Ludwigshafen „Wir sind das führende Nachwuchsteam in der Pfalz“

Herr Stoffel-Löcher, haben Sie schon den Meistersaft kalt gestellt?

Nein, noch nicht. Wir sind noch nicht sicher Meister. Wir müssen den letzten Wettkampf am Freitag, 26. Oktober, zu Hause gegen den Tabellenletzten Bad Bergzabern gewinnen. Aber wir müssen ohne Joshua Kärcher auskommen. Die Mannschaft ist gut drauf. Ich bin zuversichtlich, dass wir die Meisterschaft gewinnen können. Es wäre ein besonderer Titel. Die Landesliga gibt es erst seit dieser Saison. Es ist sozusagen die Premieren-Runde. Der TB Oppau wäre der erste Meister ... Ja, das ist richtig. Es wäre eine besondere Meisterschaft. Aber wir haben noch nicht gegen Bad Bergzabern gewonnen. Man darf die Mannschaft nicht unterschätzen. Unser Ziel ist es, alle Wettkämpfe zu gewinnen. Ist so ein Titel überhaupt wichtig in Ihrem Konzept. Sie setzen ja stark darauf, den eigenen Nachwuchs von klein auf aufzubauen, um ihn später im Wettkampf einzubauen. Turnerisch wäre der Titel jetzt nicht zwingend notwendig, aber für die Motivation und den Zusammenhalt der Mannschaft wäre die Meisterschaft sehr wichtig. Der Titel wäre doch notwendig, um das Ziel, in der Kunstturn-Bundesliga der Männer anzutreten, zu erreichen. Der Titel würde widerspiegeln, wo wir gerade stehen. Und aktuell sind wir die führende Nachwuchsmannschaft in der Pfalz. 2017 war mal Ihr Ziel, in der Männer-Bundesliga anzutreten. Das ist nicht mehr zu stemmen. Ein Rückschlag? Nein, keineswegs. Die Jungs dürfen erst ab 16 Jahren in der Bundesliga turnen. Insofern ist das mit einer rein Oppauer Mannschaft nicht möglich. Aber es gibt verschiedene Möglichkeiten. Die wären? Wir könnten mit einer gemischten Mannschaft aus der Pfalz antreten und nächstes Jahr mit einer eigenen Mannschaft ins Rennen gehen. Es gibt auch Überlegungen, eine gemischte Mannschaft aus Mannheim und Ludwigshafen unter dem Namen Team Rhein-Neckar zu bilden. Aktuell haben wir eine Kooperation mit der TG Saar und Trainingskooperation mit Neckarau. Es gibt auch Pläne mit dem Pfälzer Turnerbund, eine pfälzische Mannschaft zu stellen. Generell sind wir sehr offen für alle Optionen. Wie lange braucht es, bis Sie einen Turner so weit haben, dass er von der Qualität her so weit ist, dass er in der Liga turnen könnte? Zehn Jahre, wenn sie konsequent dabei bleiben. Natürlich hängt auch einiges davon ab, ob sie verletzungsfrei bleiben oder wie das Wachstum verläuft. Aber mit etwa 15 Jahren würden sie reif sein für die Nachwuchs-Bundesliga. Sie legen Wert darauf, dass sich die jungen Nachwuchsturner kontinuierlich, ohne Druck entwickeln und das ein Zusammenhalt in der Mannschaft herrscht. Welche Liga wäre für alle Turner die ideale Klasse? Für die leistungsorientierte Entwicklung ist die Nachwuchs-Bundesliga ideal. Dort können sich die jungen Turner auf hohem Niveau gut messen. Sie dürfen zwischen zwölf und 16 Jahren in dieser Liga starten. Man muss dort nach Code de Pointage turnen. Das ist nicht einfach, aber die Jungs lernen, mit Niederlagen umzugehen. Umgekehrt sind sie stolz, wenn sie ein Gerät gewinnen. Diese Erfahrungen haben sie in der Nachwuchs-Bundesliga gelernt und deshalb treten sie derzeit auch so souverän in der Landesliga der Erwachsenen auf. Es läuft aktuell wunderbar beim TB Oppau. Befürchten Sie nicht, dass die besten Turner abgeworben werden? Das glaube ich nicht. Die Jungs identifizieren sich total mit unserem Konzept und Verein. Joshua Kärcher turnt jetzt schon für die TG Saar II in der Dritten Bundesliga. Er sammelt dort seine Erfahrungen. Er würde sehr gerne wieder für uns turnen. Ich muss betonen, dass nicht das Finanzielle im Vordergrund steht. Ist genau das ein Vorteil? Wenn wenig Geld im Raum steht, dann werden doch viel mehr andere Werte, unter anderem der Zusammenhalt oder der Teamgedanke, gefördert. Bleiben wir beim Geld: Wir sind da einigen Leistungszentren voraus. Wir machen das alle ehrenamtlich. In anderen Stützpunkten werden Gelder für die hauptamtlichen Trainer gestrichen, werden Zuschüsse gekürzt. Dieser Schnitt wurde in der Pfalz vor einigen Jahren gemacht. Wir mussten diesen Weg gehen, aber es hat uns geholfen, nun verstärkt auf unsere Philosophie zu setzen. Wir sind diesen Verbänden drei bis vier Jahre voraus, was die Arbeit mit wenig Geld angeht. Sie sind seit vielen Jahren Trainer in Oppau. Wie schaffen Sie es, Kinder und Jugendliche für eine Sportart, die viel Kraft, Disziplin, Selbstdisziplin braucht, bei Laune zu halten. Mittlerweile gibt es ja ein Überangebot an Unterhaltung, an Sportangeboten für Kinder, die wesentlich einfacher und angenehmer sind. Wichtig ist, dass die Eltern hinter diesem Sport stehen. Die Kleinen müssen zwei- bis viermal in der Woche trainieren. Wenn sie älter werden, kann das bis sechsmal Training pro Woche bedeuten. Wir gehen mit unserem Trainerteam individuell auf die Turner ein. Wir wertschätzen ihre Leistung, gehen auf sie ein und versuchen, sie immer wieder zu motivieren. Auch das private Umfeld gehört dazu. Wir reden mal mit dem ein oder anderen Jungen. Das gehört zur Trainerarbeit dazu. Die gemeinsame Arbeit ist ebenso wichtig. Wir gehen gemeinsam kegeln oder fahren jetzt nach Bochum zum Nachwuchs-Bundesliga-Duell. Vorher gehen wird dort ins Musical. Das war bislang unser Erfolgsrezept. Das geht aber nur in Zusammenarbeit mit den Eltern. Ist die heutige Turnergeneration eine andere als die vor 30 bis 40 Jahren? Ja, weil die vielen Medien Konkurrenz sind. Wir haben aber gelernt, diese Medien gezielt zu nutzen. Wir schauen uns dann mal in der Trainingshalle einen Wettkampf oder die Bewegungsstrukturen eines Top-Turners an.

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