Neustadt Guillotine nur mit Tüv-Plakette

Neustadt. „Die Deutschen sollten ein bisschen versagen, um sich beliebter zu machen“ – das ist nur eine der zahlreichen Thesen zur deutsch-französischen Beziehung, die Emmanuel Peterfalvi – besser bekannt als „Alfons“ – bei seinem restlos ausverkauften ersten Gastspiel beim Kleinkunstverein „Reblaus“ am Donnerstagabend mitgebracht hat. Der bestens aus dem Fernsehen bekannte Mann mit dem Puschelmikro erwies sich während seines fast zweistündigen Programms als ausgesprochen kurzweiliger Unterhalter und guter Beobachter deutscher Eigenheiten.

Klar, er spielt mit Klischees – und er nimmt sie auf die Schippe, ohne dabei bösartig zu sein. Die Masche zieht, Deutsche wie Franzosen bekommen dabei zwar gleichermaßen ihr Fett ab, doch verpackt er seine Kritik auf liebevolle Art und spottet mit einem Augenzwinkern. Dies in der Kombination mit dem Habitus des etwa trotteligen Franzosen mit unüberhörbarem Akzent, der orangefarbenen Trainingsjacke aus VEB-Produktion und wuscheliger Gel-Frisur lässt die Menschen Vertrauen fassen und ihr Herz auf der Zunge tragen, wie die zahlreichen Interviews beweisen, die Alfons meist auf Wochenmärkten und in Innenstädten aufgezeichnet hat und von denen im Laufe des Abends manche zu sehen sind. Absurde Fragen und meist noch absurdere Antworten sind das Erfolgsgeheimnis Peterfalvis im Fersehen, doch dass die Figur des Alfons darüber hinaus durchaus Entertainerqualitäten hat, stellte er im Theater Katakombe bestens unter Beweis. Und vorbereitet hatte er sich auch auf seinen Auftritt an der Weinstraße: Die Diskussion um den Bau eines Tunnels für die B 39 zum Beispiel sei bekannt bis Toulouse, doch frage er sich schon, warum die Neustadter dann „in der Fußgängerstraße“ graben. Den Protest dagegen vergleicht er mit dem Sturm auf die Bastille während der französischen Revolution – allerdings auf deutsche Art – nur mit Voranmeldung, und auf die Guillotine geht’s erst nach einer Unbedenklichkeitsbescheinigung des Gesundheitsamts. Auch zum jüngsten Triumph des Front National bei den französischen Kommunalwahlen hat Alfons natürlich etwas zu sagen: Rechtsextremismus gebe es nun mal nicht in seinem Heimatland, schon allein deswegen, weil den Franzosen beim Hitler-Gruß das Baguette aus dem Arm falle und weil die Führer-Ideen ohnehin zu links für Le Pen seien. Dass die Franzosen trotzdem so zahlreich für den Front National an die Urnen gegangen sind, sei allein Zeichen des Verdrusses: „Die wählen lieber eine tote FN-Kandidatin als Hollande.“ Da lobe er sich doch die Deutschen, deren Skandale sich darauf beschränken, im Urlaub Socken in den Sandalen zu tragen – in Frankreich gehe es da schon handfester zu, sagt Alfons im Hinblick auf den Staatspräsidenten, der auf dem Motorroller zu seiner Liebschaft in die Wohnung eines Freundes unterwegs war: „Das wäre doch, als würde man Angela Merkel und Til Schweiger in flagranti im Berliner Appartment von Uli Hoeneß erwischen: Hier wäre es ein Skandal, bei uns ist es eben Tradition.“ „Deutschland als Tempel der Vorschriften“ – diese weitere These erhärtet Alfons anhand des Bundeskleingartengesetzes, das dazu führe, dass man sich gegeneinander hilft. Auch dass der Airbus – bekanntlich ein deutsch-französisches Projekt – überhaupt fliege, sei nicht zuletzt der Tatsache geschuldet, dass sich die Deutschen nunmal an die Regeln halten. Man müsse sich nur mal die Raucherquadrate auf deutschen Bahnhöfen betrachten. Darum sei nicht zuletzt der Bau der Berliner Mauer unnötig gewesen: Eine rote Ampel hätte es ja auch getan. Trotz allem hat sich Peterfalvi für Deutschland entschieden – und das ist auch gut so.

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