Forst Hansel-Fingerhut-Spiel: Was es mit der schwarz angemalten Figur auf sich hat

Ein Schmatzer auf die Wange: Hansel Fingerhut (Andreas Wenser) küsst Heike Groß.
Ein Schmatzer auf die Wange: Hansel Fingerhut (Andreas Wenser) küsst Heike Groß.

Mit rund 1300 Besuchern hat Forst am Sonntag das Hansel-Fingerhut-Spiel gefeiert. Als Hauptdarsteller wuselte Andreas Wenser durch die Menge – immer den Frauen hinterher.

Kurz vor halb zwei Uhr wird’s laut am nördlichen Ortseingang Forsts: Die Waldemer Gasserassler marschieren von Süden her die Weinstraße hoch, mit Trommeln und Trompeten. „Was feiert ihr hier eigentlich?“, fragt eine Frau aus Mannheim erstaunt. Eigentlich wollte sie nur Gassi gehen und Mandelblüten bestaunen. Doch jetzt ist sie neugierig geworden. Sommertagsumzüge kennt sie, doch was hat es mit dem wuseligen schwarz angemalten Mann auf sich?

„Ich bin hier sozusagen der Hauptdarsteller“, erklärt der schwarze Typ, der gerade in der Nähe herumhibbelt. Es ist Andreas Wenser, der an diesem Tag den Hansel Fingerhut spielt. Warum er schwarz ist? Die Frage haben er und die anderen Darsteller des Hansel-Fingerhut-Spiels vermutlich schon tausendmal gehört, doch Wenser gibt geduldig Antwort: „Das symbolisiert Dreck“, erklärt. Der Hansel Fingerhut, das sei ein Vagabund, der „da unten im Bruch“ lebt, arm und ungewaschen. Sein Gewand besteht aus lauter Flicken. Der Geschichte zufolge taucht er im Ort auf, weil er auf einmal Frühlingsgefühle bekommen hat. Deshalb wuselt er durchs Dorf und stellt Frauen nach.

Forster mächtig stolz

Seit über 300 Jahren gibt es dieses Spiel, das auch im Verzeichnis des Immateriellen Kulturerbes aufgenommen wurde. Die Forster sind mächtig stolz darauf. Dass Hansel Fingerhut schwarz ist, werde allerdings gelegentlich missverstanden, erklären die Schauspieler. Aber die Figur habe absolut nichts mit dunkler Hautfarbe zu tun. Und wie kommt es so an, dass der Typ den Frauen nachstellt? Wirklich Ärger gebe es sehr selten, betont Wenser. Es gehöre eben zum Spiel. Doch wenn er merke, dass eine Frau wirklich nicht geküsst werden will, lasse er sie in Ruhe.

Kurz darauf hört man auf einmal Gekreische. Hansel Fingerhut ist auf eine Frau zugegangen, die läuft schreiend weg. Er hinterher, so will es das Drehbuch. Irgendwann bleibt sie stehen, guckt dem Vagabunden in die Augen. Und jetzt? Sie kriegt einen Kuss auf die Wange und sagt lachend: „Ach Gott, das war ja nichts Schlimmes.“

Erfahrene Truppe

Das kleine Spiel, das einen Streit zwischen Sommer und Winter um die Vorherrschaft darstellt, beginnt um 14 Uhr. Die beiden Jahreszeiten stecken in kegelförmigen „Häuschen“, umkleidet mit Stroh (Winter) und Efeu (Sommer). Dargestellt werden sie dieses Mal von Jochen Litzenburger und Markus Böhl. Dann gibt es noch den Henrich-Fähnrich, Steven Menger, den Scherer, Stefan Frank, und die Nudelgret, Stefan Molitor.

Darsteller zu finden, sei nicht schwer gewesen, erzählt Peter Lucas, der bereits seit vielen Jahren durchs Programm führt. Dass es dieses Mal eine erfahrene Truppe war, hat ihm die Sache aber erleichtert. „Es müssen mindestens zwei dabei sein, die die Abläufe kennen“, sagt er.

Früher hat Lucas selbst den Hansel Fingerhut gespielt, und da gab es auch einmal ein Jahr, in dem das Wetter unsicher war – so wie am Sonntag. „Aber wenn die Farbe einmal im Gesicht ist, dann wird auch gespielt“, betont er. Schließlich will man sich den Stress nicht umsonst gegeben haben. Aus was die Farbe besteht, verrät er nicht. Er beteuert aber: Sie sei völlig unschädlich.

Mit Besuch sehr zufrieden

Ob sie auch dem Regen standhalten würde, blieb am Sonntag offen, denn schon kurz nach Spielbeginn verzogen sich die Wolken. Trotz der Unsicherheit zu Beginn waren die Veranstalter letztlich mit dem Besuch sehr zufrieden. „Der Festplatz war gerammelt voll“, sagt Peter Lucas am Abend. So etwa 1200 bis 1300 Besucher seien es wohl gewesen, schätzt er.

Jochen Ohler, Leiter des Ordnungsamtes der Verbandsgemeinde Deidesheim, war von Anfang an entspannt. Die Verbandsgemeinde habe vorsichtshalber mit bis zu 2500 Besuchern kalkuliert, sagte er auf Anfrage. Schließlich seien die Anforderungen an die Sicherheit mittlerweile sehr viel strenger geworden, auch bei kleineren Veranstaltungen. Deshalb gab es in Forst in diesem Jahr zum ersten Mal einen Veranstaltungsleiter. Insgesamt sei die Verbandsgemeinde inzwischen besser auf die erhöhten Sicherheitsauflagen eingestellt, erklärte Ohler. Es gebe nun einen Mitarbeiter, der zum Thema Veranstaltungsleitung geschult worden und ab Sommer nur noch dafür zuständig sei.

Der Zug unterwegs auf der Weinstraße.
Der Zug unterwegs auf der Weinstraße.
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