Neustadt Ein rauschendes Swingfest

Maikammer. Swing ist „in“, auch bei jungen Leuten. Das zeigte sich beim Konzert der Allstar Bigband im vollbesetzten Bürgerhaus Maikammer am Freitagabend, das am Samstagabend wiederholt wurde.

Eine erstaunliche Entwicklung hat die von dem 22-jährigen Musikstudenten Jonas Jung geleitete „Allstar Bigband“ durchgemacht. Erst vor drei Jahren wurde sie von jungen Musikern ab 14 Jahren aus den drei Gymnasien Neustadts und den Gymnasien Edenkobens und Haßlochs gegründet. Dem war 2009 ein erstes Zusammenfinden in einem Wochenendworkshop vorausgegangen, das seinen Höhepunkt in einem Benefizkonzert für leukämiekranke Kinder fand. 2013 wurden die etwa 20 Musiker beim Jazzfestival „Bingen swingt“ zur zweitbesten Nachwuchs-Bigband im Land Rheinland-Pfalz gekürt und bekamen noch einen Sonderpreis für ihre Bühnenperformance. Programmtitel und Motto des Konzerts in Maikammer war „Act your Age“ , was sie übersetzen mit „Wir spielen, was unserem Alter gefällt“. Heraus kam eine Mischung von einigen klassischen Swing-Nummern, aber vor allem Swing-Arrangements von vielem, das ursprünglich in ganz andern Musikgenres zuhause ist, Rock, Pop, Funk, Latin, Zeichen der enormen musikalischen Bandbreite des Swing. Nach einem Intro, bei dem sich Posaunen und Trompeten auf den Emporen des Bürgersaals einander gegenüber zuspielten, ging es mit „Too Close for Comfort“ richtig los, mit dem sich auch Sängerin Rebecca Senck vorstellte. Der Titel aus dem Broadway-Musical „Mr. Wonderful“ von 1956 wurde vor einigen Jahren von Gordon Goodwin, dem Leiter der kalifornischen „Big Phat Band“, neu arrangiert „Little Wing“ ist ein Klassiker ganz anderer Art, eine Blues-Ballade von Jimi Hendrix. Entsprechend viel Raum war für Gitarre und E-Bass, und für die geschmeidige Altstimme von Rebecca Senck. „Lazy Afternoon“ dagegen, eigentlich ein Swing-Gesangsstück, brauchte keine Stimme und hatte stattdessen Posaunensoli. „Moondance“ ist ein alter Van-Morrisson-Hit, eine Ballade, für Michael Bublé neu arrangiert und in Maikammer gesungen von Patrick Würfel. „Spirit of St. Frederick“ war vor allem das Solo-Stück für Trompeter Niklas Müller, Musikstudent aus Heidelberg und eigentlich schon Profi mit seinem Können. „Big Spender“ sang früher Shirley Bassey, hier sang Rebecca Senck. „La Fiesta“ von Chick Corea, einem temperamentvollen Stück mit viel Latin-Groove und zahlreichen Soli, hörte man die Spielfreude der jungen Musiker an. Mit „Backrow Politics“, wieder einem Arrangement von Gordon Goodwin von der „Big Phat Band“, ging’s in die Pause. Mit den „Children of Sanchez“ nach dem Wiederbeginn gestalteten die jungen Musiker einen Einmarsch als „Marching Big Band“ und zeigten, warum sie in Bingen für ihre Bühnenperformance ausgezeichnet wurden. In „Priestess“ von Billy Harper, einem sehr modernen Stück, zeigte sich die Band auch sehr ungewöhnlichen, eher schrägen Harmonien gewachsen. Zum Ausgleich gab’s mit „Hay Burner“ einen guten alten Swing-Klassiker von Count Basie, gefolgt von „Embraceable you“ von George Gershwin, einer Ballade, die aber von Patrick Würfel mit Pep interpretiert wurde. „The Jazz Police“ war wieder ein Funk-Arrangement von Gordon Goodwin. Den Song „Fever“ hat wohl jede Jazz-Sängerin im Repertoire, für die „Allstars“ sang ihn Rebecca Senck in einer Version von Peter Herbolzheimer. „Runaway Baby“ mit Sänger Patrick Würfel, der hier erkennen ließ, dass sein Vorbild offenbar Robbie Williams ist, war das letzte Stück des offiziellen Programms. Vorher hatten die Musiker sich umgezogen und trugen nun die neuen T-Shirts mit dem Band-Logo. Und das Publikum durfte mitmachen, mit rhythmischem Klatschen und dem Refrain. Während die Bigband ganz am Anfang noch etwas Mühe hatte, zu sich zu finden, steigerte sie sich mit jedem Titel bis hin zu einem richtig begeisternden Swing-Fest, das keine Wünsche offen ließ. Herausragend waren alle Solisten, ganz besonders jedoch Trompeter Niklas Müller, der Gast aus Heidelberg. Durchs Programm führte Maximilian Wagner als Moderator, der ehemalige Kontrabassist der Bigband, der wegen seines Studiums ausgeschieden ist, und last but not least vollbrachte Jonas Jung das Kunststück, die Band entweder von seinem Platz als Posaunist zu leiten – oder balancierend am vorderen Rand der Bühne, ohne zu kippen.

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