Neustadt Timo hinter der Tuba

Erste musikalische Schritte: Sophie und Marlen probieren mit Lehrer Andreas Reichel das Klavier aus.
Erste musikalische Schritte: Sophie und Marlen probieren mit Lehrer Andreas Reichel das Klavier aus.

Aus einem Raum im Erdgeschoss ertönt fröhliches Vogelzwitschern. Die achtjährige Frieda, eine der ersten Besucherinnen, testet mit Flötenlehrerin Jutta Aderjan, welche Töne sie einem Sopranflötenkopf entlocken kann. Das Pfeifen einer Lokomotive und das Krähen eines Hahns beherrscht sie schon. Jetzt würde sie gern auch die anderen Flöten sehen. Die Bassflöte, die auf dem Boden steht, reicht ihr beinahe bis zu den Schultern, die Töne der kleinen Sopranino-Flöte dagegen sind ihr zu hell. Im nächsten Raum muss Frieda erst einmal warten, denn Heiko Seiberth, Michael Gaß und Peter Franke kommen kaum nach, Kindern wie der neunjährigen Hanna und der fünfjährigen Sina Gitarre, E-Gitarre, Bass, Ukulele und Banjo zu erklären. Einzig die Veeh-Harfe, ein Zupfinstrument, das sich hervorragend auch für Einsteiger jedweder Altersklasse eignet, findet wenig Beachtung. Sophie (acht Jahre) und Marlen (sieben Jahre) entdecken derweil den Flügel für sich und möchten wissen, wie es klingt, wenn jemand „richtig“ spielt. Andreas Reichel schiebt sich zwischen sie, spielt das lateinamerikanische „Despacito“, erklärt nebenher Mütter und Vätern, dass sich auch mit moderner Literatur lernen lässt. Eric Nazarenus, derzeit Praktikant an der Musikschule, gesellt sich dazu. An Flügel und Klavier spielen er und Reichel vierhändig ein Stück von Kabalevsky. Vor der Tür und auf dem Gang drängeln sich Kinder und Eltern. Ein wenig ruhiger ist es beim Cello. „Super“, lobt Rebecca Ferrell-Henrich die siebenjährige Olivia. Mit höchster Konzentration streicht sie die Saiten, lässt sich zeigen, wie sie „Wellen“ spielen kann und lauscht den Tönen nach. Im Kammermusiksaal probiert Timo (acht Jahre) die Blechblasinstrumente aus – erst die Trompete, dann das Horn. „Auch nicht schlecht“, findet seine Mama, und „Posaune muss es nicht sein“. Aber die Tuba lockt auch noch. Fast der halbe Timo verschwindet dahinter, er holt Luft, sein Gesicht rötet sich, dann kommt der Ton: satt und laut. Vier weitere Anwärter, darunter zwei kleine Mädchen, warten mit leuchtenden Augen. Vor dem Sekretariat ist auch Olivia wieder. Sie hat inzwischen ihr Lieblingsinstrument gefunden, „das Klavier“, und fragt nun ungeduldig: „Mama, meldest du mich an?“. Knapp 1000 Schüler lernen derzeit an der Musikschule. Einen großen Block machen davon die Acht- bis 25-Jährigen aus, viele Lernende kommen dann ab einem Alter von 50 bis 55 Jahren wieder, sagt Musikschulleiterin Tatjana Geiger im Gespräch mit der RHEINPFALZ. Stark gewachsen sei in den vergangenen Jahren auch die Gruppe von Anfängern und Wiedereinsteigern ab 65 Jahren. Spieltechnik und Freude am Musizieren vermitteln nach ihren Angaben 28 Unterrichtende, 24 davon fest angestellt. Zudem könnten alle Schüler der Musikschule kostenlos an Ensembles und Spielkreisen, am Orchester und am Chor teilnehmen. Doch die Musikschule leiste noch mehr, sagt Geiger, beispielsweise Sprachförderung in der Kindertagesstätte „Kleine Freunde“ und in der Paul-Gerhardt-Kita. Für Gruppen von Kita-Kindern werde eine besondere musikalische Früherziehung angeboten. Die Musikschulleiterin weist außerdem auf Konzerte wie die „Klavierfacetten“ hin, die Lehrer und Schüler der Musikschule und des Hannah-Arendt-Gymnasiums gemeinsam gestalten. Zweimal jährlich stelle sich im Kammermusiksaal ein „Junges Podium“ vor. Das Jugendorchester „Junge Töne“ präsentiere sich beim traditionellen Frühjahrskonzert in Zusammenarbeit mit der Sparkasse Rhein-Haardt. In diesem Jahr soll es am 7. April stattfinden. Etwas ganz Besonderes sei am 7. Juni ein Konzert in Kooperation mit der Turm-Initiative mit den Lehrern für Flöte, Orgel und Schlagzeug. Im Haus Rebental werde es zudem ab dem 25. März einmal im Monat die „Offene Schülerbühne“ geben, auf der sich alle Musikschüler vorstellen können. Das müsse nicht perfekt sein. „Das Wichtigste daran ist es“, sagt Tatjana Geiger, „anderen eine Freude zu machen, indem man die Freude, die man selbst an der Musik empfindet, weitergibt.“

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