Neustadt „Schnulzen“ mit Tschaikowsky

Neustadt-Mussbach. Zur Zeit befinden sich die jungen Leute des 2013 von Fritz Burkhardt gegründeten Jugendsinfonieorchesters Neustadt noch im Probenfieber, am Samstagabend schlägt dann im Saalbau die Stunde der Wahrheit. Mit ganz besonderer Spannung wird der Auftritt der Neustadter Geigerin Leonie Flaksman erwartet. Die 19-Jährige, die im Frühjahr ihr Abitur im Kurfürst-Ruprecht-Gymnasium abgelegt hat und mittlerweile an der Musikhochschule Freiburg Violine studiert, wird beim 2. Jugendkonzert der Greve-Stiftung den Solopart im berühmten Violinkonzert von Tschaikowsky übernehmen.

Leonie, Du stammst aus einen sehr musikalischen Familie, Deine Eltern sind beide Berufsmusiker. Welche Rolle spielte das für Dich?

Ja , ich bin mit der Musik aufgewachsen, wurde von Kindesbeinen an von meinen Eltern ideell und wirtschaftlich unterstützt. Vor allem meine Mutter hat mich intensiv gefördert, mich in „Durchhänger-Phasen“ ohne übertriebenen Ehrgeiz immer wieder aufs richtige Gleis gesetzt. Auch durfte ich schon früh Orchestererfahrung sammeln, bin mit 14 im Landesjugendorchester gelandet und spiele seit 2011 im Bundesjugendorchester. Wie kamst Du zu dem Solo-Part? Unser Dirigent Fritz Burkhardt, der im letzten Jahr das Orchester als Sammelbecken für junge, begabte Instrumentalisten aus der Region ins Leben gerufen hatte, fragte mich als Orchestermitglied und Konzertmeisterin, ob ich bereit wäre, den Solo-Part zu übernehmen. Ihm schwebte zunächst das Dvorák-Konzert vor – wir entschieden uns schließlich für Tschaikowsky. Zumindest den 1. Satz daraus hatte ich bereits als Solistin bei einem Klassikfestival meines Vaters in Ascoli Peceno an der Seite eines international zusammengewürfelten Jugendorchesters gespielt. Wie klappt das Zusammenspiel mit Orchester und Dirigent? Natürlich hat man unterschiedliche Interpretationsvorstellungen und ist bemüht, sich gegenseitig anzunähern. Das Orchester reagiert sehr flexibel auf meine Wünsche. Das heißt, wenn ich zum Beispiel eine Passage leiser oder schneller möchte, wird das prompt umgesetzt. Allerdings habe ich verstanden, dass man seine Ansage lieber vorher machen sollte, dann gibt es weniger Missverständnisse. Was reizt Dich besonders an Tschaikowsky? Er zählt zu meinen absoluten Lieblingskomponisten. Seine Musik ist sehr romantisch, da kann man gut „schnulzen“. Auch enthält das Konzert interessante virtuose Passagen. Eine zuweilen melancholische Stimmung verbreitet der langsame 2. Satz mit seiner wunderbaren Harmonik – eine wahnsinnig vielfältige Musik. Bleibt beim vielen Üben denn noch Zeit für andere Hobbys? Als Profimusikerin ist es ganz wichtig, andere Dinge zu tun. Dieser Meinung ist auch meine Professorin. So genieße ich wie alle anderen das Studentenleben in Freiburg, nehme an Freizeiten – wie neulich in einer Schwarzwaldhütte – teil oder übe mich im „Massenzappeln“ [Damit ist die Teilnahme am Sportangebot der Uni gemeint, Anmerkung der Redaktion]. Man wird also als Klassik-Fan nicht zwingend zum Außenseiter? Nein, in meinem Falle nicht, aber das hängt wahrscheinlich vom Typ ab. So fühle ich mich zum Beispiel im Pop-Bereich genauso wohl, gehe gerne in die Disco, bewege mich in unterschiedlichen Freundeskreisen. Denn was nutzt es mir, wenn ich fanatisch bin, den ganzen Tag nur übe, später vielleicht eine Riesenkarriere mache, um schließlich festzustellen, dass ich nicht wirklich glücklich bin. Dennoch bin ich naturgemäß mit vielen musikalisch Gleichgesinnten befreundet und teile mit ihnen die Liebe zur klassischen Musik. Musizierst Du viel mit der Familie? Vor allem mit meiner zwei Jahre älteren Schwester Clara, die zur Zeit Klavier in Köln studiert, habe ich vom frühesten Kindesalter an musiziert. Zusammen mit meiner Mutter, die Cellistin ist, haben wir das Flaksman-Trio gegründet, mit dem wir schon Auftritte hatten. Das Schöne am Musizieren in der Familie ist: Man braucht nicht viel zu reden, sondern spürt sofort, dass man die gleiche musikalische Einstellung hat.

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