Neustadt Auf der Suche nach dem Glück

Klassisch ausgebildete Stimme, extravaganter Auftritt und eine tolle Show mit Evergreens aus allen Musikstilen rund um das Thema
Klassisch ausgebildete Stimme, extravaganter Auftritt und eine tolle Show mit Evergreens aus allen Musikstilen rund um das Thema Liebe – das bot Annette Postel zusammen mit ihren Mitmusikern im Saalbau.

«Neustadt». Rund 800 Hände klatschten am Samstag im Saalbau begeisterten Beifall für Annette Postel, die zuvor zusammen mit dem Salonorchester Schwanen eine über zwei Stunden dauernde Vorstellung geboten hatte, die in dieser Form derzeit ziemlich konkurrenzlos da steht. Die in Edenkoben lebende Chanteuse hat aus der Verbindung ihrer klassisch ausgebildeten Stimme mit bekannten Melodien, teils eigenen Texten, schauspielerischem Können und einer großen Prise Humor eine „Marke“ geformt, mit dem sie sich eindrucksvoll aus dem Pool vieler vielleicht ähnlich talentierter Sängerinnen heraushebt.

Denn das es für ihre Art Kunst ein interessiertes Publikum gibt, lässt sich spätestens nach diesem erfolgreichen Abend in Neustadts renommiertester Spielstätte nicht mehr leugnen. Unter der Überschrift „Inteam“ hatten Postel und ihr zehnköpfiges Orchester eine Salonmusik-Crossover-Show zusammengestellt, in der sich die Suche nach dem perfekten Mann und der wahren Liebe wie ein roter Faden durch das Programm schlängelte. Dass dabei auch der Tango eine große Rolle spielen würde, zeichnete sich bereits im ersten dargebotenen Lied, „Eine Nacht in Monte Carlo“ von Werner Richard Heymann, ab. Dieser immer wieder gern gehörte Evergreen aus dem Jahr 1931 diente vorwiegend dazu, das Publikum in eine Zeit zu versetzen, als es auf der Welt noch ein kleines Stückchen weniger hektisch zuging als heutzutage und Film- und Gesangsstars wie Hans Albers, Heinz Rühmann oder Lilian Harvey die Szene beherrschten. In diese Ära passte auch das Outfit des Salonorchesters unter der Leitung von Konzertmeister Georg Huber. Sieben Männer in Frack, weißen Hemden und Fliegen, dazu drei Frauen in schwarzen, eleganten Kleidern und schließlich noch Postel, als Kontrastpunkt ganz die Diva gebend, im langen weißen (später roten) Abendkleid, präsentierten sich da auf der Bühne und beschworen mit ihrer „Monte Carlo“-Interpretation Vergleiche mit Max Raabe und seinem Palastorchester herauf. Der Beifall für die gelungene Eröffnung war rauschend, und der 70-jährige Huber, der im Laufe des Konzerts mit seinen spaßigen Einlagen noch viele Sympathiepunkte sammeln konnte, sorgte dazu noch mit einem schwungvollen Knicks, der gleichzeitig die Aufforderung für eine synchron ausgeführte Verbeugung seiner Ensemblekollegen darstellen sollte, für viele Lacher. Nun aber war es an der Zeit für Postel, das Zepter zu übernehmen. Mit der Ansage, dass sie, wie alle Frauen, die fleischgewordene Anspruchslosigkeit darstelle und bei Männern gar keinen großen Wert auf große Geschenke lege – ein paar klitzekleine Brillant-Ohrringe würden schon genügen – leitete sie charmant zum nächsten Stück, „Ich küsse ihre Hand, Madame“, über. Weiter die Naive spielend, enthüllte sie daraufhin („Ich sage das normalerweise nicht, aber wir sind ja hier ganz unter uns, völlig „inteam“), dass sie Männern gegenüber sehr schüchtern sei und eigentlich, obwohl sie es gerne wolle, überhaupt nicht flirten könne. Begegne sie auf der Straße einem, spreche sie vor lauter Aufregung Worte, die aus einem Parallel-Universum zu kommen scheinen – die perfekte Überleitung zu „Funiculi – Funicula“, geschrieben von Luigi Denza mit neuem Text von Annette Postel. Ein weiteres, bisher gut gehütetes Geheimnis gab die Allrounderin danach preis, nämlich, dass sie sehr gerne ein Mann wäre, alleine schon um ab 40 als immer attraktiver zu gelten und sich den persönlichen „Klimawandel“ in diesem Lebensabschnitt zu ersparen. Dem konnte Georg Huber nur zustimmen. Er ergriff nun das Mikrophon und pries, jetzt als Sänger, seine Vorzüge als Senior mit dem Otto-Reuter-Klassiker „Nehm S’en Alten“ an, bevor es mit „Im Theater ist nichts los“ geschrieben von Georg Kreisler, der Postel einst als väterlicher Freund gefördert hat, weiterging. Mehr als zehn Minuten dauert dieses ebenso abwechslungsreiche wie künstlerisch anspruchsvolle Werk, das die Bemühungen, einen Theaterdirektor von ihren Fähigkeiten zu überzeugen, beschreibt. Resignierend erkennt sie am Schluss dieses beinahe autobiografisch angehauchten Stücks, dass die ausschließlich übliche Form des Gesangs und der Schauspielerei nicht ihre Welt ist und sie sich darum lieber dem Kabarett zuwendet. Für den Mut, während ihrer ursprünglich „normal“ verlaufenden Karriere diesen Entschluss tatsächlich gefasst zu haben bedankten sich ihre Zuhörer mit viel Beifall auf offener Szene. Ihren Sinn für das Außergewöhnliche bewies die Sängerin dann auch weiterhin, unter anderem mit „Stroganoff“, einer Nummer von Friedrich Hollaender, bei der sie ihre stimmlichen Qualitäten voll ausspielen konnte, und einer völlig schrägen Version des „Rolling Stones“-Hits „Satisfaction“. Die Musiker des Salonorchesters fühlten sich, ebenso wie ihre Frontfrau, die auf ihrer Suche nach der großen Liebe leider auch hier wieder nicht fündig geworden war, im Saalbau spürbar wohl, und die Zugabe „Bei Dir war es immer so schön“ ist deshalb durchaus als Versprechen der Bühnenakteure zu werten, bald wieder nach Neustadt zu kommen.

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