Menschen aus der Stadt Wie Ismail Güneysu sich seinen Traum verwirklichte

Ein echter Ludwigshafener und ein Kämpfer: Ismail Güneysu.
Ein echter Ludwigshafener und ein Kämpfer: Ismail Güneysu.

Mit zwölf Jahren war Ismail Güneysu am Boden. Mittlerweile ist der 21-Jährige ein erfolgreicher Unternehmer. Mit seiner Firma Coach Connect möchte er Schülern zu Erfolgen in der Schule verhelfen. Er versteht sich dabei aber nicht als klassischer Nachhilfelehrer und bezieht auch die Eltern der Kinder mit ein.

Seine Geschichte liest sich wie eine klassische „Vom Tellerwäscher zum Millionär“-Story. Er hat Tonnen von Mineralwasser und Bier die Treppen hochgeschleppt, arbeitete als Pizzabote, alles mit einem Ziel: sich seinen Traum von Coach Connect zu erfüllen. „Der Aufbau des Unternehmens hat Geld gekostet und das hatte ich nicht. Also habe ich mir viele verschiedene Jobs gesucht.“ 2018 hat er am Edigheimer Wilhelm-von-Humboldt-Gymnasium sein Abitur gemacht. „Ich hatte schon als kleiner Junge ein Ziel: Ich wollte Diensthundeführer bei der Polizei werden. Und dafür brauchte man das Abitur“, erzählt er. Prompt bekam er auch die Zusage für die Polizei. „Allerdings habe ich mich dagegen entschieden, da ich zu diesem Zeitpunkt bereits 60 Familien mit Coach Connect betreut habe und sie dann im Stich gelassen hätte. Das wollte ich nicht“, sagt er.

Mit elf Geschwistern aufgewachsen

Dass er heute dort steht, wo er steht, damit hatte der 21-Jährige wohl selbst nicht gerechnet. „Ich bin ehrlich. Ich wollte mit zwölf mein Leben in die Tonne werfen“, erzählt er. Der Ludwigshafener wuchs mit elf Geschwistern in schwierigen Verhältnissen in der Gartenstadt auf, kam mit zwei Jahren ins Kinderheim. Von dort aus ging es in eine Pflegefamilie und mit zehn Jahren wieder ins Heim. „Ich bin christlich erzogen worden, doch da habe ich an Gott gezweifelt.“ Immer wieder war er am Boden zerstört und wurde enttäuscht.

Mit 13 entschied er, sich selbst zu helfen, und nahm sein Leben in die Hand. Konsequent. „Ich wollte raus aus dem Heim, in eine eigene Wohnung. Dafür habe ich gekämpft“, berichtet er. Man warf ihm vor, dass er nicht mit Geld umgehen könne, dass er weder waschen noch kochen könne. „All das habe ich gelernt und meinen Erzieher gebeten, mir nur noch alle drei Monate mein Taschengeld zu geben, damit ich den Umgang damit lerne.“ „Fähigkeiten erschaffen Möglichkeiten“ – diesen Spruch hat Güneysu seinerzeit kreiert und er ist auch das Motto von Coach Connect.

Sport als Schutzblase

Zeitgleich begann er mit dem Kanu-Sport. „Eigentlich wollte ich Kampfsport machen, weil ich so dermaßen viel Wut in mir hatte, doch beim Kanu bin ich hängengeblieben.“ Das sei zu seiner Schutzblase geworden. „Auf dem Wasser – das war Frieden pur. Da war ich weit weg von allem, umgeben nur von Wasser.“ Sechs, sieben Mal pro Woche trainierte er hart, landete bei deutschen Meisterschaften auf vorderen Rängen. Als es in die Oberstufe ging, das Abitur näher rückte, musste Güneysu das Training zurückfahren. „Ich wurde angesprochen, ob ich mir nicht vorstellen könne, die Jugend des Vereins zu übernehmen.“ Er sagte zu. Quasi zeitgleich ging ein langgehegter Wunsch in Erfüllung: die erste eigene Wohnung. „Das war eine spannende Zeit“, sagt er rückblickend.

Güneysu ist ein sympathischer Kerl, intelligent, wortgewandt, vor allem aber ist er eines: ein Stehauf-Männchen, das weiß, was es will. Aus dem kleinen Pflänzchen Coach Connect hat er mittlerweile eine ziemlich große Pflanze gezüchtet. Alles begann als One-Man-Show, inzwischen hat er ein dreiköpfiges Bildungsberater-Team, das ihn bei seiner Arbeit unterstützt. „Alleine könnte ich das gar nicht mehr alles schaffen.“ Noch vor zwei Jahren coachte Güneysu jede Familie eins zu eins. Doch das überstieg irgendwann seine Kapazitäten und der 21-Jährige überlegte, wie er am besten allen gerecht werden könnte.

Mit Unternehmen digital unterwegs

„Schon 2019, noch lange vor Corona, haben wir alles auf digital umgestellt.“ Schritt für Schritt hat er eine Online-Academy aufgebaut, die Familien helfen soll, den häufig von Konflikten geprägten Schulalltag zu meistern. Mit zusätzlichen Live-Fragerunden hält er den persönlichen Kontakt. Die Methoden von Coach Connect fußen auf drei Prinzipien: Pädagogik, Organisation und Lernstrategie. „Häufig ist es nämlich nicht der Lernstoff, sondern es sind vielmehr Aspekte wie Angst, fehlendes Selbstbewusstsein, mangelnde Konzentration, die Schüler daran hindern, gute Noten zu schreiben“, erklärt der Ludwigshafener, der schon in der Oberstufe als Nachhilfelehrer einstieg. Bereits damals habe er bei seinen Schülern festgestellt, dass es häufig gar nicht am Schulstoff lag, der nicht verstanden wurde.

„Ich habe frühzeitig die Eltern miteinbezogen, die anfangs etwas verwundert waren, warum ich mit ihnen Gespräche führte.“ Ein, zwei, drei, dann später fünf, sechs Schüler. Güneysu war beliebt, die Nachfrage explodierte. Die Idee von Coach Connect war geboren. „Ich hatte ja früher selbst die Probleme und habe für mich Strategien entwickelt, die ich weitergeben wollte.“ Er selbst war das Paradebeispiel dafür, dass seine Methoden von Erfolg gekrönt sind. „Viele Eltern geben ihre Kinder auf, doch es gibt keine hoffnungslosen Kinder“, betont der Selfmade-Man.

Irgendwann einmal vor Tausenden von Zuschauern als „Speaker“ zu stehen, das wäre sein ganz persönlicher Traum. Und ein Buch schreiben, „denn damit machst du dich unsterblich. Schreiben ist wie eine Reise.“ Die 21 Jahre seines Lebens würden schon jetzt ein ganzes Buch füllen.

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