Neustadt „Sonst verpuffen die Verbesserungen“

Gleich in Beschlag genommen: das Provisorium „Mullewapp“ bei der Eröffnung im August 2017.
Gleich in Beschlag genommen: das Provisorium »Mullewapp« bei der Eröffnung im August 2017.

Zwar stehen laut Sozialdezernent Ralf Trösch (SPD) so viele Kita-Plätze wie noch nie zur Verfügung. Der Bedarf an Betreuungsplätzen für Kinder ab zwei Jahre und an Ganztagesbetreuung wächst jedoch ständig. Etwa 80 Plätze fehlen derzeit nach seinen Angaben, vor allem weil immer mehr Eltern ihre Kinder mit zwei Jahren in die Betreuung schicken und nicht erst mit drei. In der Hauptausschuss-Sitzung (wir berichteten am 1. Juni) und jetzt im Gemeinderat berichtete Trösch über die aktuelle Situation. Kita-Situation: Anzahl der Ganztagsplätze soll steigen Für 2017/18 hatte sich ein Bedarf von 823 Betreuungsplätzen ergeben. Um diese Planzahl zu erreichen, ging das Provisorium „Mullewapp“ Mitte 2017 in Betrieb, die Eröffnung der provisorischen Kita Pauluskirche (20 Plätze) ist noch im Sommer vorgesehen. Auf dem Pfalzplatz soll bis Jahresende eine provisorische Einrichtung in Systembauweise mit langfristig nutzbaren Containern entstehen. Der Plan, Ausbauplätze bei anderen Trägern zu schaffen, konnte aufgrund Personalmangels nur sehr unvollständig umgesetzt werden. Insgesamt entstanden und entstehen auf diese Weise in relativ kurzer Zeit 100 zusätzliche Betreuungsplätze. 2018/19 liegt der voraussichtliche Bedarf bei 855 Plätzen, also 32 mehr als derzeit. Wenn alle 2018 frei werdenden Kita-Plätze zugeteilt sind, soll die Warteliste der Kindertagesstätten 60 Kinder unter drei Jahren mit Rechtsanspruch umfassen. Drei Viertel der Eltern brauchen eine Ganztagesbetreuung oder Betreuung mit Mittagessen für ihre Kinder. Trösch geht davon aus, dass mit den Provisorien bis Jahresende alle Rechtsansprüche auf einen Betreuungsplatz für Kinder ab zwei Jahren erfüllt werden können. Das Konzept der Verwaltung sieht vor, dass vor allem die Anzahl der Ganztagsplätze steigen soll. Die 20 Plätze in der Pauluskirche sollen mindestens zur Hälfte Ganztagsplätze sein. Als neues Angebot soll es außerdem in einer oder zwei Kitas eine verlängerte Vormittagsbetreuung von 7 bis 14 Uhr mit der Möglichkeit eines Mittagessens geben, um Teilzeitbeschäftigten entgegenzukommen, die nicht unbedingt einen Ganztagsplatz brauchen, aber mangels eines entsprechenden Angebots bisher einen solchen nehmen mussten. Personalrat: An Bedürfnissen der Mitarbeiter orientieren Der Personalrat der Gemeindeverwaltung sieht die Ausweitung der Betreuungsangebote allerdings kritisch, solange nicht ein personalwirtschaftliches Konzept vorliegt. „Wir erleben einen quantitativen Ausbau der Angebote auf Kosten ihrer Qualität“, heißt es in einem Beschluss des Personalrats, der der RHEINPFALZ vorliegt. „Gute Qualität in den Kitas wird erst durch gute Rahmen-, Bildungs- und Arbeitsbedingungen ermöglicht“, findet der Personalrat. Das Gremium macht deshalb von seinem Initiativrecht Gebrauch – dieses gesetzlich verankerte Mitbestimmungsrecht erlaubt einer Personalvertretung, durch konkrete Vorschläge auf bestehende Zustände Einfluss zu nehmen – und beantragt, „die Dienststellenleitung möge ... neben einem quantitativen Gesamtkonzept auch ein personalwirtschaftliches Konzept im Arbeitsfeld der Kindertagesbetreuung erstellen“. Dieses soll sich „verstärkt an den Bedürfnissen und Anforderungen der Mitarbeiter/innen orientieren“ und eine langfristige Qualitätsverbesserung der Rahmen-, Bildungs- und Arbeitsbedingungen