Mannheim Fahrlachtunnel gesperrt: Der Region droht ein Verkehrschaos
„Ich kann nur jedem empfehlen, Mannheim großräumig zu umfahren.“ Das ist der Tipp, den Oberbürgermeister Peter Kurz (SPD) den Menschen angesichts der Schocknachricht von der sofortigen Sperrung des Fahrlachtunnels gibt. Die verkündete er auf einer kurzfristig einberufenen Pressekonferenz am Dienstagnachmittag. Der Lückenschluss der Südtangente wird täglich von bis zu 40.000 Autos passiert. Nach einer Risikoabwägung sei die sofortige Schließung alternativlos, versicherte Kurz.
Die Stadtspitze und die Mitarbeiter aus den zuständigen Fachbereichen wussten, was die Nachricht für die Verkehrsteilnehmer in der Metropolregion bedeutet. Vorbereitet auf das drohende Chaos wirkten sie nicht. „Die Entscheidung fiel so kurzfristig, dass wir noch keine großräumige Umleitung beschildern konnten“, sagte Anja Ehrenpreis aus dem Bereich Stadterneuerung. Einen Vorgeschmack auf das, was auf Autofahrer zukommt, gab es schon am Dienstagnachmittag. Wenige Stunden nach der Sperrung kam es laut Polizei zu einem Verkehrschaos. Ein Polizeihubschrauber sei zur Verkehrsaufklärung abgehoben, hieß es. Darüber hinaus sind Beamte auf Motorrädern ausgerückt, um an neuralgischen Punkten den Verkehr zu lenken.
Die Umleitungen sind ohnehin ein Problem. Reichskanzler-Müller- und Bismarckstraße könnten sich zum Nadelöhr entwickeln. Neckarauer- und Casterfeldstraße im Mannheimer Süden werden aktuell wegen Gleiserneuerungsarbeiten über weite Strecken nur einspurig geführt und müssen nun noch zusätzliche Verkehrsströme verkraften.
Probleme mit dem Brandschutz
Nach einem Brand im Jahr 2019 war das Tunnelbauwerk näher untersucht worden. Dabei stellte sich heraus, dass die zur Eröffnung im Jahr 1994 eingerichtete Brandschutzanlage nicht mehr den neusten Anforderungen aus dem Jahr 2016 entsprechen. „Trotz der regelmäßigen Erhaltungsmaßnahmen gibt es Mängel in der Betriebstechnik. Sie entspricht einfach nicht mehr dem neuesten Stand“, sagte Alex Stork aus dem Bereich Stadtraumservice. Deshalb habe man zunächst auf Empfehlung der Sachverständigen, am 18. Juni den Verkehr auf eine Spur je Fahrtrichtung beschränkt und weitere Untersuchungen vorgenommen. Als Resultat gebe es, in Abwägung aller Risiken und Konsequenzen, nur die sofortige Vollsperrung erklärte Kurz. „Wir sind uns der Tragweite dieser Entscheidung bewusst“, versicherte der Oberbürgermeister.
Dafür werden die beiden Tunnelröhren zunächst einmal ertüchtigt. Unter anderem werde die Anzahl der Ventilatoren für die Be- und Entlüftung von neun auf zwölf erhöht, zusätzliche Zugänge zu den Fluchttunneln geschaffen. Dieser erste Sanierungsschritt könne im schlimmsten Fall ein volles Jahr, im günstigsten Fall zumindest mehrere Monate andauern. Immerhin könne der Tunnel im Anschluss wieder mit jeweils einer Fahrspur, aber nicht für Lastwagen geöffnet werden.
Umleitungen nicht erfolgversprechend
Währenddessen werde im Tunnel weitergearbeitet, um nach zwei Jahren wieder beide Fahrspuren als „Zwischenbetrieb“ freigeben zu können. Die gesamte Sanierung werde sich voraussichtlich bis ins Jahr 2027 hinziehen. Diese Einschätzung überraschte auch den Oberbürgermeister. Er habe bei den regelmäßigen Kontrollintervallen nicht ausgerechnet im Fahrlachtunnel mit Problemen gerechnet, räumte er ein. „Wir hoffen, dass sich der Verkehr zwischen Heidelberg und Ludwigshafen mit der Zeit verteilt“, so die städtische Expertin Ehrenpreis.
Die Ausweichstrecken werden nun nach und nach ausgeschildert. Wirklich verbessern werde wohl auch die Beschilderung die Situation nicht. Im Gegenteil. „Der Ring wird an seine Belastungsgrenze stoßen“, vermutet OB Kurz. An eine Verschiebung oder gar Aussetzung des für den August geplanten Verkehrsversuchs mit Sperrungen der zentralen Achsen Kunststraße und Fressgasse denke er hingegen aktuell nicht. Im Gegenteil: „Wir müssen den Verkehr in der Innenstadt genau beobachten.“ Und zur Entlastung der geplagten Quadratebewohner gegebenenfalls sogar nachsteuern.
In einer Mitteilung der Stadt am Abend klingt das dann aber doch etwas anders. Die Auswirkungen auf den Verkehr in der Innenstadt sollen nun in den kommenden Tagen geprüft werden. Eine Entscheidung bezüglich der vorgesehenen Unterbrechungen von Fressgasse, Marktstraße und Kunststraße ab Ende August stehe demnach noch aus.