Neustadt Bezaubernd tiefsinnig

91-90253881.jpg

Neustadt. Ein abwechslungsreiches und bunt zusammengestelltes Programm mit Liedern und Duetten vom Barock bis zur Hochromantik präsentierte ein Liedertrio mit Cornelia Winter (Sopran), Markus Lemke (Bariton) und Fred Rensch (Klavier) in der Parkvilla des Herrenhofs. Ein Liederabend, der Bezauberndes mit Tiefsinnigem harmonisch verband.

Nun ist (leider) das Lied nicht gerade der Star in der Kammermusik. Umso erfreulicher, dass es immer wieder Konzerte gibt, die sich genau dieser zu unrecht vernachlässigten Kunst widmen. Wenn diese Kunst dann noch von drei Protagonisten gestaltet wird, die ihr Geschäft verstehen und Spaß und Freude verbreiten, stehen dem Zuhörer schöne Stunden bevor. Leider war es in diesem Fall ein nicht allzu zahlreich erschienenes Publikum. Das tat aber der Stimmung der Musiker keinen Abbruch. „Also spiegle du in Liedern, was die Erde Schönstes hat…“, so der Schlussvers aus Karl Simrocks Gedicht „Auf dem See“ und das vollständige Motto des Abends – und so war das Programm auch: ein Kaleidoskop des Liedschaffens zwischen Henry Purcell und Richard Strauss. Hier ging es um Natur, um die Liebe, um Freundschaft, die Freude der Gesellschaft eines Heimchens, um Jugend und Alter. Die Spannweite reichte von fröhlichen Weisen (Purcells „Let us wander“) zu tiefsinnigen Betrachtungen (Schumanns „Familiengemälde“). Zu hören waren natürlich die üblichen Verdächtigen, die man bei Liedkompositionen stets zuerst im Sinn hat: Schubert, Schumann und Brahms. Aufs Trefflichste ergänzt durch Lieder und Duette von Mendelssohn und Mozart und den bereits erwähnten Purcell und Strauß. So ein Liederabend bietet immer auch die Möglichkeit, die Kompositionen zu vergleichen und Charakteristika der Meister genau zu betrachten. Dazu gab das Liedertrio Winter/Lemke/Rensch ausreichend Gelegenheit. Durch die transparente Art des Musizierens waren durchgehend alle Details deutlich zu hören. Hier unterstützte auch die angenehme Akustik des Raumes den Vortrag. Erstaunlicherweise haben die Künstler bei der Wahl des Programms die „Hits“ der Liedschatulle geschickt umschifft. So gab es jenseits der ausgetretenen Pfade viel zu entdecken. Zum Beispiel Schuberts „Fischerweise“, die Markus Lemke fröhlich und mit beeindruckender Tiefe darbot. Oder Schuberts „An den Mond in einer Herbstnacht“, das von Cornelia Winter sehr differenziert durch die verschiedenen Stimmungen getragen wurde. Auch bei Strauss’ „Die Nacht“ meisterte sie die großen Intervalle mühelos. Beide Stimmen schmiegten sich bei Schumanns „So wahr die Sonne scheinet“ mit großem Schmelz aneinander. Dieses entzückende Liebeslied nach einer Dichtung von Friedrich Rückert schien ihnen besonders zu liegen. In Schuberts „Der Einsame“, einem der wenigen populären Stücke des Abends, ließ Lemke das Los des Besungenen so behaglich erscheinen, dass man die Ansprache an das vertraute Heimchen, den einzigen verbliebenen Freund des Dichters, fast belustigt aufnahm. So viel Wärme im Vortrag findet man nicht oft. Und soviel Freude. Überhaupt machte die Musik Freude und gute Laune, selbst wenn die Stimmung der Komposition eher düster war. Das lag nicht nur am gelungenen Musizieren, sondern auch daran, dass das Programm abwechslungsreich war. Da konnte keine Langeweile aufkommen. Cornelia Winter bezauberte mit ihrer präsenten Stimme, die eine tiefe, samtige Färbung hat. Markus Lemkes Bariton ist sonor und hat bis in Bassbereiche eine beeindruckende Kraft. Beiden Stimmen ist eine Strahlkraft gemein, die sie als Duo geradezu prädestiniert. So konnten beide in ihren Soli sehr wohl überzeugen, aber zusammen waren sie einfach bezaubernd. Da passten Ausdruck, Stimmfärbung und Diktion prächtig, immer war die Textverständlichkeit im Vordergrund. Dass beim Lied die Musik eben nicht Selbstzweck ist, machten die beiden mit ihrem Vortrag exemplarisch deutlich: immer war das vertonte Gedicht „vorne dabei“. Und hier kommt schließlich die Begleitung ins Spiel, die an diesem Abend an sich keine war. Fred Rensch tat nämlich mehr, als gewöhnliche Liedbegleiter tun. Er gestaltete aktiv mit und ließ das Klavier zwischen den Stimmen immer wieder aufscheinen. So wurde Rensch zum gleichwertigen Partner, blieb aber stets uneitel und eingepasst ins Ensemble. Ebenfalls eine tolle Leistung. Der Abend war dann viel zu schnell vorbei – ein bisschen Wolf und etwas von Mahler hätten wunderbar zum Programm gepasst. |ibm

x