TV-Kritik So war der neue „Tatort: Gold“ aus Ludwigshafen

Die Lasten sind bei der archäologischen Exkursion von Albert Dürr (Heino Ferch) und seinem Assistentin Emil (Philipp Jacob) etwa
Die Lasten sind bei der archäologischen Exkursion von Albert Dürr (Heino Ferch) und seinem Assistentin Emil (Philipp Jacob) etwas ungleich verteilt.

„Nach Golde drängt, am Golde hängt doch alles!“ Das wusste schon Goethes Gretchen, aber der neueste Ludwigshafener „Tatort: Gold“ führte es noch einmal deutlich vor Augen. Er hätte auch „Rheingold“ heißen können, wie Fatih Akins jüngster Film, denn darum ging es.

„Rheingold“ heißt denn auch sein erstes Kapitel, gefolgt von „Die Walküre“, „Siegfried“ und „Götterdämmerung“, wie Richard Wagners Opern im monumentalen „Ring des Nibelungen“. Auf ihn wie auf die zugrundeliegende Sage wird im „Tatort“ immer wieder Bezug genommen: vom Soundtrack der Hamburger Film- und Fernsehkomponisten Robert Schulte-Hemming und Jens Langbein, der mit Zeilen aus Brünnhildes Schlussgesang eröffnet und den „Walkürenritt“ in ein Heavy-Metal-Gewand kleidet, über den viel beschworenen Fluch, der angeblich auf dem Nibelungenschatz liegt, bis hin zum Spürhund Freya und der Katze Sieglinde.

Im Hallenbad taucht die Ludwigshafener Kommissarin Lena Odenthal (Ulrike Folkerts) nach einem Ring und birgt ihn erfolgreich. Sie scheint auch gefeit vor der verführerischen Kraft des Goldes, der ihre jüngere Kollegin Johanna Stern (Lisa Bitter) schon weniger Widerstand entgegenzubringen vermag. Noch weniger freilich der Wormser Museumsdirektor Dr. Albert Dürr, der zwar von Heino Ferch gewohnt einnehmend gespielt wird, der jedoch als ein „Jäger des verlorenen Schatzes“ daherkommt wie ein Archäologe aus dem vorvorigen Jahrhundert. Betreut, im Übrigen, mit einem Museum, in dem es offensichtlich kaum etwas zu sehen gibt.

Zwei Leichen

Gedreht wurde zwar in Teilen im Wormser Museum im Andreasstift, aber, das muss man zu dessen Ehrenrettung hinzufügen, nicht im Nibelungenmuseum. Der weithin kahle Ausstellungssaal, in dem wir dem altertümlichen Direktor mehrmals begegnen, wurde von einer SWR-Szenenbildnerin in einem Kloster bei Baden-Baden eingerichtet.

Nach dem Golde drängen ebenso der Schatzsucher und Leiter einer Ludwigshafener Bankfiliale, der eine Vorliebe für das Rittertum hegt, sowie eine Französin, die in Baden-Baden einen Kunst- und Antiquitätenhandel betreibt. Er stirbt bereits im Vorspann, während sie nach 20 Minuten kaltblütig für die zweite Leiche sorgt.

Leichte Krimikomödie

Die erste halbe Stunde gestaltet sich etwas schwierig, weil man nicht weiß, woran man mit dieser abenteuerlichen Goldgräbergeschichte und den zum Teil sonderbaren Gestalten eigentlich ist. Mit dem singenden Hotelier, verkörpert vom gebürtigen Wormser André Eisermann, der mit ausgestelltem Spiel und ausgeprägtem Dialekt durchaus auch in den improvisierten Mundart-„Tatort: Babbeldasch“ gepasst hätte. Oder mit dem Goldflitter, der glitzernd und klingend wiederholt um die Köpfe schwirrt und den „Tatort“ in Fantasy-Nähe rückt.

Irgendwann wird klar, es handelt sich um eine vergleichsweise leichte Krimikomödie, die mehrmals zu überraschen und sowohl lustig als auch spannend zu sein vermag. Selbst Lena Odenthal scheint den Fall nicht so ernst zu nehmen. Tatsächlich hat man sie selten so häufig schmunzeln gesehen wie in diesem „Tatort“.

Weniger Ludwigshafen als Worms und Deidesheim sind seine Schauplätze. „Weinberge und Wald, so weit das Auge reicht“, wie Kriminaltechniker Becker (Peter Espeloer) einmal bemerkt. Vom Hagendenkmal in Worms, das den unterhaltsamen Krimi eröffnet, und dem Andreasstift über den Marktplatz und die Straßen von Deidesheim, das Schloss und den „Deidesheimer Hof“, bis zu den Heidenlöchern hinter der Michaelskapelle führt diese erste Reise der anbrechenden „Tatort“-Saison.

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