 7 stellt zwei durchlaufende Geschosse her, wo früher nur Hofeinfahrt mit Mauer war. Erst wer den Hof betritt, sieht die zwei beeindruckenden Schlosstürme aus den Jahren 1587 und 1591 mit neu gedeckten Zeltdächern, in denen sich die Spindeltreppen mit ihren ausgetretenen Stufen nach oben winden. Die Türöffnungen werden von Pilastern flankiert. Dass früher eine Mauer den Hof teilte, weist darauf hin, dass das Anwesen schon früh geteilt bewohnt wurde. Das Wohngebäude Nr. 5 wendet seinen Giebel zur Maikammerer Straße. Hier steht an der Straßenseite noch der kunstvolle Erker auf einen Wandpfeiler gestützt. An den unterschiedlichsten Stellen der Fassaden oder Profilgewände der Fenster tauchen außerdem kleine „Strichmännchen“ auf, die in den Sandstein geklopft wurden. „Das sind Steinmetzzeichen“, erklärt Herbert Schneider und erzählt, dass jeder Steinmetz früher voller Stolz sein Werk auf diese Weise signiert habe. Mindestens fünf verschiedene Steinmetze waren demnach am Alten Schlösschen tätig. Das denkmalgeschützte Objekt umfassend verändern durfte die Familie Schneider nicht, aber erweitern, restaurieren und moderat den Bedürfnissen anpassen. Im Hinterhaus befinden sich Lagerkeller und Kelterhalle des Weinguts. Vom Innenhof führt der Weg direkt in die Büroräume im Erdgeschoss, von denen man in den Verkaufsbereich gelangt. Früher standen hier Pferd und Kuh im Stall. Das Gebäude ist nicht unterkellert. Alle Dielenböden seien im Jahr 1930 vom Vater saniert worden, erinnert sich Schneider. Es hatte sich durch Feuchtigkeit der Hausschwamm eingenistet. Der seitliche Eingang ist vom Parkplatz mit zugekauftem Gelände von der Straßenseite einsehbar und wirkt dezent und modern dank eines verglasten Stahlgerüsts. Im Gebäude jedoch finden sich auch im modernisierten Innenbereich an den unterschiedlichsten Stellen alte Zeugnisse, die allerdings auch aus anderen Gebäuden in der Umgebung. So ist beispielsweise der Durchgang in die Lagerhalle wieder umrahmt von einem alten Torbogen, der etwa so alt sein dürfte wie das „Alte Schlösschen“ selbst. Große Veränderungen plane die derzeitige Generation nicht an den Gebäuden, erklärt Herbert Schneider. Ein jahrelanger Kampf mit der Denkmalpflege um ein Bürogebäude sei zwar endlich positiv entschieden, nun aber für die Kinder nicht mehr interessant.

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