Neustadt Sterne unterm Kuppeldach

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Das Mannheimer Planetarium feiert in diesem Jahr seinen 90. Geburtstag. Am 22. März 1927 ist das erste Kuppelgebäude des Planetariums im Unteren Luisenpark eröffnet worden. Nach dessen Zerstörung im Zweiten Weltkrieg gab es allerdings eine längere Pause, erst 1984 war der Neubau am Europaplatz fertig. Ein großer weiterer Schritt war die komplette technische Erneuerung im Jahr 2015 mit der Einrichtung einer Ganzkuppel-Projektionsanlage.

Es war die Zeit, als Charles Lindbergh zum ersten Mal den Atlantik überflog, die Welt mit Einsteins Relativitätstheorie und der Entdeckung ferner Galaxien durch Edwin Hubble gerade in Astronomie und Physik mit bahnbrechenden Entdeckungen konfrontiert wurde. Da ließen Mannheims fortschrittliche Stadtväter kurzerhand in nur zwei Jahren ein Planetarium bauen. Diese Art des Sternentheaters für ein großes Publikum war damals noch ganz neu. Kaum zwei Jahre zuvor hatte die Firma Carl Zeiss die notwendige Projektionstechnik dafür erfunden, wie Planetariums-Direktor Christian Theis bei der Jubiläumsgala erklärte. In historischen Bildern und Filmaufnahmen des Stadtarchivs aus den 1920er Jahren ließ er im Kuppelsaal das alte Mannheim jener Zeit wieder auferstehen. Auf Fotos war dabei auch das alte Planetarium zu sehen: ein weißer, prächtiger Bau mit antikem Säulenportal und mächtiger Kuppel. 25 Meter Durchmesser habe diese Kuppel, mehr als 500 Plätze der Zuschauerraum gehabt, womit das alte Planetarium deutlich größer gewesen sei als das heutige, merkte Oberbürgermeister Peter Kurz (SPD) in seinem Glückwunsch an. „Es war das erste kommunale Planetarium der Welt.“ Im Kriegsjahr 1943 wurde der Bau durch einen Bombentreffer schwer zerstört, 1953 wurden die Gebäudereste abgerissen. In den 1970er Jahren wurde Professor Heinz Haber mit Wissenschaftssendungen im Fernsehen populär. Der Mannheimer „TV-Professor“ setzte sich auch für den Wiederaufbau des Planetariums ein und sorgte für Bewegung in der Bürgerschaft. „Ohne Heinz Haber würden wir heute kein Jubiläum feiern“, so Kurz. Im Dezember 1984 schließlich konnte der als Pyramide geformte Neubau am Eingang zur Augustaanlage eingeweiht werden. Heute verzeichnet dieser mehr als 100.000 Besucher bei rund 1100 Vorstellungen pro Jahr. Kurz bezeichnete das Planetarium als „Ort des Wissens mit unterhaltender Qualität“. Aber nicht nur äußerlich zeigten sich über die Jahrzehnte deutliche Veränderungen. „Unser Projektor Modell 6 in Hantelform konnte damals 9000 Sterne zeigen“, erinnerte Martin Wiechmann von Carl Zeiss Jena an die Anfangsjahre. 2002 folgte für drei Millionen Euro der kugelförmige Zeiss-Projektor „Universarium IX“ mit seinem nahezu originalgetreuen Abbild des Nachthimmels. Zum Stadtjubiläum 2007 wurde ein erstes, noch provisorisches Ganzkuppel-Videosystem installiert. Im Sommer 2015 folgte ebenfalls für drei Millionen Euro die komplette Erneuerung der Bild- und Tontechnik einschließlich der digitalen Steuerung. Das Projektionssystem Velvet von Carl Zeiss zeige einen enormen Kontrast mit der tiefsten Schwärze in der Darstellung des Weltalls, begeisterte sich Wiechmann. In seinem Vortrag „Die Zukunft der Planetarien“ zollte Björn Voss, Präsident der Gesellschaft Deutschsprachiger Planetarien, der Mannheimer Einrichtung Respekt für deren hohen Standard. Mit der Öffnung für Themen aus anderen Wissenschaftsbereichen, der Etablierung des Planetariums als Lernort für Schüler und dem Angebot kultureller Live-Veranstaltungen sei man auf dem richtigen Weg. Möglich sei in den kommenden Jahren die Verbreitung einer Entwicklung aus den USA. Dort gebe es inzwischen live moderierte Vorführungen, die auf Interaktion setzten und das Publikum miteinbezögen.

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