Ludwigshafen „Seit 50 Jahren unfallfrei“

Versicherungbeiträge für Senioren steigen.
Versicherungbeiträge für Senioren steigen.

„Zu dirigistisch“ empfindet Manfred Schwarz (CDU) aus Oppau eine gesetzliche Verpflichtung für Senioren zum Nachweis ihrer Fahrtauglichkeit. „Nicht pauschal, sondern fallbezogen“ sollten die Versicherungen vorgehen, kritisiert der 73-Jährige schon die pauschale Erhöhung des Kfz-Versicherungsbeitrags im Alter. Ab 65 Lebensjahren steigt diese zunächst moderat, ab 70 beziehungsweise 75 Jahren bei vielen Versicherern ganz erheblich an. Laut Schwarz sollten Senioren nur dann höhergestuft werden, wenn sie auch tatsächlich einen Unfall verursacht haben. Zudem würde er weniger auf Zwang, sondern auf Belohnung setzen: „Die Versicherer sollten honorieren, wenn man seine Fahrtüchtigkeit in einem festgelegten Turnus von etwa drei bis fünf Jahren freiwillig nachweist.“ Schwarz selbst fährt seit 1963 „gern, viel und unfallfrei“. Das Auto stehen lassen würde der Stadtrat „wenn ich nicht mehr richtig sehen kann oder physische Beeinträchtigungen feststelle“. Seine Fahrtauglichkeit überlässt Schwarz aber nicht seiner Selbsteinschätzung: „Meine Angehörigen würden da schon drauf achten.“ „Bei der heutigen Verkehrsdichte kann man schon mal darüber nachdenken“, sagt Udo Scheuermann (SPD) zur Forderung nach Fahrtauglichkeitstests für Senioren. „Ich selbst fahre seit über 50 Jahren unfallfrei“, sagt der 74-jährige Oppauer. „Ich fühle mich beim Autofahren sicher, aber ich benehme mich auch“, verweist Scheuermann auf seine wenigen bislang gesammelten Strafprotokolle, die sich „an einer Hand abzählen“ ließen. „Es gibt 20- bis 25-jährige Fahrer, die auffälliger sind“, so Scheuermann. Bei 75-Jährigen hält er einen verpflichtenden Nachweis ihrer Fahrtauglichkeit für „noch zu früh“. Ab 80 mache es für ihn aber durchaus Sinn, „die physische Tauglichkeit zu testen“. Die freiwillige Führerscheinabgabe ist laut Scheuermann an die Selbsteinschätzung gebunden. Die fehle allerdings vielen. Für ihn steht diesbezüglich fest: „Wenn man’s merkt, muss man den Mut haben, den Führerschein abzugeben.“ „Es gibt 75-Jährige, die gut fahren und es gibt 50-Jährige, die schlecht fahren“, sagt Renate Morgenthaler (CDU). Eine erneute Fahrprüfung mit Fahrlehrer im Auto, wie sie mittlerweile etwa Siegfried Brockmann (60) vom Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft für 75-Jährige fordert, lehnt die 67-jährige Friesenheimerin als „Eingriff in mein Persönlichkeitsrecht“ ab. Durchaus vorstellbar wäre für Morgenthaler hingegen, für ein Gesundheitszeugnis „ab 75 einmal pro Jahr zum Internisten zu gehen und mich checken lassen“. Um über Änderungen der Straßenverkehrsordnung oder neue Verkehrsschilder informiert zu sein, könnte sich Morgenthaler auch mit einer theoretischen Prüfung für Senioren „arrangieren“. „Ich bin viel mit dem Auto unterwegs“, sagt die Stadträtin, die vor 50 Jahren ihren Führerschein gemacht hat. Ihrer Wahrnehmung nach sind es „eher die jugendlichen Fahrer“, die andere Teilnehmer im Straßenverkehr „bedrängen“ oder „gefährliche Situationen“ herbeiführten. „Im Alter kommt eine gewisse Gelassenheit hinzu“, sagt Morgenthaler. Etwa, dass man beispielsweise sein Recht auf Vorfahrt nicht mehr zwanghaft durchsetzen wolle. „So lange man noch im Stadtrat ist, wird man wohl auch noch Auto fahren können“, vermutet die 68-jährige Gabriele Albrecht (SPD). „Skeptisch“ ist die Stadträtin aus der Pfingstweide gegenüber einer gesetzlichen Verpflichtung: „Ob er noch kann oder nicht – das muss jeder selbst beurteilen können. Wenn ich merke, dass ich schlecht sehe, gehe ich ja auch zum Arzt.“ Allerdings ist Albrecht „dafür, dass das Umfeld, etwa Ärzte und Verwandte“ Senioren Hinweise auf Veränderungen ihrer Fahrtüchtigkeit geben. So ist Albrecht auch „nicht grundsätzlich gegen einen Fahreignungstest“ im Sinne eines ärztlichen Gesundheitschecks. „Die 75-Jährigen von heute sind nicht mehr die 75-Jährigen von vor 20 Jahren“, wird das Alter auch für Ernst Merkel (CDU) immer relativer. Der 69-jährige ehemalige CDU-Kreisverbandsvorsitzende betont, dass durch „bessere Ernährung und Veränderungen in der Arbeitswelt“ nicht nur die Lebenserwartung gestiegen, sondern der Senior von heute auch fitter sei. „Ich setze auf Freiwilligkeit“, sagt der einstige Bau- und Umweltdezernent. Dies „könnte unterstützt werden“, indem etwa die Stadtverwaltung 75-jährige Bürger anschreibt und sie über Risiken informiert. Einen „verbindlichen Fahrtest“ kann sich Merkel „ab 80“ vorstellen: Das könnte „eine vergünstigte Stunde beim Fahrlehrer“ sein, nach der dem Senior eine Einschätzung gegeben wird, aber „nicht gleich der Führerschein weg ist“. „Ich halte mich körperlich fit und fahre regelmäßig“, ist für den früheren GAG-Chef seine Fahrtüchtigkeit an Sport und Bewegung gekoppelt. Merkel hat mit seiner sieben Jahre jüngeren Frau wie auch den Kindern vor zwei Jahren über altersbedingte Fahruntauglichkeit gesprochen. „Sie sind sensibilisiert“, sagt Merkel. Er habe seine Familie gebeten, ihm „Signale zu geben“.

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