Neustadt Am Rande der Bande

Der Weg ist das Ziel. Das dachte sich wohl Sebastian Scharfenberger gestern vor einer Woche, als er sich auf die weite Fahrt zum internationalen Volkslauf des TV Gimmeldingen machte. Gute 20 Minuten, nachdem der Startschuss für den Halbmarathon gefallen war, kam er auf dem Sportplatz im Gimmeldinger Tal an, ließ sich geschwind von seinem Trainer Patrick Herbold die Startnummer am T-Shirt befestigen und eilte dann los. Aber nicht auf die Laufstrecke, sondern erst einmal aufs Klo. „Nach fünf Stunden im Auto muss das mal sein“, entschuldigte der Trainer seinen Schützling, der an diesem Tag beruflich in München zu tun gehabt hatte. „Er rief mich von unterwegs an und sagte, dass es ein bisschen später werden wird“, berichtete Patrick Herbold, der daraufhin Scharfenberger schon mal anmeldete und ihm die Startnummer besorgte. Sein Schützling ist übrigens von Hause aus kein Läufer, sondern Handballer, genauer gesagt Torwart des Pfalzligisten TV Ruchheim. „Der Lauf ist quasi der Beginn unserer Vorbereitung“, verriet der Coach schmunzelnd. Und dass nur der Torwart die Laufschuhe geschnürt habe, liege daran, „dass unser Torwart unser Schnellster ist“. Immerhin: Der Tormann ging zwar in Gimmeldingen als Letzter auf die Strecke, kam aber nicht als Letzter ins Ziel. Er absolvierte nicht nur seine 21,1 Kilometer in 1:50,17 Stunden, sondern er überholte noch 25 andere Sportler, belegte im Gesamtklassement Platz 17 und wurde sogar Sieger in der männlichen Hauptklasse. Und die Moral von der Geschicht’: Es ist niemals zu spät, sich sportlich zu betätigen. (sab) Der Handballer Sebastian Scharfenberger war beim Gimmeldinger Volkslauf übrigens nicht der einzige „artfremde“ Sportler. Auch Fußballer mischten eifrig unter den Läufern mit. „Talrunner“ ist auf dem Shirt von Frank Nothelfer zu lesen. „Wir sind die Fußball-Freizeitmannschaft des TV Gimmeldingen – es ist eine Ehre, das Vereinstrikot zu tragen“, verriet der Kicker. „Und einige von uns sind mitgelaufen.“ Seine Zeit für zehn Kilometer wusste er nicht so genau. „Um die 50 Minuten“, schätzte er und gab zu, dass der Lauf wehgetan habe. Aber nicht unbedingt nur wegen der 98 Höhenmeter, die er zu meistern hatte. Oder wegen der zehn Kilometer an sich. „Ich habe am Abend zuvor meinen 41. Geburtstag gefeiert“, gab der Freizeitfußballer grinsend preis. „Und die Kombination von Geburtstag und Fußball-WM-Gucken ist nicht gut für einen Lauf ...“ (sab) Für den Haßlocher Radamateur Fabian Genuit, immerhin einer der besten Amateure Deutschlands, war die Teilnahme an der deutschen Meisterschaft der Radprofis in Baunatal ein besonderes Erlebnis. Mit seiner Freundin und einem seiner Dauerrivalen, Simon Nuber, inklusive dessen Sportlichen Leiter startete Genuit am Samstag gen Norden. Nach rund drei Stunden Fahrt im Kleinbus: einchecken im Hotel, umziehen und rauf aufs Rad. Wie die Profis auch, betrachtete er den 17,2 Kilometer langen Rundkurs nahe Kassel genau, fuhr mit Nuber die Strecke dreimal ab, wurde dabei zum ersten Mal so richtig nass. Abends folgte eine kleine Stadtrundfahrt in Kassel, um einen scheinbar guten Italiener zu finden, um die Energiespeicher für den folgenden Tag aufzuladen. Die Wahl eines Lokals im Zentrum erwies sich als Volltreffer, denn auf der Karte standen Familienportionen Nudeln. Auch das Ambiente überzeugte. Während Brasilien gegen Chile das Elfmeterschießen gewann, machte sich Genuit mit nur einem Mitreisenden über die Portion Nudeln (für vier Personen) her und stellte anschließend fest: „Ich hätte nicht gedacht, dass wir das schaffen.“ Am nächsten Tag: Frühstück um 6.30 Uhr. Das Buffet wurde mit den Topstars John Degenkolb und Marcel Kittel („Den habe ich am Ende des Rennens sogar noch überholt“ – Kittel wurde 105. im Gesamtklassement, Genuit 96.) im Frühstücksraum des gemeinsamen Hotels unweit der Rennstrecke geteilt, ehe es im Renndress zur Einschreibkontrolle des Rennens und anschließend zur Startaufstellung ging. Um neun Uhr startete das Rennen bei leichtem Nieselregen, nach 4:59:57 Stunden erreichte der 26-Jährige das Ziel. Nach einer schnellen Dusche ging es zurück in die Pfalz, wobei auf der Fahrt die Ergebnisse studiert wurden. Geschafft, aber zufrieden fiel der Haßlocher abends ins Bett. An diesem Wochenende startet er übrigens in Bolanden. Die ganz großen Profis muss der Student des Maschinenbaus dann wieder im Fernseher betrachten: Die starten heute nämlich bei der Tour de France. (mame)

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