Ludwigshafen Spieler mit dem Regenschirm attackiert

LUDWIGSHAFEN. Die großen Schlagzeilen schreiben andere Klubs. Dennoch haben die beiden Maudacher Fußball-Vereine bei der Ludwigshafener Stadtmeisterschaft Akzente gesetzt. Das mittlerweile entspannte Verhältnis ist nicht immer so gut gewesen. Da schlugen sogar Fans mit dem Regenschirm den Spielern auf den Kopf.

Die beiden so unterschiedlichen Klubs sind gut mit den Hamburger Rivalen HSV und FC St. Pauli zu vergleichen. Hier der SC Alemannia, der erfolgreichere Traditionsverein, der – wie der HSV – sportlich schon bessere Zeiten gesehen hat. Da der SV, der kleine Kultverein, der – wie St. Pauli – immer im Schatten des Lokalrivalen stand. Und es gibt noch einen gravierenden Unterschied. Während der Sportplatz der Alemannen nahe einem Gewerbegebiet gelegen ist, liegt der SV-Platz, den eine besondere Atmosphäre auszeichnet, idyllisch am Eingang zum Naherholungsgebiet Maudacher Bruch. 320 Zuschauer beim Derby 2009 belegen den großen Reiz des Duells. Bei den Hallenfußball-Stadtmeisterschaften in der Friedrich-Ebert-Halle gehört die Alemannia sozusagen zu den Stammteilnehmern. Die Gelb-Schwarzen fehlten in jetzt 34 Jahren nur dreimal, standen 1984, 1996 und 2001 im Endspiel, verloren aber immer. Der SVM ist morgen zum 14. Mal dabei und siegte 1983 sogar sensationell. Nur 2011 gab es eine Stadtmeisterschaft ohne Maudacher Beteiligung. Oft genug traten die Rivalen gemeinsam an und trafen auch schon mehrfach aufeinander. „Ich erinnere mich noch gut daran, dass die beiden das Turnier eröffnet haben und Maudach wie ausgestorben war“, sagt Sportdezernent Wolfgang van Vliet gerne, wenn er auf Besonderheiten des Masters angesprochen wird. Das war 2009, als der SV 3:1 triumphierte. Am spannendsten war es 1988, als Klaus Mohr die Alemannia in Führung brachte, Klaus Werdan ausglich und Michael Kern das späte Siegtor für den SCA markierte. Namen, die im Maudacher Fußball einen guten Klang haben. Das war noch zu einer Zeit, als die Rivalität riesig war. Alemannia gegen SV, der Große gegen den Kleinen – das Maudacher Duell war kein Spiel wie jedes andere. Das war eine Glaubensfrage und Einstellungssache. „Früher waren die Zugehörigkeit zur katholischen oder evangelischen Kirche sowie die politische Gesinnung ausschlaggebend für die Vereinswahl“, berichtet SV-Vorsitzender Mathias Röhm (48). Demnach sind die Alemannen die „Schwarzen“ und die vom SV die „Roten“. Wer Alemanne war, hatte mit dem SV nichts am Hut und umgekehrt. Viele ältere Maudacher verachteten den jeweils anderen Verein. Legendär ist eine Geschichte aus den späten 1960er-Jahren, als eine Alemannia-Anhängerin, wütend wegen einer Spielverzögerung des führenden SV, dessen Kapitän Sam Foos mit einem Regenschirm auf den Kopf schlug. Heute hat sich das Bild total gewandelt. Bestes Beispiel ist Kemal Dilmac (42). Der SV-Trainer ist gleichzeitig Jugendtrainer beim SCA, wo Sohn Deniz bei den F-Junioren spielt. „Einen Konkurrenzkampf in der früheren Form gibt es nicht mehr. Die Alemannia ist dem SV strukturell weit voraus“, sagt Dilmac. Der Klub vom Bruch hat 100 Mitglieder und nur eine Erste Mannschaft. Die Alemannia hingegen prosperiert. „Wir haben 520 Mitglieder, eine erste und zweite Garnitur sowie neun Jugendteams. Alle Altersklassen sind besetzt“, verdeutlicht Alemannia-Vorsitzender Edmund Splitt stolz. Der 62-Jährige hat als Junge beim SV gespielt und „musste“ dann notgedrungen zum SCA, weil der SV keine C-Jugend hatte. „Heute ist das Verhältnis zwischen den Vereinen nicht mehr so verbissen, regelrecht entspannt“, erklärt Röhm. „Es hat sich zum Positiven gewandelt, ist fast schon zu friedlich“, sagt Splitt und lacht. Die beiden Vereinschefs nehmen sogar ein Wort in den Mund, das früher auf dem Index stand, ja sogar mit Ächtung geahndet worden wäre: Fusion. „Ich würde es begrüßen“, betont Splitt jedenfalls. „Wir könnten die Kräfte bündeln. Das wäre gut für den Stadtteil“, ergänzt Röhm. Die Zeit dafür ist günstig und könnte zudem reif sein.

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