Neustadt Hertie: Weigel zweifelt nicht

Das Hertie-Gebäude gestern: nackt und ohne die Spindel zum Parkdeck.
Das Hertie-Gebäude gestern: nackt und ohne die Spindel zum Parkdeck.

Diskussionsforen des Gewerbevereins Willkomm – das waren früher öffentliche Abrechnungen mit der Kommunalpolitik, vor allem durch die Vertreter des Handels. Am Montagabend im Achat-Hotel hingegen waren es interessante Einblicke zu Projekten, die Oberbürgermeister Marc Weigel in den kommenden Monaten angehen will. Der Freie Wähler betont stets, dass vieles unter dem Vorbehalt einer Zustimmung des Stadtrates stehe, der am 26. Mai neu gewählt wird. „Ich weiß heute nicht, wie die Mehrheitsverhältnisse sein werden. Und egal, wie es kommt, können wir nur gemeinsam Neustadt voranbringen“, so Weigel, der deshalb nicht so viel verraten wollte. Fragen aus dem Zuschauerraum wich er aber nicht aus. Hertie Der Oberbürgermeister ist fest davon überzeugt, dass der Investor Devello an seinem Projekt festhält: „Alle Gespräche, die wir führen, sind stets zielführend und konstruktiv.“ Man habe sich erst jüngst getroffen, um die Außengestaltung im Detail zu besprechen. Der Eröffnungstermin Frühjahr 2020 werde nicht zu halten sein, weil mit dem Verlust des Hauptmieters Moses Planungen verändert werden müssten. Er sei sich aber sicher, dass rechtzeitig vor Weihnachten 2020 die Eröffnung anstehe. „Ich bin froh, dass Devello in Bottrop Schiffbruch mit Moses erlitten hat, weil bei uns jetzt noch umgesteuert werden kann“, so Weigel. Devello habe bereits so viel Geld in Neustadt gelassen, dass er ein Scheitern des Projektes für ausgeschlossen halte. Dass noch nicht alle Folgeaufträge an den Generalunternehmer d&b-Bau erteilt seien, müsse nicht beunruhigen. Das hänge mit künftigen Mietern zusammen, denen Devello Änderungswünsche einräume. Klemmhof Um die weitere Sanierung der Gewerbe-Einheiten des Klemmhofes in Gang zu bringen, bedürfe es eines einstimmigen Beschlusses der Eigentümerversammlung. „Für mich heißt das, absolute Harmonie unter den Eigentümern herstellen oder dafür sorgen, dass es nur noch öffentliche Eigentümer mit der Stadt, der Sparkasse und der Wohnungsbaugesellschaft gibt“, sagte Weigel. Was er nicht sagte, was aber offenkundig wurde: Es laufen Gespräche mit den privaten Kleineigentümern, denen die Stadt ihre Wohnungen, Gewerbeflächen oder Stellplätze abkaufen will. Erst in einem zweiten Schritt könnten „hochfrequentierte Einheiten der Verwaltung“ dort einziehen. Die Pläne stünden auch im Zusammenhang mit dem Plan, das ehemalige Finanzamt (Lescot-Gebäude) in der Konrad-Adendauer-Straße vom Land zu kaufen. „Das muss gelingen, allein wegen der 60 Parkplätze im Hof in zentraler Lage“, so Weigel. CoFactory „Neustadt ist viel kreativer als sein Image“, sagte Marc Weigel und nannte als Beispiel die Pläne von Investor Wolfgang Kochanek und der Produktionsfirma Screenday auf dem Gelände der ehemaligen Papierfabrik Hoffmann & Engelmann (H&E). Dort soll eine sogenannte CoFactory entstehen, ein Gründerzentrum für Start-ups und Partnerunternehmen. „Das wird das Leuchtturmprojekt der kommenden Jahren“, schwärmte Weigel und berichtete von einem prominenten Unterstützer – Michael Heinz, in Neustadt wohnender Arbeitsdirektor und Vorstandsmitglied der BASF. Der Weltkonzern habe großes Interesses, sich im Schöntal mit einzubringen. Weigel will vorangehen und kündigte an, dass die Wirtschaftsentwicklungsgesellschaft der Stadt eigene Flächen im Schöntal mieten werde, um sie kreativen Köpfen aus der Region zur Verfügung zu stellen. Marken herausarbeiten „Neustadt hat ein sehr schwaches kommunales Standort-Marketing“, erklärte Jürgen Vogel, stellvertretender Hauptgeschäftsführer der IHK, der die Standortsuche von 2018 dem Forum vorstellte. Marc Weigel nahm den Ball auf und kündigte an, zwei Marken künftig deutlich heraus zu arbeiten: „Wir sind mit dem Hambacher Schloss die Stadt der Demokratie, und wir müssen das Thema Weinerlebnis nicht nur in den Weindörfern vermarkten, sondern auch in der Innenstadt.“ Gewerbeflächen „Kein Oberbürgermeister kann auf Anordnung Gewerbeflächen ausweisen. Wir müssen beim neuen Flächennutzungsplan gucken, was geht. Außerdem verhandele ich ständig mit Privateigentümern über brach liegende Flächen.“ Mit diesen Worten sprach Weigel „das größte Problem“ an. Neustadt habe eine hohe Kaufkraft durch die Einkommen der Einwohner, aber eine geringe Wertschöpfung durch zu wenig Arbeitsplätze und ein Pendlersaldo von minus 2500. Die beeindruckende Aufwärtsentwicklung von Landau in den vergangenen 20 Jahren habe viel auch mit topographischen Vorteilen der Nachbarstadt zu tun. Fachkräftemangel Für IHK-Vertreter Jürgen Vogel wird der Fachkräftemangel künftig zum größten Problem der Unternehmen der Region. „Die Verwaltung merkt das jetzt schon“, berichtete Weigel von dem Problem, Stellen bei der Stadt, zum Beispiel beim Gebäudemanagement, zu besetzen. „Für eine Position haben wir jetzt erstmals einen Headhunter beauftragt, sich auf dem Arbeitsmarkt für uns umzuschauen“, so der Oberbürgermeister. Die komplette Verwaltung sei in einem Strategie- und Entwicklungsprozess, der Zeit brauche. Weigel: „Glauben Sie mir, ich kenne unsere Schwachstellen.“

x