Ludwigshafen Mit dem Fahrrad vom Barock zur Romantik

Ein Orgelkonzert genießen und dann mit dem Auto heimfahren? Nichts da! Dekanatskantor Georg Treuheit dachte auch an die Gesundheit seines Publikums und lud zu Orgel und Bike. In der Kirche St. Michael in Maudach spielte er den ersten Teil seines Konzerts, dann ging es gemeinsam mit dem Fahrrad nach Rheingönheim, wo die nächste Orgel wartete.

Eine vortreffliche Idee war das allemal, der Gesundheit ebenso förderlich wie der Perspektive des gemeindeverbindenden Gedankens. Ein Beisammensein bei Sekt und Brezel stärkte die Gemeinde der Hörer nach den Konzerten. In Speyer gibt es schon solche Konzert-Konzepte, für Ludwigshafen sind sie neu und wurden sehr gut angenommen. Los ging es in der Pfarrkirche St. Michael in Maudach, wo eine historische Orgel aus dem 18. Jahrhundert ein barockes Programm nahelegte. Kernig knackige Register aktivierte der Organist zu Beginn bei dem schwungvoll vital musizierten Praeludium E-Dur von Vincent Lübeck, spielerisch lebendig wurden die lichten Zwischenspiele in der Fuge gestaltet. Die Schönheit der Soloregister kam auch Bach sehr zugute, dem langsamen Satz aus der Triosonate c-moll, wobei er beredt die drei Stimmen auf den zwei Manualen und dem Pedal einen stillen Trialog ausführen ließ. Große Tiefe und meditativen Charakter gab Treuheit danach Buxtehudes Choralvorspiel „Eine feste Burg ist unser Gott“, bevor er mit dem Magnificat im ersten Ton des gleichen Komponisten schwungvollen Elan jubilieren ließ. In der Vielgestaltigkeit dieser Komposition, in den virtuosen toccatenhaften Teilen, prachtvoll tönender Harmonik und mitreißend gestaltetem Laufwerk klang dies sehr eindrucksvoll. Ein Großteil des Publikums machte sich dann gemeinsam mit dem Fahrrad auf den Weg nach Rheingönheim, wo in der Pfarrkirche St. Josef eine Klais-Orgel mit romantisch und modern geprägtem Programm wartete. Der warme Klang des Instruments war wie gemacht für Mendelssohns Präludium d-moll, dem Treuheit ebensoviel ruhevolle Gesanglichkeit gab wie dem anschließenden Andante D-Dur. Kräftig strahlend und erhebend folgte César Francks „Grand Choeur“, dessen gedrillte Marschrhythmen und hymnische Choralmelodien ihre triumphale Wirkung nicht verfehlten. Starken Eindruck machte auch das „Te Deum“ von Jean Langlais. Große Spannungen schürte der Organist mit den kühnen harmonischen Akkordfortschreitungen, gregorianischen Wendungen und großen Anstürmen, die er zu einem prachtvoll visionären Schluss steigerte. Ein eigenes Werk spielte der Dekanatskantor ebenfalls, seine Improvisation über das Lied „Erfreue dich Himmel“. Spielerisch aufgeweckten und vergnüglichen Charakter gab er dieser Musik, schuf launige Kapriolen neben stiller Verinnerlichung, steigerte die abenteuerlichen harmonischen und spielerischen Wendungen zu einem Triumph der Lebensfreude. Louis Viernes „Carillon de Westminster“ ertönte zum Schluss. Hier ließ der Organist die repetitive Glockenmelodie der großen Londoner Kathedrale von detailliert umgebenden Ornamenten in einem großen Spannungsbogen erstehen und führte die improvisatorischen Züge zu einer grandiosen Finalwirkung.

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