Ludwigshafen Neujahrsempfang Friesenheim: SPD nimmt Henkel in Schutz – Grüne legen nach

Steht wegen einer Neujahrsrede in der Kritik: Günther Henkel.
Steht wegen einer Neujahrsrede in der Kritik: Günther Henkel.

Die SPD weist Rassismusvorwürfe der Grünen gegen den Friesenheimer Ortsvorsteher Günther Henkel (SPD) zurück. Die Anschuldigungen entbehrten jeglicher Grundlage. Der Grüne Hans-Uwe Daumann sieht dies anders.

Der Vorwurf gegen Günther Henkel ist absurd, und ein derartig öffentlicher persönlicher Angriff auf einen ehrenamtlich sehr engagierten Ortsvorsteher überrascht mich“, sagt der Ludwigshafener SPD-Chef David Guthier. Der Ortsvorsteher hatte in seiner Neujahrsrede die Bürger dazu aufgerufen, Häuser nicht an aggressive Kaufinteressenten mit Migrationshintergrund zu verkaufen. Er habe mit seinem Appell nicht generell den Verkauf von Häusern an Migranten gemeint, stellte Henkel später klar. Es gehe um Clans, die in Friesenheim Fuß fassen und vermehrt Häuser kaufen würden, um sie in Monteursunterkünfte umzuwandeln. Im Stadtteil gebe es mittlerweile über 30 illegale Unterkünfte. Und es gebe deshalb Probleme mit Lärm, Müll und Parkplätzen – wie in anderen Stadtteilen auch. „Ich habe gesagt: Leute, schaut hin, an wen ihr verkauft“, erläuterte er im Nachgang.

„Unglückliche Formulierung“

„Seine Formulierung auf dem Neujahrsempfang war unglücklich gewählt. Das habe ich mit ihm auch besprochen. Allerdings weisen wir deutlich darauf hin, dass Henkel dies unmittelbar bei der Veranstaltung korrigiert hat“, sagt SPD-Chef Guthier. Zu diesem Zeitpunkt sei Grünen-Stadtratsfraktionschef Daumann aber nicht mehr anwesend gewesen. Daraus, ohne das direkte Gespräch mit Henkel gesucht zu haben, einen Rassismusvorwurf öffentlich zu machen, entbehre jeder Grundlage.

„Anstatt medial zu skandalisieren, wäre es besser gewesen, die Grünen hätten sich direkt mit Günther Henkel ausgetauscht – insbesondere auch zur schwierigen Sachproblematik“, meint auch der SPD- Bundestagsabgeordnete Christian Schreider, der stellvertretender Ortsvorsteher in Friesenheim ist. „Henkel wollte für einen Missstand sensibilisieren, der viele Bürger bewegt – denn überbelegte Monteursunterkünfte schaffen menschenunwürdige Zustände. Damit sprach er nicht nur vielen Friesenheimern aus der Seele. Damit sollten sich die Grünen beschäftigten“, sagt Schreider. „Klar ist: Ich kenne Günther Henkel seit Langem als weltoffenen Menschen, dem Diskriminierung schon aus familiären Gründen mehr als fern ist“, stellt Schreider klar und spielt damit darauf an, dass Henkel mit einer Migrantin verheiratet ist.

Vorwürfe bekräftigt

Der Grüne Daumann meldete sich am Wochenende erneut zur Wort: „Die von mir geäußerten Vorwürfe anlässlich des Friesenheimer Neujahrsempfangs muss ich nicht zurücknehmen.“ Er erfahre von vielen Seiten Unterstützung. Henkel habe er nicht als Rassisten bezeichnet. Der vom Ortsvorsteher im Nachgang zu seiner Rede erhobene Vorwurf der Clankriminalität in Friesenheim sei aber zumindest gedankenlos. Daumann hinterfragt, ob Henkel Belege für Clankriminalität habe und wie Immobilienverkäufer in Friesenheim wissen könnten, ob der Käufer zu einem kriminellen Clan gehört. Letztlich nehme Henkel mit seiner Warnung Diskriminierung in Kauf, meint Daumann. Selbstverständlich sollten Probleme benannt werden können – aber auf das „Wie“ komme es an.

