Neustadt Lachen-Speyerdorf: Rekordverdächtige Segelflugmeisterschaft

Serena Triebel freute sich gestern über die Führung vor dem letzten Flugtag. In Lachen-Speyerdorf hatte die Oberfränkin „sehr vi
Serena Triebel freute sich gestern über die Führung vor dem letzten Flugtag. In Lachen-Speyerdorf hatte die Oberfränkin »sehr viel Spaß«.

An zehn von elf vorgesehenen Flugtagen konnten die Segelflieger abheben. Das gab es noch nie in Lachen-Speyerdorf. Auch sonst lief alles wie geschmiert bei der Deutschen Meisterschaft, die am Freitag endete. Es gab viel Lob von den Piloten.

Reimar Möller schwärmt: „So ein Wetter, so viele Flugtage, das hatten wir hier noch nie und andere wahrscheinlich auch noch nicht“, vermutet der Organisationsleiter der Deutschen Segelflug-Meisterschaft in Lachen Speyerdorf. Möller hat mit seinem rund 35-köpfigen Team vom Flugsportverein, dem der Fluglotse auch vorsteht, eine erstklassige Veranstaltung ohne negative Besonderheiten nach knapp zwei Wochen über die Bühne gebracht.

Lange Tage für die Veranstalter

Es waren lange Tage für den 41-jährigen Neustadter: „Die Vorbereitung war weniger das Problem, wir haben ja schon viel Erfahrung mit der Ausrichtung solcher Meisterschaften. Es liegt alles in der Schublade. Aber an den Wettkampftagen fängt die Vorbereitung morgens um 6.30 Uhr an und endet abends gegen 23 Uhr mit der Nachbereitung des jeweiligen Flugtages.“ 34 Frauen flogen in drei Flugzeugklassen um die DM-Titel, dazu nahmen 31 Männer am Qualifikationsfliegen zur Deutschen Meisterschaft im kommenden Jahr teil. Jeden Tag wurde im Vorfeld eine Strecke festgelegt, die zu fliegen war. Dann ging es darum, diese mit der höchsten Durchschnittsgeschwindigkeit zu schaffen. 1000 Punkte konnte man im Optimalfall in der Tageswertung erreichen, bis zum letzten Tag waren die Entscheidungen in den DM-Rennen der Damen noch offen. „Man kann sagen, es steht 2:0 für mich, und es sind noch 30 Minuten zu spielen“, zog Serena Triebel einen Vergleich zum Fußball, angesprochen darauf, was ihre 200-Punkte-Führung vor dem letzten Flugtag denn wert sei.

Frauenanteil liegt bei knapp vier Prozent

„Der Frauenanteil in unserem Sport ist mit vier Prozent sehr gering. Deshalb hat man die Damenwertung eingeführt und auch eine Frauen-Nationalmannschaft, die nach den Ergebnissen der DM wieder neu zusammengestellt wird“, erklärt Möller die Geschlechtertrennung: „Rein fliegerisch gibt es da keine Unterschiede“, stellt er klar. Triebel startet in der Standard-Klasse mit einem 80.000-Euro-Flieger, den ihr der Vater überlassen hat. Maximal 525 Kilogramm darf das Sportgerät wiegen, an Bord sind noch 150 Liter Wasser, die bei schlechter Thermik und vor der Landung abgelassen werden, erklärt sie, die mit zwei „Rückholern“ und Hund Sunny in Neustadt ein Team bildet. Diese sind gefordert, wenn es der Pilot mit seinem Flieger nicht zurück zum Flugplatz schafft und eine Außenlandung auf einem Acker in Kauf nehmen muss. Das blieb Triebels Team erspart: „Sie mussten nur das Flugzeug putzen“, sagt die 24 Jahre junge Pilotin aus Selb in Oberfranken, die „auf dem Flugplatz groß geworden“ ist.

Die Flieger landen immer wieder auch auf Äckern

Immerhin knapp 30 Außenlandungen hat Möller während der Meisterschaft registriert. Meist sähen die Bauern es entspannt, wenn ein Segelflieger auf ihrem Acker lande, „bringen auch mal ein Bier vorbei und machen Fotos“, so Möller. Entstünden Flurschäden, hafte die Versicherung der Piloten. Um die in die Luft zu bekommen, hat der Veranstalter neben seinen drei eigenen Schleppflugzeugen noch fünf weitere aus Dannstadt, Speyer, Linkenheim, Landau und Pirmasens organisiert, damit alle Flieger in schneller Folge und kurzer Zeit den Wettkampf aufnehmen können. Während vor dem Start Temperaturen von um die 60 Grad in den Cockpits herrschten, wird es in bis zu 3000 Metern Flughöhe bei 18 Grad sehr angenehm, berichtet Möller von den Vorzügen in diesen Tagen. Nicht zu vergessen der wunderbare Ausblick über Rheinland-Pfalz, Baden-Württemberg, Hessen und sogar Bayern, wo die Aufgaben die Piloten von Lachen-Speyerdorf aus hinführten.

Bezaubernde Aussichten

Von Neustadt und Umgebung haben die Piloten meist nur wenig gesehen: „Ich war mal in der Innenstadt zum Pizzaessen“, sagt Triebel. Die vor dem Schlusstag Führende in der 15-Meter-Klasse, Stefanie Mühl aus Stuttgart, hatte den einzigen „freien“ Tag für einen Kurzausflug nach Neustadt genutzt: „Sonst habe ich außer dem Flugplatz nicht viel vom Boden aus von der Region hier gesehen. Dafür war es von oben umso schöner“, sagt die 42-jährige Chirurgin. Am Freitag stand dann noch die große Abschiedsfeier auf dem Abendprogramm, bei dem Möller mit seinem eifrigen Team ein Catering organisiert hatte, ebenso schon wie zur Feier des „Bergfestes“ zur Mitte der Meisterschaft.

Familiäre Atmosphäre 

Das Campen gehört übrigens zum Segelfliegen wie das Berechnen der Thermik. Rund 200 Leute nutzten dafür in Campingmobilen und Zelten einen Teil des Fluggeländes und hatten daran richtig Spaß. Nur wenige buchten sich ein Hotel in der Region. „Es war alles sehr familiär hier“, betont daher Mühl, die wie Triebel nur lobende Worte für die Neustadter fand: „Es war ein sehr schöner Wettbewerb mit tollem Wetter, einer guten Organisation und einer schönen Streckenauswahl, auch wenn es witterungsbedingt oft in die gleiche Richtung ging.“ Rund 190.000 Flugkilometer seien von den 65 Meisterschaftsteilnehmern in Lachen-Speyerdorf geflogen worden, errechnete Möller die Gesamtleistung. Der schnellste Flug wurde mit einer Durchschnittsgeschwindigkeit von rund 135 km/h zurückgelegt: „Alles in allem war es eine unheimlich gute und runde Sache“, so der Orga-Chef abschließend. 

Hatte mit seinem 35-köpfigen Team alles im Griff: Organisationsleiter Reimar Möller.
Hatte mit seinem 35-köpfigen Team alles im Griff: Organisationsleiter Reimar Möller.
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