Neustadt Fast ein kleines Unternehmen

Neustadt-Hambach. Konzerte an Pfingsten waren schon immer das musikalische Aushängeschild der Hambacher Kolpingskapelle. In diesem Jahr ist allerdings alles ein bisschen anders – nicht nur, weil das Konzert morgen Abend in großem Rahmen im Saalbau stattfindet. Denn fast auf den Tag genau vor 50 Jahren wurde die Kapelle gegründet. Gleichzeitig wird auch das Jubiläum der Musikschule gefeiert

Um 1960 war in Hambach eine Blasmusikgruppe entstanden, in der vor allem Jugendliche unter Leitung des ehemaligen Militärmusikers Isidor Schwarzwälder Musik machten. „Das waren meine Buben“, sagt Benno Zech, der damals Lehrer an der Hambacher Schule war. Als es Schwierigkeiten zwischen dem sehr autoritären Schwarzwälder und den „Buben“ gab, „da habe ich gesagt, ich komme mal vorbei und rede mit ihnen“, erzählt Zech. Aus dem einen Mal wurden viele Male, und als sich herauskristallisierte, dass die Gruppe das Unternehmen konsequent angehen und Noten und Instrumente anschaffen wollte, gab er 1965 den Anstoß zur Gründung eines Vereins, dessen erster Vorsitzender er dann auch gleich wurde. Das blieb Zech zwar nur zwei Jahre lang, aber seiner „Kolpingskapelle“ ist der 86-Jährige bis heute eng verbunden, wie nicht nur der nach ihm benannte Raum im alten Hambacher Schulhaus belegt, dem Gebäude, in dem die Kolpingskapelle und auch ihre Musikschule bis heute ihre Heimat haben. Unter Bernd Sauer, der 1975 nach Zech und Augustin Kern der dritte Vorsitzende der „Kolpingskapelle“ wurde, vollzog sich eine weitere wichtige Weichenstellung: Als er den Vorsitz übernahm, habe die Kolpingskapelle traditionelle Blasmusik auf mittlerem Niveau gespielt, erinnert er sich. Der Hambacher Erich Knoll habe ihn dann auf den Dirigenten Fritz-Jürgen Janketschläger aufmerksam gemacht, und der war es, der dem Blasorchester einen entscheidenden Qualitätsschub vermittelte: „Er hat den typischen Kolpings-Sound geprägt“, sind sich Sauer, Zech und ihre Nachfolger im Amt des Vorsitzenden einig. Janketschläger habe das Repertoire erweitert, und das so „dass es auch den Alten Spaß gemacht hat“. Und er setzte auch sonst auf Niveau. „Ich musste erst einmal schlucken“, erinnert sich Sauer, an seine erste Reaktion, als Janketschläger die Anschaffung von Verstärkeranlage und Mikrofonen angeregt habe. Die rund 30.000 Mark, die das gekostet hat, habe der Dirigent dem Verein sogar vorgestreckt. Um das Geld zurückzahlen zu können, beteiligte sich die Kolpingskapelle Ende der 1970er Jahre erstmals mit einem Ausschank an der Hambacher Jakobuskerwe, woraus sich eine Tradition entwickelte, die bis heute besteht. Und 1978 entstand auch der Kontakt zur „City of Lincoln Band“ in Neustadts englischer Partnerstadt. Beim Besuch der Briten „haben uns Hambacher Bürger 100 Quartiere zur Verfügung gestellt“, erinnert sich Sauer. Das sind Zahlen, von denen Walter Kuhn, der von 2006 bis 2012 Vorsitzender war, und der jetzige erste Mann, Günther Schäfer, nur träumen können. Der Verein sei seitdem zwar viel größer geworden, doch die Bereitschaft zu Arbeitseinsätzen habe nachgelassen, bedauert Kuhn. Musikalisch sei die Kolpingskapelle während Janketschlägers Zeit sehr gut vorangekommen, sagt Sauer. Als der Dirigent nach zehn Jahren aufhörte, wurde ein junger Haßlocher sein Nachfolger: Kurt Siebein. „Das war der nächste Glücksgriff “, sagt Sauer. Das Orchester habe sich unter Siebein musikalisch noch weiter entwickelt und viele Auftritte absolviert. Später gab es einige Wechsel bei den Dirigenten und im Vorstand, es entstanden Probleme, die Zahl der Aktiven ging auf nur noch 18 Musiker zurück. In dieser Krisensituation übernahm Siegmund Kanzler den Vorsitz und fand mit Dietmar Wiedmann einen neuen Dirigenten, der den Wiederaufschwung einleitete. Von diesem kam in den 90er Jahren auch die Anregung, eine Musikschule zu gründen. „Das war völliges Neuland“, sagt Kanzler. Entscheidende Weichen stellte der erste Schulleiter Ralf Rudolph, der als Berufsmusiker bei der Staatsphilharmonie über gute Kontakte verfügte. Es seien schon bald so viele Schüler gekommen, dass man zusätzliche Räume benötigte, erinnert sich Kanzler. Das alte Hambacher Schulhaus wurde in Eigenleistung ausgebaut und 1995 die Vereinssatzung geändert, um den Betrieb der Musikschule zu ermöglichen. Wiedmann und seine Nachfolger setzten vor allem auf sinfonische Blasmusik, allerdings sei die Unterhaltungsmusik etwas auf der Strecke geblieben, sagen die Ex-Vorsitzenden rückblickend. Eine ideale Verbindung beider Bereiche sei dann Ralf Rudolph und Thomas Kuhn gelungen. Die beiden Musiker aus den eigenen Reihen übernahmen gemeinsam den Dirigentenstab. Mit ihnen begann eine Ära, die von diversen musikalischen Erfolgen geprägt war. „Die Musikschule brummte, und die Kapelle war in der sinfonischen Musik wie auch in der Unterhaltungsmusik gut und erfolgreich“, erinnert sich Walter Kuhn, der in dieser Zeit Vorsitzender war. Auch standen wichtige Entscheidungen an. „Wir waren inzwischen Arbeitgeber von mehreren Mitarbeitern, das Ganze musste auf ordentliche betriebswirtschaftliche und rechtliche Füße gestellt werden“, sagt Kuhn. Er war es, der dies umsetzte. „Ich kann aus dem Pool der Arbeit meiner Vorgänger schöpfen“, sagt Günther Schäfer, der 2012 den Vorsitz übernommen hat. Wobei die Kolpingskapelle eigentlich gar kein Verein mehr sei, sondern ein kleines Unternehmen. Derzeit spielen 50 Musiker im Blasorchester, 37 in Mini- und Jugendband, die Musikschule hat 180 Schüler. Und man gehe immer wieder neue Wege, so Schäfer. Als ein Beispiel nennt er eine Kooperation mit dem Jakobus-Kindergarten bei der musikalischen Früherziehung. Termin Die Kolpingskapelle feiert ihren Geburtstag morgen, Samstag, um 19.30 Uhr mit einem großen Jubiläumskonzert im Saalbau. Das Hauptorchester wird dabei Werke und Arrangements von Richard Strauss, Philip Sparke, Thomas Doss, Johan de Meij und Theodor Rupprecht spielen. Auch die beiden Nachwuchsorchester werden Kostproben ihres Könnens abgeben. Karten bei Tabak Weiss und im Büro der Musikschule in Hambach. (ann/Archivfoto: lm)

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