Ludwigshafen Mehr als ein 1:0

Sie kennen das Phänomen der Helikoptereltern oder auch das der übertrieben ehrgeizigen Erzieher vielleicht. Genau, das ist die Spezies, die die lieben Kleinen mal nicht einfach so machen lässt, sondern sie ständig umhegt und umsorgt oder sie permanent antreibt und fordert. Klar, so möchte man natürlich nicht sein. Das Töchterchen soll stark und selbstbewusst werden. Aber alles mit Spaß und ohne Verbissenheit. Deshalb wurde sie auch bestärkt, sich in Sachen Hockey im Verein zu versuchen. Das klappt auch gut. Jetzt stand nach ein paar Monaten Training der erste Spieltag der Mädchen D an. Für mich war das zugleich eine kuriose Reise in die berufliche Vergangenheit. Denn die Kleine spielt beim Dürkheimer HC, da wir dort um die Ecke wohnen. Gearbeitet habe ich ja lange als Sportredakteur in Frankenthal. Klingelt’s? Genau: TG Frankenthal und Dürkheimer HC – das hat was von Schalke und Dortmund. In Ludwigshafen wird man da nur den Kopf schütteln, denn der hiesige TFC hat zwar eine tolle Anlage, muss aber regelmäßig seine besten Spieler an die Pfälzer Großkopferten abgeben. Das ist jetzt aber ein weites Feld, daher zurück zum Thema. Mit der lieben Kleinen bin ich dann also als Gast zum Frankenthaler Hockeyplatz gefahren. Meine liebe Frau fieberte via Handy mit, da sie arbeiten musste. Ich wollte natürlich ganz locker bleiben, der entspannte Papa also. Das klappte auch recht gut. Aber wie gesagt, es war ihr erstes Hockeyspiel. Kurioserweise läuft ein Spiel bei den Mädchen D auf vier Tore. Jede Mannschaft verteidigt also zwei Tore und darf auf zwei Tore stürmen. Meine Tochter war der linke Verteidiger. Sie machte das gut, wehrte drei Bälle cool ab. Weshalb die Frankenthalerinnen ihre Seite mieden und munter das andere Tor bestürmten und dort auch fleißig trafen. Mein Nachwuchs strahlte trotzdem: „Habe ich doch gut gemacht?“ Ja, klar – aber pass mal auf: Ihr seid eine Mannschaft, du musst auch den anderen helfen. Grübelnde Blicke kamen mir entgegen. So ganz war die Botschaft noch nicht angekommen. Zweites Spiel. Achtung, der helikopternde, ehrgeizige Papa war nun endgültig im Landeanflug: Mit Zurückhaltung klappte es nun nicht mehr, ich wollte meiner Charlotte öfter auf die Sprünge helfen, ertappte mich also bei so manchem Zwischenruf. Meinem Wunsch „Dribbel doch mal vor, wenn du den Ball hast“ folgte die liebe Tochter. Es war ein schöner Antritt, sauberer Schuss. Aber eine Frankenthalerin wehrte die Kugel auf der Linie ab. Meiner Kleinen war das egal. Sie drehte sich stolz um und strahlte mich an: Tolles Solo, oder? Zwiespältige Gefühle beim Papa. Ja, das war toll, aber bitte setze noch nach. Wie gesagt, es ist ein schmaler Grat, den man als Elternteil zwischen der coolen Gelassenheit und dem verschmähten Helikopter-/Ehrgeizbereich zu meistern hat. Ob’s ich geschafft habe? Meine liebe Frau schmunzelte bei unseren Erzählungen und meinen Trainer-Zuckungen. Meine Tochter verteidigte mich – und erzählte noch einmal stolz, was für ein tolles Solo sie hingelegt hat. Wie heißt es so schön: Sport ist mehr als ein 1:0. Die Kolumne Fünf Redakteure berichten für die RHEINPFALZ über Ludwigshafen. Ihre Erlebnisse aus dem (Arbeits-)Alltag nehmen die Redakteure in der Kolumne „Quintessenz“ wöchentlich aufs Korn.

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