Interview Ein „Leibnizianer“ mit viel Phantasie und Lust am Erzählen

Absolvent des „Leibniz“ und geistiger Vater des Ankh-Universums, in dem Engel-Gene nachgewiesen werden: Thomas Roth-Berghofer.
Absolvent des »Leibniz« und geistiger Vater des Ankh-Universums, in dem Engel-Gene nachgewiesen werden: Thomas Roth-Berghofer.

Mit „Nephilim Hunter“ beginnt die Jugendbuchreihe von Thomas Roth-Berghofer. Der gebürtige Neustadter hat lange als Wissenschaftler gearbeitet, widmet sich nun aber ganz dem Schreiben.

Herr Roth-Berghofer, Sie sind Wissenschaftler und Forscher. Wie kam es, dass Sie Thriller und Jugendbücher schreiben?
Ich war schon als Kind sehr neugierig und wollte wissen, wie die Welt aufgebaut ist, wie sie funktioniert. Meine Wissensquellen waren vor allem Bücher, darunter ein paar Bände der „Was ist was?“-Reihe. Ich verbrachte viel Zeit in der Stadtbücherei. Ich liebte aber auch gute Geschichten, die spannende Comicsammlung meiner Cousine, die Abenteuer und den Zusammenhalt der „Fünf Freunde“ von Enid Blyton. Last but not least waren da noch die Geschichten um die Besatzung des Raumschiffs Enterprise, die mich zu „wissenschaftlichen Landemissionen“ in den Hambacher Weinbergen und im Pfälzerwald inspirierten.

Aber das reicht ja irgendwie noch nicht ...
(lacht) Na ja, schließlich besuchte ich dann den damals am Leibniz-Gymnasium neu eingeführten Grundkurs Informatik und schlug eine wissenschaftliche Laufbahn als Informatiker ein. Während des Studiums schrieb ich erste Geschichten, und kurz darauf lernte ich meine Frau über unsere gemeinsame Liebe zur Science-Fiction (SF) und Phantastik kennen. Studium, Promotion und wissenschaftliche Karriere erforderten dann meine ganze Energie, verdrängten die Lust am Erzählen aber nicht. Meine Frau entwickelte dann ein Exposé und ein Manuskript für einen Vatikanthriller, der unter dem Titel „Lux Domini“ bei Blanvalet als Spitzentitel erschien.

Und Sie halfen mit?
Ja. Meine Co-Autorenschaft während meiner knappen Freizeit erinnerte mich daran, wie sehr mich das Erzählen von Geschichten fasziniert. Mittlerweile Professor an einer Londoner Universität, brachte mich das Brexit-Referendum und wie die britische Regierung damit umging ins Grübeln. Meine Frau und ich kehrten nach Deutschland zurück, und seitdem schreibe und übersetze ich.

Hatten Sie dann sofort eine ganze Reihe im Sinn?
Nein. Ein Teenager mit einer besonderen Gabe spielt in unserer Vatikanthriller-Reihe eine wichtige Rolle: David. Seine Geschichte wollte ich unbedingt weitererzählen. Dass daraus eine Reihe geworden ist, war ursprünglich nicht geplant.

Haben Ihre Bücher einen wissenschaftlichen Bezug? In Ihrem neusten Werk geht es um einen Jungen, der das Ergebnis eines genetischen Experiments ist.
In unseren Geschichten kommentieren wir auch wissenschaftliche Entdeckungen. Genetische Experimente sind ja weltweit an der Tagesordnung, und die Grenzen des Machbaren und des Erlaubten verschieben sich ständig. Was Pharmakonzerne in nichtregulierten Staaten „ausprobieren“, wissen wir nicht.

Also spielt sich durchaus alles in der heutigen Zeit ab?
Unsere Romane spielen in einer leicht abgewandelten Gegenwart. Aktuelle Technologien sind darin weiterentwickelt. In unserem Romanuniversum existierten außerdem vor Jahrtausenden Engel. Wie Neandertaler-Gene heute noch in unserer DNA nachweisbar sind, können in unserem Ankh-Universum Engel-Gene nachgewiesen werden. Die Frage, die uns beschäftigte: Was käme dabei heraus, wenn Fragmente uralten Erbguts in das menschliche eingeschleust und künstlich ein Hybride erschaffen würde? Die „Nephilim Hunter“-Reihe erzählt mit Davids Geschichte vom Fluch und Segen der Gaben, die sie mit sich bringen.

Sie schreiben gemeinsam mit Ihrer Frau. Bedeutet das, dass Sie tatsächlich an einem Buch arbeiten, oder hat jeder seinen Bereich?
Unsere Zusammenarbeit hat sich ganz pragmatisch entwickelt. Da mich mein Hauptberuf voll auslastete, war ich Diskussionspartner, Erstleser und Lektor der Texte. Meine Frau hatte den Lead, war die Architektin der Geschichte. Ich trug als Baustatiker dazu bei, dass die Konstruktion sicher und zuverlässig war, keine Löcher und keine losen Enden enthielt. Für die „Nephilim Hunter“-Reihe tauschten wir die Rollen, was wunderbar funktioniert.

Wie viele Bücher haben Sie bereits veröffentlicht?
„Nephilim Hunter“ ist unsere achte Romanveröffentlichung und die Erste unter dem Jugendbuch-Pseudonym Tom Alex. Die Vatikanthriller der „Catherine Bell“-Reihe (Blanvalet) und die Kriminalthriller der „Paula Tennant“-Trilogie (Edition M – dort in der so genannten Auslese veröffentlicht) erschienen unter unserem Pseudonym Alex Thomas, ebenso die SF-Kurzgeschichte „Götterdämmerung“ in der Anthologie „Einmal kurz die Welt retten“ (Gmeiner).

Sie sind außerdem Übersetzer. Sind das hauptsächlich Bücher oder wissenschaftliche Texte?
Ich habe mich weitgehend aus der Wissenschaft zurückgezogen. Die nächsten Jahre sollen dem Schreiben und Übersetzen von Romanen gehören. Ich mag es, ganz unterschiedliche Genres zu übersetzen. Man lernt viel über die fremde und die eigene Sprache. Außerdem schärft es meinen Blick für die erzählerischen Eigenheiten anderer Autoren und deren kulturelle Besonderheiten.

Welche Sprachen übersetzen Sie?
Ich übersetze aus dem Amerikanischen und dem Britischen Englisch.

Was lesen Sie selbst, wenn Sie nicht schreiben? Haben Sie einen Lieblingsautor?
Frank Herberts epische Dune-Saga faszinierte mich schon immer. Dazu kommen Autoren wie Alan Dean Foster, Vernor Vinge und Neil Gaiman mit ihrem phantastischen Weltenbau und ihren lebendigen Figuren. Ich liebe die Romane von Nancy Kress, Marion Zimmer Bradley und Caroline J. Cherryh. Alle auch Lieblingsautoren meiner Frau. Im Krimi-/Thriller-Genre begeistern uns aktuell Michael Robothams exzellente Romanreihen, im Bereich Jugendbuch ist es T. J. Klunes „The Extraodinaries“. Pures Lesevergnügen.

Wie sehen Ihre Pläne aus?
Im Herbst 2023 erscheint unser neues Thrillerprojekt beim Gmeiner Verlag. Davor, im März, wird mit „Ikaron“ der zweite Band der „Nephilim Hunter“-Reihe herauskommen.

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