Ludwigshafen Steinruck: Den Lebenden die Augen öffnen

Bei der Kranzniederlegung: OB Jutta Steinruck.
Bei der Kranzniederlegung: OB Jutta Steinruck.

Der 27. Januar sei kein Feiertag, sondern „ein Denk-Tag“, betonte Oberbürgermeisterin Jutta Steinruck (SPD) am Samstag im Innenhof der Maxschule in der Innenstadt. Zum 73. Jahrestag der Befreiung des Vernichtungslagers Auschwitz gedachte die 55-Jährige mit rund 150 Gästen den Opfern des Nationalsozialismus.

Dort, wo am 22. Oktober 1940 die letzten 183 Ludwigshafener Juden zusammengetrieben wurden, um sie ins Arbeitslager nach Gurs zu deportieren, legte die Oberbürgermeisterin vor der Gedenktafel ihren Kranz nieder. Von hier wurden sie zum Bahnhof geführt – vorbei an einer feixenden Menge, die die Opfer auf dem Weg auch noch bespuckten, beleidigten, erniedrigten. „Erinnern tut weh. Es löst Entsetzen aus und regt zum Nachdenken an. Die beste Versicherung gegen Völkerhass, Faschismus und Nationalsozialismus ist und bleibt die Erinnerung“, sagte Steinruck bei der von Bundespräsident Roman Herzog 1996 angeregten Gedenkveranstaltung vor der tristen Kulisse im Schulinnenhof. Die Schüler der Mundenheimer Karolina-Burger-Realschule – Träger des Abraham-Pokals, Vater des Glaubens – schafften mit ihrem Textbeitrag die bedrückende Stimmung, die die Männer und Frauen, aber auch die Kinder und Jugendlichen damals empfunden haben müssen. Vor über 70 Jahren waren sie an gleicher Stelle aus ihrem Wohnumfeld getrieben worden, warteten auf den Abtransport. Juden, Sinti und Roma, Andersdenkende und Regimegegner. Als Grundmotiv hatten die Schüler dafür das Lied „Die Moorsoldaten“ gewählt, dass sie in Bruchstücken zitierten, unterbrochen von der Aufzählung eines Teils von 1000 Konzentrations- und sieben Vernichtungslagern der Nazis. „Auf und nieder gehen die Posten. Keiner, keiner kann hindurch. Flucht wird nur das Leben kosten! Vierfach ist umzäunt die Burg“, hatten die Lagerinnsassen des KZ Börgermoor im Emsland 1933 gedichtet. Nicht nur auf diese Textzeilen berief sich Steinruck an die Schüler gewandt: „Es geht heute nicht nur um unsere Geschichte, sondern auch um unsere Gegenwart und Zukunft. Ihr seid unsere Zukunft. Es ist wichtig, dass wir uns alle dieses dunklen Kapitels der deutschen Geschichte bewusst sind.“ Schließlich seien es die Toten, die den Lebenden die Augen öffnen müssten. „Nachdenken über die Vergangenheit schafft Orientierung für die Zukunft“, unterstrich Steinruck.

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