Ludwigshafen Wohnung innerhalb von 24 Stunden eingerichtet

Sie sind die Türöffner für Integration: Menschen, die sich in Ludwigshafen ehrenamtlich bei der Flüchtlingshilfe einbringen. Für sie öffnen wir im „Adventskalender“ täglich ein Türchen. Heute stellen wir Dolly el-Ghandour (33) vor.

„Entweder nimmt sie der liebe Gott in den Himmel oder er schickt sie zu mir.“ Diesen Satz eines Flüchtlings aus Syrien hat Dolly el-Ghandour noch immer im Ohr. Gesagt hat ihn vor einigen Wochen ein Mann, der in der Notunterkunft am Messplatz untergebracht ist. Damals saßen seine Frau und die beiden Kinder noch in der Türkei fest, bangten der Fahrt übers Mittelmeer nach Griechenland entgegen. Inzwischen, sagt die 33-Jährige, seien sie in Österreich und „vielleicht schon Deutschland“. Die lebhafte Frau mit den leuchtenden Augen wurde in Beirut, der Hauptstadt Libanons, geboren. Sie bezeichnet sich als „Kriegskind“. 1982, im Jahr ihrer Geburt, hat „Israel Libanon bombardiert“. 1990 ist sie mit Vater und vier Geschwistern nach Deutschland gekommen, die Mutter konnte sich kurz zuvor in Hannover niederlassen. Die Achtjährige erlebte Deutschland positiv. „Es war alles so hell, und es gab grüne Parks“, sagt Dolly el-Ghandour in akzentfreiem Deutsch. Sie kam hier in die dritte Klasse, war fleißig, „weil ich gut sein wollte“. Inzwischen ist sie gut, nimmt gerne die Dinge selbst in die Hand, nutzt ihre Freizeit, um anderen Menschen zu helfen. Und wartet nicht gerne, bis andere etwas tun. Sie packt selbst mit an, wenn sie etwas für wichtig und richtig hält – und sie arbeitet nicht zusammen mit den etablierten Anlaufstellen für Flüchtlinge. Dolly el-Ghandour liebt die Eigeninitiative, die Unabhängigkeit. Organisiert viel auf eigene Faust: etwa einen Haarschneidetreff für die Menschen, die am Messplatz untergebracht sind. Und bringt nicht nur befreundete Friseure mit, sondern macht auch welche unter Flüchtlingen ausfindig. Dass sie und ihr Team dann nicht auf das Gelände dürfen, das die Flüchtlinge bewohnen, sei frustrierend gewesen, sagt sie. „Aber dann haben wir davor halt ein Zelt aufgestellt“ und dort Haare geschnitten. Die 33-Jährige hat zwei Töchter, Haifa (12) und Janna (8), die sie in der Flüchtlingshilfe unterstützen, lebt mit ihnen und ihrem Ehemann im Stadtteil West. Wenn sie gefragt wird, was sie antreibt, sagt sie lapidar: „Ich unterstütze jeden Menschen, der Hilfe braucht und sie annimmt.“ Auch Obdachlose in Ludwigshafen habe sie mit Jacken versorgt. Geld habe sie geschickt an Organisationen, die alleinstehenden Frauen und Waisenkindern helfen. Wenn sie im Urlaub in die Türkei oder in ein Land im Nahen Osten fliegt, nimmt sie außer persönlichem Gepäck noch so viel für Arme mit, wie an Freigepäck erlaubt ist. Oder wenn sie erfährt, dass ein Autokonvoi an die türkisch-syrische Grenze fährt, spendet sie für Flüchtlingslager in der Türkei. „Ich bin schnell zu begeistern“, sagt sie und lacht. Und über Facebook findet sie Gleichgesinnte, „damit ich unkompliziert helfen kann“. So hat sie mit einigen Bekannten eine Wohnung für Flüchtlinge „innerhalb von 24 Stunden fast komplett eingerichtet“. Vor einigen Wochen sei sie mit Sachspenden an der slowenischen Grenze gewesen, habe zuvor Geld gesammelt, um die Fahrt mit einigen Pkw zu ermöglichen. In der Integrierten Gesamtschule Mutterstadt habe sie ein Flüchtlingskind anmelden können und sei begeistert gewesen, weil das zwölfjährige Mädchen von der Schulleitung „so liebevoll willkommen geheißen wurde“. Auch beim Spieleabend für Flüchtlinge, über den schon Jenny Schmidt in dieser Rubrik berichtet hat, war sie dabei. Überhaupt, stellt sich heraus, kennen sich einige der jungen Frauen, tauschen sich aus. Auch mit Natice Orhan-Daibel, der Helferin vom Mannheimer Hauptbahnhof , ist Dolly el-Ghandour vernetzt. Sie kommentiert das mit dem banalen Satz: „Wir ziehen alle an einem Strang“. Aus ihrem Mund klingt dieser Satz besonders. (Foto: ptr)

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