Neustadt ESN wird kein Uni-Partner

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Der Eigenbetrieb Stadtentsorgung Neustadt (ESN) wird sich nicht mit seiner Kläranlage um ein Forschungsprojekt der Technischen Universität Kaiserslautern bewerben. Dabei sollte untersucht werden, ob sich mit Mikroschadstoffen die Abwasserbelastung reduzieren lässt und Energie gewonnen werden kann. „Wir haben nicht die Voraussetzung für die Kooperation“, begründet der Beigeordnete Dieter Klohr (CDU) die Entscheidung des Werksausschusses.

Wie berichtet, gibt es auf EU-Ebene seit Jahren eine Diskussion darüber, ob nach der mechanischen, biologischen und chemischen Reinigung von Abwasser noch eine vierte Stufe eingeführt wird, die auch Mikroschadstoffe aus Rückständen von Medikamenten, Kosmetika, Haushalts-Chemikalien oder Pflanzenschutzmitteln aussortiert. Bei dieser vierten Reinigungsstufe, über die noch keine Kläranlage in Rheinland-Pfalz derzeit verfügt, kommen Aktivkohlefilter und Ozon zum Einsatz, um die Schadstoffe zu zerlegen. Für naturnahe Methoden zur Wasserreinigung gibt es Fördergelder. Die TU Kaiserslautern sucht einen Kooperationspartner, der die überschüssige Energie bei der vierten Reinigungsstufe bei seiner Kläranlage nutzt, um über Wasserelektrolyse Gas zu gewinnen und auf dem Energiemarkt anzubieten. Das hätte allerdings eine Investition des ESN über mehrere Millionen Euro vorausgesetzt. „Uns konnte niemand sagen, von welcher Förderhöhe wir ausgehen dürfen“, nennt Dieter Klohr einen der Ausstiegsgründe. Es sei auch deutlich geworden, dass der wirtschaftliche Betrieb der Elektrolyse für ein Klärwerk mit 54.000 angeschlossenen Einwohnern schwierig werden könnte. Außerdem liege der Schwerpunkt des Projektes weniger auf der vierten Reinigungsstufe als in der Nutzung von regenerativem Überschussstrom. Klohr verweist auch darauf, dass der ESN für das Projekt Personal hätte einstellen müssen: „Unsere Arbeitsbelastung ist schon jetzt sehr hoch.“ Qualifizierte Bewerber seien nur schwer zu finden. Auf zwei Ausschreibungen für die Stelle eines Bauingenieurs hätte es 2014 und 2017 jeweils nur eine Bewerbung gegeben. Klohr geht davon aus, dass eine Teilnahme an dem Pilotprojekt eine Mehrbelastung für den Bürger zwischen fünf und 15 Euro im Jahr bedeutet hätte. Auch die Projektleiterin, Professorin Heidrun Steinmetz von der TU Kaiserslautern, ist mittlerweile zu der Überzeugung gekommen, dass Neustadt kein passender Kooperationspartner wäre. Bereits vorhandene Stromüberschüsse aus erneuerbarer Energie seien nicht vorhanden, um das Projekt wirtschaftlich darstellen zu können, teilte sie dem ESN mit. Die Stadtwerke Neustadt, vom ESN um eine Einschätzung gebeten, sehen das ähnlich. Es gebe in der Nähe der Kläranlage keinen günstigen Überschussstrom, um die Elektrolyse zu betreiben. Die Einspeisevergütung des benachbarten Solarparks Lilienthal liege bei 45,7 Cent die Kilowattstunde. Bei diesem hohen Preis sei eine direkte Nutzung des erzeugten Stromes nicht vor dem Jahr 2024 wirtschaftlich. Damit lohne sich das Projekt für den ESN nicht. Für Dieter Klohr bedeutet die Absage nicht, dass Neustadt kein Interesse an der vierten Reinigungsstufe mehr habe: „Da ist im Moment ganz viel im Umbruch. Es wird weitere Gelegenheiten geben, sich neu aufzustellen. Da passt es vielleicht besser.“

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