Ludwigshafen Spannende Klangfarben

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Mit einigen seiner vielen Ensembles war Nils Wogram bereits bei der IG Jazz in der Mannheimer Klapsmühl’ zu Gast. Diesmal kam der Kölner Posaunist in Begleitung seines Quartetts Root 70. Alte Tradition und neue Klangideale werden hier auf faszinierende Weise gemischt.

15 Jahre bereits ist das Quartett zusammen, sechs CDs hat man eingespielt. „Wise Man Can Be Wrong“ heißt das neueste Werk. Beim Konzert waren einige Kompositionen daraus zu hören, wie auch neue Stücke, die man am Tourende fürs nächste Album aufnehmen will. Lieblingsstücke aus dem Standard-Repertoire haben die Musiker für das aktuelle Album ausgewählt und neu arrangiert. Bassist Matt Penman wählte „Nothing like you“, ein weniger bekanntes Stück von Miles Davis. In verwinkelte Bebop-Läufe führten die Chorusse des Quartetts. Die vier Musiker von Root 70 verstehen es fabelhaft, alten Geist mit neuen Klangvorstellungen zu kombinieren, die Seele des Bebop ins Heute zu überführen. Der neue Sound ist entscheidend dem Altsaxophonisten Hayden Chisholm zu verdanken. Der aus Neuseeland stammende Musiker lässt die Töne ganz wundersam blühen, aus der Stille heraus samtig glühen und beseelt singen. Wenn man mit solch feiner Tongebung den Bebop spielt, gewinnt dies eine ganz eigene Qualität. Eine weich geschwungene, lyrische Virtuosität ist dies, die ebenso Markenzeichen ist für Nils Wograms Spiel. In eng verwobener Kontrapunktik ergingen sich die Läufe der beiden Bläser, umschlangen sich in den hohen Lagen zu unerhörten Klängen. Freilich hatte Wogram auch immer mal Dämpfer bei der Hand, die auf die Schalltrichter gesteckt, spannende Klangfarben eröffneten. Das passiert mal im Retrogeist, mal im neutönerischen Bereich. Oder beides vereint. Den Spagat zwischen Traditionsbewusstsein und Avantgarde erfüllte das Quartett mit viel Fantasie. Die filigran pulsierenden Rhythmen von Schlagzeuger Jochen Rückert und die sonor brodelnden Basstöne von Matt Penman bildeten eine feine Grundlage für die lyrisch dahinjagenden Bläserstimmen. Alle vier Musiker vermögen es, perfekt aufeinander zu reagieren, ihre Musik bewegt sich in virtuosem Wechsel von Lyrischem, Bluesigem und treibendem New-Bop. Angeregte Diskurse und engmaschig ineinander verzahnte Linien vereinten die vier mit technischer Bravour und abgebrühter Spiellust. Ausgesprochen schmiegsam ertönten die zweistimmigen Geflechte der beiden Bläser, wurden in sanften Reibungen und Schwebungen der Töne erlesene Klangfarben entwickelt. Dabei wurde immer sehr genau aufeinander gehört, ergaben sich spontan getüftelte Verschränkungen. Dabei entstanden immer wieder diffizile Entwicklungen über den komplexen, ungeraden Rhythmen. Viel Bewegung war im Spiel, in den melodiös tanzenden Soli genauso wie in den rhythmischen Begleitfiguren. Schräge Klänge waren ebenfalls keine Seltenheit, wo vier solcherart erfindungsreiche Freigeister zusammentrafen.

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