Neustadt Gymnastik statt Einlagen

Neustadt. Beim Judosportverein Kodokan Neustadt gehen die Füße zur Schule: Eine Fußschule beziehungsweise Fußgymnastik bieten dort Diplom-Physiotherapeutin Anne Sjaavaag-Laube und Gerd Laube in Kooperation mit dem Gesundheitssportverein „Herz in Takt“ (HiT) Edenkoben an. „Ich habe bei Judokindern gesehen, dass deren Füße nicht gerade stehen“, erzählt Anne Sjaavaag-Laube, wie die Fußschule entstanden ist.

Diese Kinder habe sie zum Orthopäden geschickt, doch habe der nur Einlagen verordnet. „Einlagen stützen den Fuß nur, machen es für den Menschen noch bequemer – die Fußmuskeln werden nicht trainiert“, erklärt die Physiotherapeutin, warum ihr Einlagen zu wenig sind. Zudem sei die Fußschule nicht nur für Leute mit Fußproblemen, sondern „man kann sie auch vorbeugend nutzen“. Bevor die Schützlinge von Sjaavaag-Laube in die kleine Sporthalle am Leibniz-Gymnasium kommen, muss die Übungsleiterin erst einmal den Besen schwingen: Die Fußgymnastik wird barfuß absolviert, der Hallenboden ist aber verdreckt. Danach beginnt die Gymnastik immer noch nicht. Wie in der Schule üblich, werden erst einmal die Hausaufgaben abgefragt. „Was habt ihr Gutes für eure Füße getan?“, will Anne Sjaavaag-Laube wissen. „Nur auf den Zehenspitzen gehen“, berichtet Charlene. „Ich bin viel barfuß gelaufen“, erzählt ein Junge und erntet dafür ein Lob von Gerd Laube: „Klasse.“ „Gutes für die Füße“ gibt es gleich im Aufwärmprogramm mit einem Fangspiel. Wer gefangen ist, muss wie ein Turmspringer auf den Zehenspitzen stehen. „Aber nur auf einem Fuß, bis der befreiende Erlöser kommt“, fordert Sjaavaag-Laube. In der zweiten Runde werden die Gefangenen zu Turmspringern: stellen sich barfuß mit den Vorderfüßen auf eine Bank und bewegen die Fersen auf und ab. Für das Hauptprogramm hat sie eine Tasche voller Utensilien mitgebracht: Die jungen Menschen zwischen sieben und 15 Jahren packen Seile, Steine, Bänder, Matten und Luftkissen mit Noppen aus, reihen sie in einem Kreis zu einem Parcours auf. Erst laufen alle vorwärts über die Gegenstände, dann seitwärts. „Da wird die Sensomotorik gefördert“, betont die Übungsleiterin. „Ihr könnt auch mal überkreuz seitlich laufen.“ Sie holt noch weitere Dinge aus ihrer Tasche: Ein Tuch greift sie mit den Zehen und hebt es hoch. Zeitungspapier friemelt sie mit den Füßen zusammen. „Damit trainiert ihr das Längsgewölbe“, erklärt Sjaavaag-Laube die „alte Übung aus der Krankengymnastik“. Das Schlittschuhlaufen auf zwei Lappen durch die Halle diene als Gleichgewichtsübung. Mit einer Partnerübung geht es weiter: André und Anne Sjaavaag-Laube sitzen sich gegenüber, haben die Beine ausgestreckt. Um ihre Füße haben sie ein langes Gummiband gebunden, an dem sie nur mit den Füßen ziehen. „Hier zieht’s“, sagt André und zeigt auf seine Knöchel, während er die Zehen mit dem Band in Richtung Knie bewegt. Karin, die mit Katharina übt, merkt die Belastung in der Wade. „Ich mache hier vorbeugend mit“, verrät Katharina. „Ich mache auch ein paar Übungen zu Hause“, erzählt sie. Und ergänzt schmunzelnd: „Wenn ich daran denke.“ Damit die Kinder zu Hause kontrollieren können, ob sie richtig stehen, fertigt Sjaavaag-Laube mit ihnen Schablonen für die Füße an. Jeder Teilnehmer stellt sich auf Papier, ein anderer zeichnet mit einem Stift die Umrisse nach. „Wisst ihr noch, wofür wir die Schablonen gemacht haben?“, fragt die Übungsleiterin ihre kleinen Schützlinge. „Um draufzustehen, zum Beispiel wenn wir Zähne putzen“, antwortet Jan. „Genau, damit ihr seht, ob ihr richtig steht“, ergänzt Sjaavaag-Laube. Jan knickt mit dem Fuß nach innen ein. Sjaavaag-Laube empfiehlt ihm den Turmspringer: „Das ist die beste Übung, das Gelenk aufzurichten.“ Sie macht Jan vor, wie es geht, rollt auf die Zehenspitzen, verharrt dort und rollt wieder zurück auf den ganzen Fuß. Zum Ende der Stunde ist Spaß angesagt, ohne dass die Fußgymnastik zu kurz kommt: Alle dürfen auf dem Saturnball hüpfen, einem Gummiball, der mit einem Kunststoffring umgeben ist. Auf dem Kunststoffring stehen die Fußschüler barfuß, versuchen, das Gleichgewicht zu halten und vorwärtszuhüpfen. Wieder eine Übung, die die Fußmuskulatur stärkt. Wenn ein Orthopäde die Fußgymnastik empfehle, könne die Krankenkasse die Kursgebühr übernehmen, weiß Anne Sjaavaag-Laube und ergänzt: „Wenn sie möchte.“ Vereinsmitglieder zahlen zehn Euro im Monat. „Man kann dafür in Edenkoben und in Neustadt am Training teilnehmen“, betont der Vorsitzende Gerd Laube. Derzeit tummeln sich sechs Kinder und Jugendliche in der Fußschule, fünf davon sind Mitglieder. Kontakt JSV Kodokan, Gerd Laube, Telefon 06327/507888. E-Mail g_laube@web.de, Fax 06327/507999. Die Fußschule findet donnerstags, 17.30 bis 18.15 Uhr, in der kleinen Sporthalle am Leibniz-Gymnasium (Karolinenstraße 103) statt sowie freitags ab 15.30 bis 16.15 Uhr in der Realschulsporthalle in Edenkoben (Luitpoldstraße 74).

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