Neustadt „Antonio 96“

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LUDWIGSHAFEN. Antonio Metzner gilt als das größte Talent aus der Jugend der TSG Haßloch. Nach der Insolvenz des traditionsreichen TV Großwallstadt spielt der 19 Jahre alte Linkshänder beim VfL Bad Schwartau. Vergangenes Wochenende kehrte er wieder in die Pfalz zurück. Mit dem VfL traf er in der Eberthalle auf die TSG Ludwigshafen-Friesenheim.

Eigentlich sucht Antonio Metzner direkt nach dem Abpfiff die Flucht in die Kabine. Der Linkshänder des Handball-Zweitligisten VfL Bad Schwartau ist frustriert. Die knappe 27:29-Niederlage bei der TSG Ludwigshafen-Friesenheim wurmt ihn gewaltig. Dennoch trifft er nach dem Abpfiff eine Vielzahl von einstigen Weggefährten und Freunden aus dem Großdorf, die es sich nicht nehmen lassen, ihn von der Tribüne aus anzufeuern. Sogar Transparente und Schriftzüge „Antonio 96“ auf Pappkartons haben sie angefertigt. Sie suchen auch nach dem Abpfiff das Gespräch mit ihm am Hallenausgang. Metzner lächelt. „Das war einfach megageil, wieder viele Freunde zu treffen“, meint der 2,07 Meter große Linkshänder. „Aber dass so viele den Weg hierher gefunden haben, das hat mich sehr überrascht“, gesteht er. Antonio Metzner nimmt sich die Zeit, er herzt alle persönlich. Seinen früheren Betreuer Werner Völkner, seinen einstigen Teamkollegen Felix Müller, seine Geschwister und deren Freunde. Auch Jugendnationalspieler Dominik Claus (TSG Friesenheim), mit dem er bei der Nationalmannschaft schon das Zimmer geteilt hat, begrüßt ihn. Da darf das Gruppenfoto auf dem Treppenaufgang in der Eberthalle nicht fehlen. Der Haßlocher erfüllt jeden Autogrammwunsch. Er genießt die Zusammenkunft mit seinen pfälzischen Freunden noch lange nach der verlorenen Partie, während seine Kollegen bereits unter der Dusche stehen. Metzner reist auch nicht am späten Abend nach der Partie mit seinem Team zurück an die Ostsee. Er hat von Trainer Torge Greve die Freigabe für einen Heimaturlaub über das Wochenende. Seit über sechs Wochen war er nicht mehr bei seiner Familie im Großdorf. Da kam die Partie in Ludwigshafen zum richtigen Zeitpunkt. Auch deshalb, weil er seit dem 3. Januar den Tod seines Vaters verkraften muss. Klaus Metzner hatte ihn über viele Jahre nicht nur als Jugendtrainer gefördert, sondern seinen Sohn auch zu vielen Spielen im In- und Ausland begleitet, bis ihn eine Krankheit körperlich zu sehr schwächte. Sein Arbeitgeber, der VfL Bad Schwartau, gab ihm damals frei, noch einige Tage bei seiner Familie zu bleiben. „Nach einer Woche wollte ich wieder Handball spielen und zugleich Ablenkung finden“, erzählt Metzner. „Das war auch ganz im Sinne meines Vaters.“ Über diese Hilfe und Unterstützung des Vereins, aber auch seiner Mannschaftskameraden sei er froh gewesen. „Das war richtig gut“, erzählt Metzner. Die vergangenen Wochen waren für ihn dennoch nicht einfach. „Es gibt immer wieder Phasen, wo alles wieder hochkommt“, sagt Metzner. Inzwischen geht es bei ihm sportlich weiter aufwärts. In den ersten 14 Minuten gegen die TSG Friesenheim, die ihn schon in der Jugend gerne verpflichtet hätte, erzielte der 103 Kilogramm schwere Athlet vier Tore und hatte wesentlichen Anteil daran, dass seine Mannschaft in Front blieb. Der Linkshänder, der derzeit die 11. Klasse der Kaufmännischen Friedrich-List-Schule in Lübeck besucht und im kommenden Jahr sein Fachabitur im Visier hat, ist sportlich gereift. Er spürt und genießt das Vertrauen des Trainers und überzeugt durch seine Tore. Kein Wunder, dass er am Ende nach der verlorenen Partie in Friesenheim sichtlich angefressen ist. „Wir haben in den letzten zwölf Minuten das Spiel einfach durch zu viele Fehler aus den Händen gegeben“, meint Metzner. An die Nationalmannschaft denkt er derzeit nicht: „Darauf habe ich keinen Einfluss.“ Er will sich einfach weiter in Liga zwei etablieren. Ein Traum bleibt die Erste Liga. Ob das schon 2017 realistisch wird, bleibt abzuwarten. Zumindest endet zum 30. Juni 2017 sein Vertrag mit dem VfL, wenige Wochen zuvor will er das Fachabitur in der Tasche haben. „Wenn Angebote kommen, werde ich die prüfen. Wichtig ist, dass ich und der jeweilige Trainer das Gefühl haben, dass ich es schaffen kann“, meint Metzner, der auch seinen Kollegen von der TSG Haßloch den Klassenverbleib in Liga drei wünscht. Dann findet er doch noch den Weg in die Kabine, um anschließend frisch geduscht mit seinen Freunden ins Großdorf zu fahren.

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