Neustadt Gitarre aus Deidesheim für Lady Gaga

gitarre.JPG
Die Sandokan-Gitarre.

Nicht zum ersten Mal ist eine der Gitarren von Jens Ritter nach New York gereist. Die Empfängerin ist diesmal keine Geringere als US-Musikerin Lady Gaga. Im Winter, wenn ihre Show in Las Vegas startet, wird die 32-Jährige auf dem mit Swarovski-Steinen besetzten Instrument aus Deidesheim spielen.

Sie glitzert, und zwar so ziemlich überall – die E-Gitarre, die Jens Ritter für einen großen Popstar unserer Zeit gebaut hat. Die US-amerikanische Sängerin Lady Gaga nennt das 48.000 Euro teure Unikat aus der Deidesheimer Werkstatt seit ein paar Tagen ihr Eigen. Und es scheint wie gemacht für Gaga, die die roten Teppiche der Welt gerne mit glamourösen und ausgefallenen Klamotten – darunter etwa ein Kleid voll mit rohem Fleisch – erobert. Denn nicht nur auf ihren Konzertoutfits glitzern hin und wieder Swarovski-Steine: Rund 11.000 dieser Steine sorgen auch auf ihrer neuen Gitarre für den Glimmer – neben Einlegearbeiten aus 24-karätigem Gold. Sie ist also viel mehr als ein reines Werkzeug mit tollem Klang, sagt Ritter: „Für Lady Gaga sind ihre Gitarren Teil des Styles. Sie drückt sich damit aus.“ Neben dem Popstar können das übrigens nicht viele, denn das Stück aus der Sandokan-Edition ist auf acht limitiert. In der Werkstatt an der Deidesheimer Weinstraße sitzt Mitarbeiterin Danuta Leydinger bereits an der nächsten aus dieser Reihe: Die Swarovski-Steine warten nur darauf, mit einer Art Pinzette von ihren ruhigen Händen auf den Korpus gesetzt zu werden.

„Zwei dieser Art wollen wir pro Jahr bauen“

Anderthalb Jahre haben der 46-jährige Ritter und seine Mitarbeiter Leydinger und Lucas Popow an dem Gaga-Instrument gearbeitet. „Zwei dieser Art wollen wir pro Jahr bauen“, so der Bad Dürkheimer Ritter, der in Deidesheim mit seinem Team 72 Gitarren im Jahr herstellt. Die Erste hat er 2016 in seinem seit 2006 bestehenden Unternehmen gebaut. Sie ging an einen New Yorker Kunden, der sie mit in ein Tonstudio nahm. Dort entdeckte der namhafte Musikproduzent Nile Rodgers die Gitarre zufällig und schickte Lady Gaga sofort Fotos davon. Die Musikerin fackelte nicht lange und bestellte über Rodgers Nummer zwei der Kollektion, die sich bereits im Bau befand. Ende vergangenen Jahres flog Ritter dann nach New York, um Gaga das Instrument am nächsten Tag bei einem Abendessen zu überreichen. Noch am selben Abend bekam er aber eine Absage: Die Sängerin musste gesundheitsbedingt – sie leidet an der chronischen Krankheit Fibromyalgie – alle Termine absagen, selbst ihre Tour. Die Gitarre ließ Ritter dort. Vor wenigen Tagen gelangte sie dann endlich in die Hände der sechsfachen Grammy-Preisträgerin. Ihre Reaktion, so berichtet Ritter: „Sie ist ausgeflippt, fand sie supergeil.“

Gaga spielt ihre größten Hits auf der Gitarre aus Deidesheim

Bei dieser Gitarre kann Ritter sicher sein, dass sie gespielt wird. Denn Lady Gaga wird im Winter eine dauerhafte Show in Las Vegas haben – und für ihre größten Hits wie Poker Face, Born this way oder Paparazzi zu dem Instrument aus Deidesheim greifen. Dabei sei die Entwicklung, die die Gitarre aktuell nehme, eine andere, erklärt Ritter: „Es gibt immer weniger Kunden, die Gitarren wegen ihrer Funktion oder ihres Klanges kaufen. Dafür gibt es immer mehr Sammler, die sie als Kunstwerk betrachten, das sie an die Wand hängen.“ Damit habe er anfangs ein großes Problem gehabt. Schließlich ist eine Gitarre zum Spielen da. Der Direktor eines New Yorker Designmuseums habe gesagt: „Wenn du stirbst, werden deine Gitarren erst richtig wach.“ Erst später werde auf ihnen gespielt. Diese Vorstellung hat Ritter geholfen. Mit seiner neuen Kollektion „Sleeping Beauties“, schlafende Schönheiten, greift er diese Entwicklung in Richtung Kunstszene sogar selbst auf: Er versiegelt den Kabeleingang der E-Gitarren, macht sie also unspielbar – für einen symbolischen Zeitraum von hundert Jahren. „Dann können unsere Nachfahren das Siegel brechen und musizieren.“ Wenn Lady Gagas Sandokan-Gitarre in Las Vegas erklingt, will Jens Ritter dabei sein. Vielleicht wird es ihn ja genauso umhauen wie damals, als er Prince auf einer seiner Gitarren „Purple Rain“ spielen gehört hat.

20180817_deidesheim_ritter_1.JPG
Jens Ritter hat schon Musiker wie Prince, Van Halen, Mary J. Blige und den Gitarristen von Madonna beliefert.
x