Neustadt Spannende Farbspiele

Neustadt-Mussbach. Wenn alle auf eine weiße Leinwand schauen und darauf eine tief verschneite Landschaft sehen, dann malt die Phantasie den Anfang einer zauberhaften Geschichte. So geschehen am Samstag im Mußbacher Herrenhof, wo das Figurentheater „Thalias Kompagnons“ das musikalische Märchen „Peter und der Wolf“ aufführte.

Auf der Leinwand des Theatermalers Joachim Torbahn bleibt nichts, wie es ist. Wo eben noch der russische Winter alles bedeckte, sprießt bald frisches Grün ins Bild. Gespannt erlebt das Publikum im Aufführungssaal des gastgebenden Dornerei-Theaters, wie kräftige Pinselstriche die Farben und Formen hervorbringen. Das Schöne dabei: Statt starr zu bleiben, bewegen sie sich weiter – gerade so, wie man es vom Figurentheater kennt. Und doch ist alles anders: Zur Musik von Sergej Prokofjev lässt der flinke Maler die Katze durch Peters Garten schleichen und den kleinen Vogel darüber fliegen, indem er die leuchtenden Wasserfarben unterschiedlich einsetzt: So tupft er sie mit den Fingern als Samtpfoten in die Bildfläche. Oder der Vogel flattert hinauf in die Baumkrone, sodass die Zuschauer noch seine wirbelnde Flugbahn sehen können. Joachim Torbahn weiß um die Zauberkraft seiner Bilder: „Ich lasse ein gefährliches Tier ganz plötzlich auftauchen“, sagt er, als der Wolf auf der Bildfläche erscheint. Noch wirkt das Tier in der Ferne klein und harmlos. Kaum hat der malende Figurenspieler den Schwamm ergriffen, da ist der Wolf schon wieder „abgehauen“. Das hat etwas Magisches. Fast wird Torbahn zum Zauberer, der Figuren hervorbringt und nach Belieben wieder verschwinden lässt. Eben hat er den Wolf weggeschickt, da holt er ihn mit dicken Farbstrichen umso mächtiger ins Bild zurück. Die eifrigen Zuschauer dürfen mitgestalten: „Du hast die Zähne vergessen!“ Und schon trägt der Wolf eine scharfe Zahnreihe im Maul. Mal mit feinen, mal mit breiten Pinselstrichen gelingt es Torbahn, sein junges Publikum in diese farbenfrohe Welt hineinzuholen. Spannend unterstreicht die Musik von Prokofjev das Erscheinen und Tun der Tiere. Als weiteres überzeugendes Ausdrucksmittel kommen Gestik und Mimik des Darstellers hinzu. So finden Malerei, Musik und Theater auf originelle Weise zusammen. Bestimmt hat noch niemand zuvor gesehen, wie mit wilden Pinselstrichen eine Ente vom Wolf verschlungen wird. Sogar der Darsteller betrachtet entgeistert, was er selbst gerade gemalt hat. Nachdem er die Bildfläche kurzerhand umdreht, fließt ein Farbrinnsal herab und verwandelt sich in Peters Seil. Um den Wolf damit zu fesseln, zieht Torbahn mit seinen Fingern unzählige Schlingen in die Farbfläche. So bleibt sein Bild bis zuletzt in Bewegung. Die Ideen scheinen dem Maler nie auszugehen. Kein Wunder, dass die Zuschauer bis zum letzten Augenblick gebannt verfolgen, wie alle Figuren nochmals entstehen, um gemeinsam ins Museum zu wandern. Aber wer weiß, ob sie dort nicht einfach weiter spielen.

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