Daumann bekräftigt seine Kritik an Eulen-Präsident Michael Stein, der in seiner Neujahrsrede die Berliner Silvesterkrawalle thematisierte und die Abschiebung von kriminellen Ausländern forderte. Für den Grünen waren diese Äußerungen „rassistische Entgleisungen“. Stein hatte die Kritik zurückgewiesen, er sei kein Rassist. Daumann wirft dem Fasnachter nun vor, „dass er öfter Formulierungen aus dem rechtspopulistischen Rhetorikbaukasten benutzt, gerne auch dumpfe Politikerschelte betreibt.“ Die jetzt erfolgte pauschale Herabsetzung von bestimmten Bevölkerungsgruppen sei rassistisch gewesen. Er sei bereit, Henkel und Stein seine Kritik persönlich zu erläutern, so Daumann.

„Migranten willkommen“

Die generelle Kritik der Grünen an der Ausgestaltung der Neujahrsempfänge, es würden zu wenige Migranten miteinbezogen, teilt die SPD nicht. Parteichef Guthier: „Ich hatte dieses Jahr und vor der Pandemie über viele Jahre hinweg in zahlreichen Stadtteilen die Möglichkeit, die Neujahrsempfänge der Ortsvorsteher, egal welcher politischen Couleur, zu besuchen. Bei allen Empfängen wird unterschiedlichen Vereinen und Organisationen aus den Bereichen Kultur, Sport und Fasnacht die Möglichkeit gegeben, sich zu präsentieren. Migrantinnen und Migranten sind selbstverständlicher Teil dieses Vereinslebens, bringen sich vielfach dort ein und sind so auch bei den Empfängen dabei.“ Alle Ortsvorsteher seien gegenüber Initiativen und Vereinen sehr offen, die sich in diesem Rahmen neu einbringen wollten und auf sie entsprechend zugehen. Die Kritik der Grünen an der Ausgestaltung sei daher nicht nachvollziehbar. „Migranten möchten als gleichberechtigte Bürger behandelt werden – Extra-Einladungen wären das Gegenteil dessen“, meint Guthier.

Die grüne Stadtratsfraktion sieht hingegen generell das Gebot des sozialen Zusammenhalts nicht nur in Friesenheim verletzt: „Ludwigshafenerinnen und Ludwigshafener mit Migrationshintergrund stellen beinahe die Hälfte der Bevölkerung. Bei manchen Neujahrsempfängen kann man aber die Vertreterinnen und Vertreter migrantischer Gruppen an einer Hand abzählen,“ sagt Ibrahim Yetkin, der grünes Stadtratsmitglied und stellvertretender Vorsitzender des Beirats für Migration und Integration ist. „Es mangelt nicht an Menschen mit Migrationshintergrund, die sich in ihrer Stadt engagieren und einbringen. Woran es mangelt, sind Teilhabechancen. Leider werden Vereine, kulturelle und religiöse Organisationen aus dem migrantischen Bereich selten zu den Neujahrsempfängen eingeladen, geschweige denn begrüßt und am Programm beteiligt“, kritisiert Yetkin.

Linke unterstützt Kritik

Unterstützung erfährt Yetkin von der Linksfraktion im Stadtrat, die seine Kritik an der Konzeption und Realisation der Neujahrsempfänge durch die Ortsvorsteher teilt. „Statt das Format zu nutzen und die gesellschaftlichen Strukturen, kulturell bedingter Parallelgesellschaften, aufzubrechen, hängen viele Ortsvorsteher längst überholten Traditionen nach mit dem Versuch das eigene Partei-Milieu ins rechte Licht zu setzen“, meint Linke-Sprecher Bernhard Wadle-Rohe. Ein sichtbares Bekenntnis zu kultureller Diversität, Inklusion und Transsexualität, bleibe bei den Empfängen unsichtbar und finde sich weder auf der Bühne noch im Zuschauerraum. Selbst beim Neujahrsempfang im Hemshof habe der einzige Ortsvorsteher mit Migrationshintergrund, Osman Gürsoy (SPD) wenig Mut gezeigt, neue Wege zu gehen und alle Menschen und Initiativen einzubinden, die seinen Stadtteil prägten und ein Gesicht geben würden, findet Wadle-Rohe.

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