Neustadt „Eine wunderbare Baumart“

Die Flatter-Ulme ist gegen die Ulmenkrankheit resistenter als andere Ulmenarten, aber dennoch gefährdet.
Die Flatter-Ulme ist gegen die Ulmenkrankheit resistenter als andere Ulmenarten, aber dennoch gefährdet.

Der „Baum des Jahres“ ist 2019 die Flatter-Ulme. „Wer die buschigen Blüten einmal im Wind hat tanzen sehen, weiß, woher die Art ihren Namen hat“, heißt es auf der Internetseite der Dr.-Silvius-Wodarz-Stiftung, die für die Auswahl des Baums zuständig ist. Wie es um die Ulmen in der Region Neustadt bestellt ist, weiß Förster Jens Bramenkamp vom Forstrevier Hohe Loog.

Herr Bramenkamp, gibt es nennenswerte Einzelexemplare oder Bestände der Flatter-Ulme in Neustadt?

Größere Bestände an Ulmen gibt es auch in Neustadt nicht mehr. Es gibt Einzelexemplare im Geinsheimer Wald, die dem Ulmensterben bisher getrotzt haben und vermutlich auch weiter trotzen. Es handelt sich aber wirklich nur um sehr wenige Flatter-Ulmen, die mitten in den Waldbeständen ganz vereinzelt vorkommen. Werden Flatter-Ulmen bei uns gefördert beziehungsweise wieder angepflanzt? Nein, Ulmen werden derzeit in Neustadt nicht angepflanzt. Die Stiftung, die jedes Jahr den Baum des Jahres kürt, schreibt auf ihrer Homepage, dass die Flatter-Ulme resistenter gegen die Ulmenkrankheit sei als die anderen beiden heimischen Arten. Wie beurteilen Sie das? Resistenter ist sie zwar etwas, aber gefährdet ist sie dennoch. Daher sollte nur in Ausnahmefällen eine geringe Anzahl dieser immer noch gefährdeten Baumart gepflanzt werden. Das Risiko eines Ausfalls ist immer noch groß. Die Stiftung schreibt außerdem, dass Flatter-Ulmen bei Renaturierungen an Fließgewässern wieder angepflanzt werden können oder sollen, da Eschen und Schwarz-Erlen derzeit erheblich von Pilzkrankheiten heimgesucht werden und vorerst nur schwerlich für Renaturierungen in Frage kämen. Wäre das für Neustadt eine Option? Der Verein „Waldschatten“ wollte neulich Bäume an Bächen pflanzen. Diesen Rat kann ich nur unterstützen. Neustadt verfügt ja nur über eine recht geringe Fläche von Waldbeständen an Bachläufen. Und die Flatter-Ulme ist mehr ein Baum der Niederungen und würde sich bei uns lediglich in den Gäuwäldern, also in der Rheinebene, wohlfühlen. Dennoch sollte die Flatter-Ulme bei Renaturierungsprojekten mit einbezogen werden. Sie ist eine wunderbare Baumart, ein Baum, dem gerade auch im Offenlandbereich wieder mehr Aufmerksamkeit geschenkt werden sollte. Einen Versuch ist es allemal wert. Wie sieht es mit den anderen beiden heimischen Ulmen-Arten in der Region Neustadt aus? Die wenigen Ulmen-Exemplare beziehungsweise die kleinen Bestände sind fast ganz dem Ulmensterben in den 1960er- bis 1980er-Jahren zum Opfer gefallen. Am Waldrandbereich ist die Feld-Ulme nur noch in Restbeständen zu finden, zum Beispiel im Bereich um die Waldmannsburg. Die Berg-Ulme tritt ebenfalls nur noch rudimentär auf. Im Hinterwald ist sie so gut wie gar nicht zu finden. Wie begegnet das Land dem Ulmensterben? Gibt es da eine Strategie, um die Baumart zu fördern? Welche Strategie genau Landesforsten in Sachen Ulmenanbau vertritt, vermag ich nicht zu sagen. Ich denke aber, dass die Flatter-Ulme, auch durch die Kür zum Baum des Jahres 2019, in öffentlichen Wäldern wieder mehr Beachtung finden wird. Was ist von Resista-Ulmen zu halten, die mancherorts zu sehen sind, etwa als Straßenbäume am Bahnhof im elsässischen Wissembourg? Ulmenzüchtungen, die resistent gegen das Ulmensterben sind, sind grundsätzlich zu begrüßen. Dennoch bin ich der Meinung, dass man einem großflächigen Anbau mit Vorsicht begegnen sollte. Die Gefahren unerwarteter Ausfälle sind auch dort möglich, außerdem sind die sich ändernden Klimabedingungen nicht außer Acht zu lassen. Daher sind Ulmen in Zeiten des Klimawandels eine Option von vielen. Wichtig ist es, beim Anbau von Baumarten – sei es im Siedlungsbereich, im Offenland oder im Wald – mehrgleisig zu fahren.

Jens Bramenkamp.
Jens Bramenkamp.
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