Neustadt Im Dornröschenschlaf

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Sieben Hektar groß ist die Fläche, die der Neustadter Verschönerungsverein ab 1892 als Park am Nollenkopf anlegte. Von der früheren Bausubstanz ist noch einiges vorhanden: Zum Beispiel zwei Gedenksteine, einer 1893 vom Verschönerungsverein errichtet, der andere 1896 von Badenern, die in Neustadt lebten, zu Ehren ihres Großherzogs Friedrich I. Auch eine Skulptur des Waldgottes Sylvanus aus Muschelkalk steht noch. Sie stammt von 1918/19 und wurde 2004 bei einer öffentlichen Aufräumaktion wiederentdeckt. Anika Wiemers aus Heuchelheim bei Frankenthal hat die Anlage, die nach 1945 in Vergessenheit geraten war, durch einen Lehrbeauftragten der Hochschule Geisenheim kennengelernt. Dort studiert die junge Frau Landschaftsarchitektur. Der Lehrbeauftragte schlug ihr die Axtwurfanlage in Neustadt als Thema für die Bachelorarbeit vor. Inzwischen ist die Studie abgeschlossen. Es geht darin um die historischen Grundlagen und ein mögliches Entwicklungskonzept für die Fläche. Die Wiederbelebung einer so stadtnahen und doch verborgenen Anlage wäre aus Sicht der Studentin ein sehr vielversprechendes Projekt. Förster Jens Bramenkamp, für den Nollenkopf als Revierleiter zuständig, hält das aber für schwierig: „Die Natur hat sich zurückgeholt, was der Mensch künstlich angelegt hat.“ Der Aufwand wäre finanziell und von den Eingriffen her erheblich. Denn es wäre mit der Wiederanlage beziehungsweise Neuanlage ja nicht getan. Bedacht werden müsse auch die dauerhafte Pflege. Ähnlich äußert sich Klaus Hünerfauth von der Unteren Naturschutzbehörde der Stadtverwaltung: Die von Wiemers ins Spiel gebrachten Neupflanzungen seien wegen der stetigen massiven Naturverjüngung des Geländes nicht erforderlich. Veränderungen am Bestand hätten stets gewisse Auswirkungen auf die Lebensbedingungen für Tiere und die Standortbedingungen für Pflanzen. Das sei zwar oft gewollt oder werde zumindest in Kauf genommen. „Entscheidend ist aber, dass die Bilanz in der Summe zu keiner Verschlechterung in der Natur führt“, sagt Hünerfauth. Eine Wasserzuführung für den Brunnen und den früheren Teich wäre seiner Meinung nach durchaus wünschenswert. Dafür wäre ein Anschluss an das öffentliche Leitungsnetz nötig. Hünerfauth denkt, dass es sinnvoll wäre, Vorschläge von Bürgern einzuholen. Eine offizielle, breit angelegte Bürgerbeteiligung hingegen erscheint ihm vom Aufwand-Nutzen-Verhältnis wenig sinnvoll. Bürgerbeteiligung im Sinn von aktivem ehrenamtlichem Einsatz unter fachlicher Anleitung sei natürlich gerne gesehen. Bereits jetzt werde die Anlage immer wieder von Bürgern ehrenamtlich gesäubert. Ein starker Förderverein würde die Chancen einer „Auferstehung“ des Parks erhöhen, glaubt Förster Bramenkamp. „Ich halte es für zwingend erforderlich, sowohl die Anlieger als auch die übrigen Neustadter Bürger ins Boot zu nehmen und nach der Notwendigkeit eines Parks zu fragen“, sagt er. Begrüßt würde eine Aufwertung von der Unteren Denkmalschutzbehörde. „Dass dabei ein Hauptaugenmerk auf dem Erhalt und der teilweisen Wiederherstellung baulicher Bestandteile liegt, ergibt sich zwingend aus der Bedeutung des Areals“, sagt Denkmalpfleger Stefan Ulrich. Aber auch gegenüber neuen künstlerischen Akzenten sei die Denkmalbehörde aufgeschlossen. Im Vergleich zu anderen städtischen denkmalgeschützten Liegenschaften räumt Ulrich der Axtwurfanlage angesichts der beschränkten Finanzmittel aber keine hohe Priorität ein. Gleichwohl sei man bestrebt, zumindest den Status quo zu halten. Ein weitergehender Schutz oder gar eine Rekonstruktion einzelner Bestandteile wäre nur innerhalb eines Gesamtkonzepts umsetzbar. Klaus Hünerfauth zufolge sollte man die Sache letztlich „vom Ende her denken“: Welches Leitbild beziehungsweise welches Waldbild soll langfristig angestrebt werden? Ob Mittel für einen Park zur Verfügung stehen könnten, sollte politischen Entscheidungsträgern überlassen werden. Doch egal, wie groß die Skepsis auch sein mag: Aus touristischer Sicht sei die Axtwurfanlage eine Besonderheit – ein schöner Park mit historischen Wurzeln, fast Jens Bramenkamp zusammen. |ain

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