garantieren. Ohne die Qualitätsverbesserung dieser Bedingungen des Personals sowie der pädagogischen Ausrichtung werden nach Auffassung des Personalrats „die beschlossenen augenscheinlichen Verbesserungen der Betreuungssituation in ihrer Wirkung verpuffen“. Wichtige Elemente seien ein verbesserter Personalschlüssel, Regelungen für Vor-, Nach- und Kooperationszeiten sowie Freistellungsregelungen für Leitungen – auch notwendig für gute Arbeitsbedingungen und damit für den Gesundheitsschutz. Regelmäßige Supervisionen gehörten dazu. „Verbesserte Rahmen-, sowie Bildungs- und Arbeitsbedingungen sind die beste Werbung, wenn es darum geht, neue Fachkräfte für die Kitas zu gewinnen und dauerhaft an sich zu binden“, findet der Personalrat. Das Personalmanagement für Kitas „muss sich verstärkt an den Bedürfnissen und Anforderungen der Mitarbeiter/innen orientieren, wenn es nachhaltig sein soll“. Auch aus pädagogischen Gründen sei die Bindung qualifizierten Personals „elementar“. Nach Auffassung des Personalrats würde ein personalwirtschaftliches Konzept zu mehr Mitarbeiterzufriedenheit und einer Verbesserung des Betriebsklimas im sozialpädagogischen Bereich beitragen. Um dies zu erreichen, müsse dieses Konzept „passgenau die spezifischen betrieblichen Belange des Arbeitsfeldes berücksichtigen“. Für die Mitarbeiter/innen sollten in unterschiedlichen Lebensphasen geeignete Angebote bereitgehalten werden. Allgemeingültig gestaltete Regelungen – wie vom Gemeinderat beschlossen – reichten für eine Verbesserung der Betreuungssituation bei Weitem nicht aus: „Eine bloße Einforderung der Qualität der Arbeit in Kitas wird ohne die gleichzeitige Schaffung der dafür notwendigen Voraussetzungen im personalwirtschaftlichen Bereich nicht möglich sein.“ Lorch: Im Mittelpunkt steht immer das Kindeswohl Bürgermeister Lothar Lorch (CDU) steht der Forderung nach einem personalwirtschaftlichen Konzept im Gespräch mit der RHEINPFALZ grundsätzlich positiv gegenüber und bekundet seine Bereitschaft zum Gespräch mit dem Personalrat. Beim Aufbau des Kita-Konzepts würden die Wünsche der Eltern ermittelt, um passende Betreuungsangebote machen zu können, andererseits müsse man das Personal jeder Einrichtung „gegenrechnen“, um festzustellen, ob erweiterte Angebote mit dem derzeitigen Personalbestand zu schaffen sind oder ob Stellen ausgeschrieben werden müssen. Der Ausbau der Betreuungsangebote sei freilich ohne zusätzliches Personal nicht umzusetzen: Stellen seien bereits besetzt beziehungsweise würden ausgeschrieben („Zur Sache“). Lorch betont, dass bis auf eine Kraft alle Arbeitsverhältnisse in den Kitas mittlerweile unbefristet seien: Diese „Entfristung“ mache die Gemeinde attraktiv, wenn es darum gehe, die Mitarbeiter/innen langfristig an sich zu binden. „Im Mittelpunkt steht immer das Kindeswohl“, betont Lorch. Aber die Rahmenbedingungen für die Erzieher/innen müssten stimmen, um auch die gute Qualität der pädagogischen Arbeit halten zu können. Er verweist auf eine Reihe von bereits bestehenden Angeboten für die Mitarbeiter von Schulungen über Fortbildungen und Supervision bis hin zu Mediationen. Auch das bereits eingeführte betriebliche Gesundheitsmanagement zusammen mit der AOK sei hier ein wesentlicher Punkt. Lorch erinnert daran, dass vor einigen Jahren der Personalrat ein personalwirtschaftliches Konzept für die ganze Verwaltung gefordert habe. Allerdings sei die Mitwirkungsbereitschaft der Beschäftigungen damals nicht groß gewesen.

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